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Golden-Globes-Reform: Filmpreisjury soll diverser werden
Die Golden-Globes-Organisatoren haben nach den jüngsten Skandalen tiefgreifende Veränderungen angekündigt. Sie versprechen mehr Diversität und Transparenz.
Die deutliche Mehrheit der Mitglieder der Hollywood Foreign Press Association (HFPA) hat den Reformen zugestimmt. Nach Berichten des "Hollywood Reporter" und der "Los Angeles Times" wurde damit ein umfassender Änderungsvorschlag des Vorstands angenommen: Die einflussreiche JournalistenOrganisation, die für die Vergabe der Golden Globes verantwortlich ist, soll erweitert werden - und sie soll in Zukunft diverser aufgestellt sein. lywood arbeiten - über die Auszeichnungen in 25 Film- und Fernsehkategorien. Jetzt will der Verband noch in diesem Jahr mindestens 20 neue Mitglieder aufnehmen, vorrangig Afroamerikaner. Innerhalb von 18 Monaten soll die Zahl der Mitglieder dann verdoppelt werden. "Das heutige überwältigende Votum zur Reform des Verbandes bekräftigt unser Engagement für Veränderung", teilte HFPA-Präsident Ali Sar mit.
Für die ausländischen Journalisten soll es außerdem neue Richtlinien geben - etwa in Bezug auf Einladungen zu Filmevents. Die Annahme von Werbegeschenken ist künftig verboten. Zudem will die Organisation für mehr Transparenz bei der Aufnahme ihrer Mitglieder sorgen - und mit Beratern für Diversität zusammenarbeiten. Die Produktionsfirma Dick Clark, die die Golden-Globes-Zeremonie produziert, begrüßt diese Pläne ebenfalls. Dass sich die HFPA mit externen Beratern und verschiedenen Interessengruppen wie "Time’s Up" oder "Color of Change" an einen Tisch setzt, sei "ein großer Schritt in die richtige Richtung".
Die Kritik vom Februar, als nach einem Bericht der "Los Angeles Times" bekannt wurde, dass kein einziges HFPA-Mitglied schwarz ist, hallt noch immer nach. Außerdem wurde die intransparente Kommunikation über die Besetzung der Gruppierung angeprangert. Im April 2021 war dann der ehemalige Präsident Philip Berk von der HFPA ausgeschlossen worden, weil er eine E-Mail weitergeleitet hatte, in der die "Black Lives Matter"-Bewegung als "Hass-Bewegung" bezeichnet wurde.
Die Golden Globes zählen nach den Oscars zu den bedeutendsten Filmpreisen in Hollywood. In diesem Jahr waren sie am 28. Februar verliehen worden. Während der gesamten Zeremonie hatten Schauspielerinnen und Schauspieler zu mehr Vielfalt aufgerufen - am eindringlichsten Jane Fonda, die in ihrer Dankesrede für den Cecil B. DeMille Award für ihr Lebenswerk sagte: "Es gibt eine Geschichte, vor der wir Angst haben, sie zu sehen und zu hören, [...] eine Geschichte darüber, wem ein Platz am Tisch angeboten wird und wer von den Räumen ferngehalten wird, in denen Entscheidungen getroffen werden."
nf/ka (dpa/AFP/Reuters)
haben leichtes Spiel: Die zarte junge Frau wird schnell überwältigt, abgeführt und wenig später schon auf der Wache von Polizeibeamten verhört. "Ich bin Beate Klarsfeld und mit Serge Klarsfeld verheiratet", gibt sie zu Protokoll. "Und ich bin empört über die Ungerechtigkeit, dass alte Nazis in Deutschland ungestraft davon kommen."
Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger ist nicht der erste Nazi, der in der Bundesrepublik ein hohes Regierungsamt bekleidet. Adenauers KanzleramtsChef war Hans Globke, parteitreuer Verwaltungs-Jurist und Mitverfasser der berüchtigten Nürnberger Rassegesetze des NS-Regimes.
Kiesinger war hochrangiges Mitglied der NSDAP, Hitler stets treu zu Diensten und zuletzt Abteilungsleiter in der Reichsrundfunk-Abteilung. Die Alliierten entließen ihn nach der formalen Entnazifizierung als Mitläufer. Seit 1966 führt der konservative CDU-Politiker als 3. Bundeskanzler der Republik die Amtsgeschäfte in einer Großen Koalition.
