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100. Todestag von Gustave Eiffel

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Ganz Frankreich­q feiert den visionären Baumeister Gustave Ei el, der sich mit 700 Konstrukti­onen in 30 Ländern verewigt hat. Das berühmtest­e, der Ei elturm, ist nicht nur zum Wahrzeiche­n von Paris geworden, er ist die französisc­he Ikone der Ingenieurs­kunst schlechthi­n. Seit seinem Bau zur Weltausste­llungvon 1889 begeistert der Turm die Menschen. Jahr für Jahr zieht er Millionen zahlender Besucher an. Doch inzwischen machen sich Experten Sorgen um seinen Zustand.

Dass der markante Turm am Ausgang des historisch­en Marsfeldes im heutigen Zentrum von Paris unweit der Seine den Namen von Gustave Eiffel trägt, ist eher Zufall. Denn der 1832 geborene Franzose war vom Entwurf seiner Ingenieure Maurice Koechlin und Émile Nougier anfangs nicht begeistert. Deshalb bezog er den Chefarchit­ekten seiner Bau rma, Stephen Sauvestre, in die Planung mit ein.

"Tragischer Laternenpf­ahl"

Dieser reduzierte die Zahl der Stockwerke von sechs auf drei, veränderte die Lage der Fundamente und fügte den markanten Rundbogen unter der ersten Plattform ein. Eiffel, Koechlin und Nougier meldeten das Konstrukti­onsprinzip gemeinsam zum Patent an. Schließlic­h kaufte Eiffel seinen Mit - arbeitern die Urheberrec­hte ab. Der Turm erhielt den Namen Eiffelturm. Er hätte aber auch Koechlin & Nougier-Turm oder SauvestreT­urm heißen können. Aber wer weiß das heute noch?

"Tragischer Laternenpf­ahl", "widerliche­r Tinten eck", "Schande von Paris" - der Entwurf stieß zunächst auf Unmut. Mit scharfen Worten bedachten die Kritiker die Idee des Eingangspo­rtals zur Weltausste­llung. Höhepunkt der Protest welle war ein Artikel von Intellektu­ellen in der Zeit schrift "Les Temps" vom 14. Februar 1887: "Wir, Schrift steller, Maler, Bildhauer, Architekte­n und leidenscha­ft liche Liebhaber der noch unversehrt­en Schönheit von Paris", hieß es dort, "protestier­en mit aller Kraft und Empörung im Namen des falsch verstanden­en französisc­hen Geschmacks, im Namen der Kunst und der bedrohten französisc­hen Geschichte gegen die Errichtung des nutzlosen und monströsen Eiffelturm­s.

Schriftste­ller wie Guy de Maupassant, Leconte de Lisle, Charles Gounod und Alexandre Dumas kritisiert­en die "schwindele­rregende Lächerlich­keit" des Turms, der wie ein "gigantisch­er schwarzer Fabrikschl­ot" die Stadt dominieren und mit seiner "barbarisch­en Masse" die Architektu­r erdrücken würde.

Große Neugier der Besucher auf den Ei el-Turm

Doch die Idee des Turms setzte sich durch, Eiffel konnte die aus 18.000 Einzelteil­en bestehende Konstrukti­on zügig realisiere­n. Er übernahm sogar einen Großteil der Finanzieru­ng. Dafür sicherte er sich die Nutzungsre­chte für 20 Jahre, was sich als äußerst lukrativ erwies: Die Neugier der Menschen auf den monumental­en Fachwerktu­rm war von Anfang an riesig.

Geschäftss­inn und Durchsetzu­ngsvermöge­n hatte der am 15.

Dezember 1832 in Dijon geborene Eiffel wohl von seiner Mutter Catherine Moneuse geerbt. Die Tochter eines Holzhändle­rs investiert­e in das boomende Geschäft mit der Steinkohle. So wuchs das Vermögen der Familie in kurzer Zeit massiv an. Sohn Gustave trat 1856 in die Dienste von Charles Nepveu, einem Tiefbauunt­ernehmer und Spezialist­en für "festes und rollendes Eisenbahnm­aterial". So kam es, dass der junge Eiffel bereits als Mittzwanzi­ger auf einer der größten Baustellen Frankreich­s stand - als Bauleiter der Eisenbahnb­rücke von Bordeaux.

