Deutsche Welle (German edition)
Beate Klarsfeld: Eine Ohrfeige schreibt Geschichte
Jahrzehnte haben Beate und Serge Klarsfeld Nazi-Verbrecher gejagt. Bekannt wurden sie durch das Ohrfeigen des damaligen Bundeskanzlers Kiesinger. Eine Graphic Novel erzählt vom Kampf gegen das Vergessen.
Es ist nicht das erste Mal, dass die junge Frau mit radikalen Gedanken im Kopf unterwegs ist. Beate Klarsfeld, mit modischem Pullover, Kurzhaarschnitt und fest entschlossenem Blick, sitzt am frühen Morgen des 7. November 1968 neben einem Freund im Auto. Sie sind auf dem Weg zur Berliner Kongresshalle.
"Ich habe nur noch diesen Vormittag", denkt sie in ihrer Comic- Sprechblase. "Das ist meine letzte Gelegenheit! In wenigen Stunden wird die Sitzung des CDU-Parteitags beendet. Danach ist es zu spät..." Wenig später hat sie es geschafft: Mit einer Pressekarte kommt sie an allen Polizeikontrollen und Absperrungen vorbei und betritt erwartungsvoll den mit Delegierten vollbesetzten Saal.
Die junge Deutsche, die seit 1960 in Paris lebt, nimmt das Präsidium vorne auf dem Podium ins Visier. In der Mitte thront der deutsche Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger. "Gar nicht leicht, näher ranzukommen. Egal ich versuch's", denkt sie in der Comiczeichnung.
Klarsfeld verschafft sich - charmant die Security-Männer umgarnend - Zutritt zu dem Sicherheitsareal rund um das Prä s i di u m. Ei n en ku rz en Moment ist sie unbeobachtet, geht schnellen Schrittes die Reihen der Politiker entlang, bis sie Kiesingers Platz erreicht hat. Blitzschnell wendet sie sich dem prominenten CDU-Politiker zu, knallt ihm eine Ohrfeige ins Gesicht und schreit laut: "Nazi, Nazi!" Kameraleute und Fotografen aus aller Welt halten diesen Moment für immer fest, er wird Geschichte schreiben - nicht nur in Westdeutschland.
Die neu erschienene Graphic Novel "Beate & Serge Klarsfeld. Die Nazi-Jäger" (CarlsenVerlag) von Pascal Bresson und Sylvain Dorange erzählt in starken filmischen Bildsequenzen die ganze Geschichte - und auch die Liebesgeschichte einer Protestantin aus Deutschland mit einem französischen Juden, die damit ein sehr persönliches Kapitel deutsch-französischer Freundschaft schreiben.
Die Sicherheitsbeamten in der Berliner Kongresshalle