Die politische Aktivistin Beate Klarsfeld hatte bereits mehrere Artikel über die Nazi-Vergangenheit von Kiesinger geschrieben - ohne Erfolg. Niemand wollte vor 1968, einem Umbruchjahr, das von Studierendenprotesten und Demonstrationen durchzogen war, etw as v on der Nazi v ergangenheit wissen.
Und auch danach hielten konservative Parteien wie die CDU oder andere rechtsgerichtete Gruppierungen an einer fatalen Schlussstrich-Mentalität fest. Die Bürger machten es sich im Wohlstand des westdeutschen Wirtschaftswunders lieber bequem. Unbequeme Wahrheiten über alte Nazis hatten in diesem neuen Gesellschaftsmodell keinen Platz.
Dem politisch sehr engagierten Ehepaar Klarsfeld aus Paris war klar, dass man gegen diese politische Apathie nicht mit Flugblättern und verbalen Attacken auf Demos ankam. "Wir hatten genug Informationen über die Nazi-Vergangenheit von Kiesinger, die wir auch veröffentlichten. Aber niemand war daran interessiert", erinnert sich Beate Klarsfeld. "Um einen Skandal aufzudecken, musste man mit einem Skandal antworten", so ihr Fazit damals.
Di e K i e s i n g e r- Oh r f e i g e brachte der damals 29-Jährigen ein Jahr Haft ein, die allerdings nie vollstreckt wurde. "Am Ende wurde ich dann zu vier Monaten auf Bewährung verurteilt", sagt Klarsfeld im DW-Interview. "Und als dann Willy Brandt 1969 an die Regierung kam, wurde die ganze Sache annulliert."
Die mutige Aktion brachte der jungen Deutschen weltweit mediale Aufmerksamkeit ein. Sie wurde Auftakt für zahlreiche Kampagnen gegen frühere Nazis in Regierungsämtern der Bundesrepublik. 1978 musste der Ministerpräsident von Baden- Württemberg, Hans Filbinger, wegen seiner NS-Vergangenheit als Marine-Richter von seinem Amt zurücktreten.
Die Form der Graphic Novel ist für eine solch komplexe Geschichte gut geeignet. Auch jüngere Leserinnen und Leser lassen sich von den Comiczeichnungen schnell in die Erzählung reinziehen: unterhaltsam, kurzweilig, wie Filmsequenzen geschnitten, auch um das Gewicht der tragischen Familiengeschichte von Serge Klarsfeld auszutarieren. "Meine Skripte sollten wie Drehbücher sein", erklärt Pascal Bresson. "Das ist Kino auf Papier."
Der Vater von Serge Klarsfeld wurde von den Nazis nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Der kleine Junge, der sich mit Mutter und beiden Schwestern vor der Pariser Gestapo versteckten konnte, überlebte nur mit knapper Not. Auch dieser historische Hintergrund wird mit einfühlsamen Zeichnungen erzählt.
Was mir am meisten gefallen hat, war ihre Beziehung: eine Deutsche und ein Jude, das ist nicht alltäglich", erzählt Autor Bresson, der bereits eine Biografie über Simone Veil geschrieben hat. "Sie haben sich zusammengetan, um die Mörder der jüdischen Opfer zu finden. Sie wollten einfach Wahrheit und Gerechtigkeit."
Die Liebesgeschichte des Ehepaars Klarsfeld gibt der Graphic Novel eine anrührende Facette. Für die vorsichtige politische Annäherungsphase zwischen Deutschland und Frankreich nach 1945 ist so eine Beziehung außergewöhnlich. Beate ist Protestantin, Serge Jude. In der Familie ihres Mannes wird sie freundlich aufgenommen. "Meine Schwiegermutter hatte in Deutschland studiert", erzählt Beate Klarsfeld im Gespräch mit der DW. "Sie liebte die Deutschen sehr und hatte überhaupt keine Vorurteile gegen mich."