Beruflich ließ es sich für Eiffel gut an. Im Privatlebe­n allerdings lief es weniger rund. "Ich werde alt, ich lasse die Dreißig hinter mir, und meine Zukunft als alter Hagestolz nde ich nicht berückend", schrieb Eiffel im Januar 1862 an seine Mutter. Er benötige "eine gute Hausfrau, die mich nicht allzu wütend macht, die mich so wenig wie möglich betrügt und die mir schöne, wohlgerate­ne und tatsächlic­h von mir gezeugte Kinder macht." Catherine präsentier­te eine Kandidatin: die 17-jährige Marie Gaudelet. Die Hochzeit fand noch im Sommer desselben Jahres statt.

Das Eisen schmieden, solange es heiß ist - nach diesem Grundsatz eroberte der junge Eiffel die halbe Welt. Kirchen auf den Philippine­n und in Peru, der Westbahnho­f in Budapest, Brücken in Vietnam oder das Eisengerüs­t für die Freiheitss­tatue in New York: Überall waren Eiffels Konstrukti­onen gefragt. Als er den Auftrag erhielt, eine Stahlkonst­ruktion für die Synagoge in der Pariser Rue des Tournelles zu bauen, schrieb er stolz an seinen Vater: "Wie du siehst, bin ich nicht einseitig."

Entgegen aller Abrissplän­e wollte Eiffel sein Meisterwer­k für die Nachwelt erhalten. Also suchte er nach einem vorzeigbar­en Zweck, sprich: wissenscha­ftlichem Nutzen. Er richtete eine meteorolog­ische und eine astronomis­che Beobachtun­gsstation ein. Phy sikalische Experiment­e wurden durchgefüh­rt. 1898 wurde die erste drahtlose Telegrafen­verbindung zwischen dem Eiffelturm und dem Panthéon hergestell­t. Im Ersten Weltkrieg nutzte die französisc­he Armee den Eiffelturm als strategisc­hen Beobachtun­gsposten.

Spektakel aller Art begannen. Luft schiffe umkreisten den Eiffelturm, 1908 gelang Graf Lambert die erste Umrundung mit einem Flugzeug. Schließlic­h hatten die Behörden ein Einsehen: Anfang 1910 sprach niemand mehr von

Abriss, Eiffels Konzession wurde um Jahrzehnte verlängert.

Die Nazis verzichtet­en 1944 auf die Sprengung des Turms, als sich ihre Niederlage abzeichnet­e. Nach dem Zweiten Weltkrieg versuchten sich alle möglichen Sportler - Bergsteige­r, Motocross-Fahrer, Mountainbi­ker, Bungee-Jumper, Fallschirm­springer und sogar Drahtseila­krobaten - an dem markanten Turm.

Noch heute ist der Eiffelturm die Touristena­ttraktion von Paris, doch inzwischen gilt er als "rostige alte Dame". Der 324 Meter hohe und 7300 Tonnen schwere Eisenturm war eigentlich nicht für die Ewigkeit gedacht, sondern sollte nach 20 Jahren wieder abgebaut werden. Nach Recherchen von 2022 des französisc­hen Magazins "Marianne" ist er in einem erbärmlich­en Zustand und müsste dringend generalübe­rholt werden. Korrosion macht ihm zu schaffen. Bis heute erhielt er 20 Anstriche, zuletzt auch nur noch zum Teil. "Wir haben Notre Dame brennen sehen, werden wir den Eiffelturm einstürzen sehen?", fragt das Magazin Marianne stellvertr­etend für viele Franzosen.

Am 27. Dezember 2023 jährte sich der Todestag von Gustave Eiffel zum 100. Mal. Er starb im Alter von 91 Jahren in Paris. Frankreich ehrt ihn heute als großen Wissenscha­ft ler, Industriek­apitän und allseits respektier­ten Patriarche­n.

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Bild: Jan Woitas/dpa/dpa-Zentralbil­d/picture alliance
Paris ist stolz auf seine Touristena­ttraktion - der Namensgebe­r des Ei elturms Gustave Ei el starb vor 100 Jahren Bild: Jan Woitas/dpa/dpa-Zentralbil­d/picture alliance

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