Es ist die Gründungszeit des deutsch-französischen Jugendwerks, bei dem die junge Deutsche damals als Sekretärin arbeitet. Und sie schwärmt für Willy Brandt. Die Ohrfeige setzt ihrer Laufbahn 1968 ein Ende: Sie wird fristlos entlassen. Eine historische Fußnote, aber von Erfolg gekrönt. 1975 wird das Gesetz, dass die Bundesrepublik verpflichtet, Nazi-Verbrecher vor Gericht zu bringen, vom Deutschen Bundestag verabschiedet. Es ist bis heute gültig - und bekannt als "Lex Klarsfeld".
schland die Einreiseregeln nochmals verschärft. Es wurde beschlossen, dass sich alle Rückkehrer auf COVID-19 testen lassen müssen, bevor sie in den Flieger nach Deutschland steigen - unabhängig davon, ob sie aus Corona-Risikogebieten kommen oder zu welchem Zweck sie nach Deutschland reisen. Das gilt beispielsweise auch für Urlauber aus Mallorca, obwohl die Insel derzeit nicht als Risikogebiet gilt.
Veranstaltungen sind draußen mit bis zu 3000 und drinnen mit bis zu 1500 Personen erlaubt.
Mit den Öffnungsschritten soll auch die Quarantäne für Urlauber aus Deutschland fallen. Geimpfte, Getestete und von Covid-19 Genesene dürfen ins Land. Die Regierung plant, dass Menschen schon drei Wochen nach der Erstimpfung keine Tests mehr vorweisen müssen. Weil Österreich aus deutscher Sicht weiterhin Risikogebiet ist, stehen bei der Rückreise stehen ein Test und mindestens fünf Tage Quarantäne an. nun wieder ohne triftigen Grund mehr als zehn Kilometer von ihrer Wohnung entfernen - Reisen innerhalb des Landes sind so wieder möglich. Es gilt eine nächtliche Ausgangssperre ab 19.00 Uhr, die ab 19. Mai auf 21.00 Uhr verschoben werden soll. Dann sollen auch Außenbereiche von Restaurants sowie Geschäfte und Kultureinrichtungen wieder öffnen dürfen.
Bei der Einreise nach Frankreich muss ein negativer PCRTest vorgelegt werden, der nicht älter als 72 Stunden sein darf. Reisende müssen außerdem eine Erklärung ausfüllen, auf der sie etwa versichern, keine Covid-19-Symptome zu haben. Dem Innenministerium zufolge dürfen Reisende aus Europa auch ohne "zwingende Gründe" nach Frankreich einreisen.
Detaillierte Informationen zu den geltenden Maßnahmen und Einreisebedingungen bietet das französische Außenministerium.
Land befindet sich jedoch auf einem schrittweisen Lockerungskurs. Wo die CoronaZahlen moderat sind, dürfen Restaurants und Bars auch abends im Außenbereich an Tischen servieren. Ab 22.00 Uhr gilt weiter ein Ausgangsverbot.
Museen und Kinos in den sogenannten Gelben Zonen haben bereits geöffnet. Ab 1. Juni sollen die Menschen in Lokalen auch wieder drinnen sitzen dürfen. Italien peilt den 2. Juni für den offiziellen Start der Sommersaison an. Wie genau die Regelungen für Einreisende, auch für Geimpfte, im Juni aussehen werden, ist noch nicht ganz klar.
Grundsätzlich ist Urlaub in Italien möglich, aber bei der Einreise fordert das Land weiterhin eine Quarantäne von fünf Tagen. Zusätzlich gilt eine mehrfache Testpflicht - mit PCR-Test oder einem Antigen-Schnelltest vor und nach der Einreise. Diese Reglung läuft bis Mitte Mai. Dann soll ein nationaler "Grüner Impfpass" eingeführt werden, um frei innerhalb des Landes reisen zu können. negativen Corona- Test vorweisen und sich für zehn Tage in Quarantäne begeben. Wenn ein zweiter Test erneut negativ ist, endet die Quarantäne.
Ende April wurden die ersten Maßnahmen seit dem strengen Lockdown wieder gelockert - trotz anhaltend hoher CoronaZahlen. Die Ausgangssperre ist abgeschafft, Geschäfte dürfen Kunden wieder ohne Termin empfangen und Gaststätten Gäste bedienen - unter Auflagen und nur draußen von 12.00 Uhr bis 18.00 Uhr. Verboten sind weiterhin alle Veranstaltungen mit Publikum. Museen, Kinos und Theater bleiben zu.
Grundsätzlich ist für die Einreise ein negativer COVID-19 Test (PCR-, LAMP- oder Antigentest) zwingend, der bei der Einreise nicht älter als drei Tage sein darf. Diese Regelung gilt ebenso für Schottland, Wales und Nordirland.
Die Situation in Großbritannien hat sich verbessert. Das Auswärtige Amt warnt nicht mehr, sondern rät vor Reisen ins Vereinigte Königreich ab. Touristische Reisen sind aber nach wie vor bis zum 16. Mai untersagt. Ausgenommen sind Reisen mit einem triftigen Grund.
Das Britische Festland lockert die Beschränkungen mit dem Ziel, alle Einschränkungen im öffentlichen Leben bis zum 21. Juni zu beenden. Von den britischen Medien als "Happy Monday" bezeichnet, können sich die Briten seit dem 29.3. in Gruppen von bis zu sechs Personen im Freien versammeln. Auch die "stay at home"-Regel wurde gelockert, die Regierung aber rät zur Vorsicht und bittet, wenn möglich, weiterhin von zu Hause aus zu arbeiten. Nicht essentielle Geschäfte sind seit dem 12. April wieder geöffnet.
Auch die Außengastronomie, Friseure und auch Fitness-Studios, Schwimmbäder, Büchereien, Zoos und Vergnügungsparks dürfen Besucher empfangen. Reisen im Inland sind erlaubt. Grundsätzlich besteht die Pflicht, in öffentlichen Verkehrsmitteln, Taxis und Supermärkten einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. In England soll in den nächsten Monaten Berichten zufolge ein Ampelsystem eingeführt werden, das die Regeln für Reisen ins Ausland festlegt. So soll für rot eingestufte Länder weiterhin ein Reiseverbot gelten, während man in grüne Länder barrierefrei reisen können soll. Bei Reisen in gelb eingestufte Länder dürften weiter strenge Test- und Quarantäneregeln gelten. Laut bisherigen Plänen gilt Mitte Mai als frühestes Datum für eine Änderung der derzeitigen Regelung.
In Schottland gilt ein Lockdown mit erheblichen Bewegungseinschränkungen, die über das Niveau von Empfehlungen hinausgehen und Gesetzeskraft haben. Einreisen nach
Schottland sind nur noch in dringenden Fällen erlaubt. «oranger Staat» gilt, die dortige Corona-Lage also nicht zu schlimm ist und dort keine besorgniserregenden Varianten des Coronavirus grassieren. Deutschland gilt derzeit als orange.
Die Geschäfte sind in Dänemark wieder offen. Cafés, Restaurants und Bars dürfen wieder Kunden bedienen - innen aber nur, wenn die Gäste per App einen negativen CoronaTest, eine vollständige Impfung oder eine überstandene Infektion belegen können. öffnen. Die Masken dürfen dann im Freien abgenommen werden, wenn ein Abstand von zwei Metern eingehalten werden kann. Restaurants und Hotels bleiben indes noch geschlossen. Die Außengastronomie soll am 17. Mai öffnen dürfen.
Am 1. Oktober hat die Bundesregierung die weltweite Reisewarnung beendet. Jedes Land wird nun vom Auswärtigen Amt wieder einzeln bewertet, es gilt ein einheitliches dreistufiges System:
Reisewarnung
Die Reisewarnung richtet sich ab sofort ganz nach den Infektionszahlen. Ab 50 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner in sieben Tagen gilt ein Land oder eine Region als Risikogebiet. Dann wird automatisch auch eine Reisewarnung ausgesprochen.
Die Reisewarnung ist zwar kein Verbot, soll aber eine möglichst große abschreckende Wirkung haben. Das Gute für den Urlauber: Er kann eine bereits gebuchte Reise stornieren, wenn sein Ziel zum Risikogebiet erklärt wird.
Nicht gewarnt, aber abgeraten - die abgeschwächte Reisewarnung
Allerdings gibt es Länder, für die zwar keine Reisewarnung ausgesprochen wird, in die man trotzdem nicht reisen kann. Der Grund: Es gelten dort Einreisebeschränkungen oder Einschränkungen des Flugverkehrs. Für all diese Länder rät das Auswärtige Amt nach den neuen Bestimmungen von Reisen ab.
Auch die abgeschwächte Reisewarnung kann kostenlose Stornierungen ermöglichen, die Rechtslage ist hier aber nicht so eindeutig wie bei der formellen
Reisewarnung. Auch das RobertKoch-Institut in Berlin aktualisiert seine Liste der Risikogebiete ständig.
Wenige Ausnahmen
Es gibt nur noch wenige Regionen, die nicht so stark vom Virus betroffen sind. Dazu zählen einige Länder Afrikas, beispielsweise Ruanda oder Uganda, im Indischen Ozean ist Urlaub auf Mauritius möglich oder im Südpazifik auf Samoa. Aber überall gibt es für Urlauber einiges zu beachten: In der Regel müssen bei Einreise negative COVID-19 Testergebnisse vorgelegt, Quarantänefristen müssen eingehalten werden, immer muss mit Einschränkungen vor Ort gerechnet werden.
dpa/afp/reuters/RKI/ Auswärtiges Amt (at/ey/ks)
unmöglich. In einer Stellungnahme nannte sie es "inakzeptabel, dass die OrbánRegierung aus Angst vor einer Wahlniederlage 2022, öffentliche Gelder an ihre Strohmänner gibt" und kündigte an, vor das Verfassungsgericht ziehen zu wollen.
Stiftungen mit Regierungsmitgliedern besetzt
Tatsächlich machte der ungarische Premierminister keinen Hehl daraus, dass die Aufsichtsräte der Stiftungen nur mit politisch Gleichgesinnten besetzt werden sollen. Wer "internationalistisch" oder "globalistisch" eingestellt sei, werde nicht für ein solches Amt vorgeschlagen, sagte Orbán vergangenen Freitag in seinem wöchentlichen Radiointerview. Vielmehr sollten jene mit einer "nationalen Sichtweise" die Universitäten langfristig "im Kreis des nationalen Interesses und des nationalen Gedankens" halten.
Zahlreiche Regierungsmitglieder haben ihren Platz in den Aufsichtsräten verschiedener Universitäten bereits sicher. Justizministerin Judit Varga wird dem Stiftungs-Kuratorium der Universität Miskolc vorsitzen, Außenminister Peter Szijjártó ist Teil des Kuratoriums der Universität Győr und Finanzminister Mihály Varga soll dasselbe Amt an der Universität Óbuda bekleiden. Viele weitere Posten werden mit ranghohen Parteimitgliedern und regierungsnahen Geschäftsleuten besetzt.
Eine Abwahl der Aufsichtsratsmitglieder ist nicht vorgesehen. Außerdem könne das neue Gesetz und damit die Kontrolle über die Universitäten und deren Vermögen nur mit einer Zweidrittelmehrheit gekippt werden - im Sinne der "finanziellen und rechtlichen Stabilität", wie es László Palkovics, Ungarns Minister für Innovation und Technologie, in einem Interview mit dem ungarischen Nachrichtenportal Index.hu ausdrückte. Die Opposition nennt es einen "Staat im Staate".
"Sie wollen die ideologische Kontrolle über die Universitäten"
József Pálinkás gehört zu den größten Kritikern des neuen Gesetzes. Der ehemalige Professor und langjährige Präsident der Akademie der Wissenschaften war viele Jahre Mitglied in Orbáns Fidesz-Partei. Unter der ersten Orbán-Regierung war er sogar Bildungsminister. Mittlerweile hat er sich von seiner einstigen Partei abgewandt und seine eigene gegründet. Pálinkás befürchtet, dass Fidesz mit dem Gesetz mehr will, als sich für den Fall einer Wahlniederlage finanziell abzusichern. "Sie wollen bestimmen, was gelehrt und erforscht wird. Sie wollen die ideologische Kontrolle über die Universitäten", so Pálinkás im Gespräch mit der DW. So könnten in Zukunft Professoren aus politischen Gründen entlassen und die Lehre den Wünschen der Fidesz-Partei angepasst werden.
Letzteres versuchte die Orbán- Regierung bereits im vergangenen Sommer, als sie die Leitung der renommierten Budapester Universität für Theater- und Filmkunst (SZFE) einer Stiftung übergeben wollte. Deren Vorsitzender, ein Orbánnaher Theaterregisseur, wollte die Hochschule "nationaler" und "christlicher" machen. Die Studenten wehrten sich, besetzten monatelang das Gebäude, bis sie aufgrund der verschärften Pandemiemaßnahmen die Universität räumen mussten. Die Übernahme durch die regierungsnahe Stiftung konnten sie nicht verhindern.
Streit um chinesische Universität in Budapest
Fast zeitgleich mit dem Gesetz zur Restrukturierung der Universitäten sorgt der geplante Bau einer neuen Hochschule für Aufruhr. Die renommierte Shanghaier FudanUniversität will 2024 in Budapest ihre erste Außenstelle eröffnen. Es wäre die erste chinesische Hochschule in der Europäischen Union. Knackpunkt sind vor allem Größe und Kosten des Projekts. Der neue Campus soll sich über eine halbe Million Quadratmeter erstrecken und wäre damit wesentlich größer als alle anderen ungarischen Universitäten. Das Investigativportal "Direkt36" enthüllte zudem die Kosten des Bauprojekts: Umgerechnet rund 1,5 Milliarden Euro will die ungarische Regierung offenbar dafür ausgeben - und damit mehr als für das gesamte ungarische Hochschulwesen 2019. Dabei sollen dort nur bis zu 8000 Studenten unterrichtet werden, womit die Uni im Vergleich zu den anderen Budapester Universitäten eine kleine Hochschule sein wird.
Die Orbán-Regierung verteidigt das Projekt mit ähnlichen Argumenten wie das neue Stiftungsmodell. Eine Universität von Weltrang, wie Fudan, würde Ungarn als Bildungsstandort aufwerten und die ungarischen Universitäten wettbewerbsfähiger machen. Kritiker entgegnen, dass Orbán mit der amerikanischen Central European University (CEU) 2018 eine der besten Universitäten der Welt aus dem Land gedrängt habe.
Tamás Matura, Assistenz-Professor an der Budapester Corvinus-Universität und Gründer des Central and Eastern European Center for Asian Studies, sieht den neuen Fudan-Campus zwiegespalten. "Fudan ist in der Tat eine der besten Universitäten der Welt und könnte Ungarn beispielsweise technologisch nach vorne bringen", so Matura im DW-Gespräch. Allerdings befürchtet er, dass Fudan, gerade wegen seines Renommees und seiner finanziellen Ausstattung die ungarischen Universitäten schwächen könnte, weil die besten Professoren und Studenten zum chinesischen Campus abwandern würden. Auch dass die Universität durch ungarisches Steuergeld finanziert werde und damit ein Geschenk an China sei, hält er für problematisch.
Chinas "trojanisches Pferd" in Europa?
Andere Kritiker gehen noch weiter. Sie befürchten, die neue Universität könnte ein Einfallstor für chinesischen Einfluss in der EU sein. Schließlich verschreibt sich Fudan in seinen Statuten "sozialistischen Grundwerten" und der Führung der Kommunistischen Partei. Immer wieder bezeichnen Oppositionspolitiker den geplanten Campus deshalb als "trojanisches Pferd". ExBildungsminister Pálinkás spricht gegenüber der DW von einer "chinesischen Festung in der Mitte Europas".
Tatsächlich hat die OrbánRegierung ihre Beziehungen zu China in den vergangenen Jahren intensiviert. Zuletzt kritisierte Ungarns Außenminister Sanktionen, die die EU gegen China aufgrund massiver Menschenrechtsverletzungen erlassen hatte. Während der Corona-Pandemie setzt Ungarn als einziges EU-Land auch auf den chinesischen Impfstoff Sinopharm.
Für China-Experte Matura ist offensichtlich, dass Peking genau deshalb Budapest als Standort für seine neue Universität gewählt hat: "In Berlin oder Paris hätte die Fudan Angst haben müssen, politisch unter die Lupe genommen zu werden. Budapest ist hingegen ein politisch sicherer Raum für China. Hier wird sie niemand angreifen, zumindest nicht, solange diese Regierung an der Macht ist."