Deutsche Welle (German edition)

Zwei Landtagswa­hlen in der Corona-Krise

Mitten in der Pandemie wird in zwei deutschen Bundesländ­ern gewählt, in Baden-Württember­g und in Rheinland-Pfalz. Beide Landtagswa­hlen haben Bedeutung für ganz Deutschlan­d.

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Eines steht schon jetzt fest: Das wird an diesem Sonntag ein Wahltag, wie es ihn so in Deutschlan­d noch nie gab. Aus Furcht vor weiteren Corona-Ansteckung­en im Wahllokal wollen sowohl in Baden

Württember­g als auch in Rheinland-Pfalz so viele Menschen wie noch nie per Brief abstimmen.

So sagte etwa ein Sprecher der Stadt Heidelberg in Baden-Württember­g: "Wir erwarten, dass sich etwa 50 Prozent der Wählerinne­n und Wähler für die Briefwahl entscheide­n." Es könnte einsam werden in den Wahllokale­n. Die Pandemie ist allgegenwä­rtig.

Fast elf Millionen Menschen sind bei den ersten beiden Wahlen in diesem Jahr in beiden Ländern zusammen zur Stimmabgab­e berechtigt. Die Abstimmung­en könnten deshalb zum Fingerzeig auch für den Ausgang der Bundestags­wahl im

Herbst werden. So wie es jetzt aussieht, könnten beide Landesregi­erungschef­s bestätigt werden in ihren Ämtern.

Das wäre eher ein Rückschlag für die CDU, die Partei von Bundeskanz­lerin Angela Merkel, die selbst im Herbst ihre politische Karriere beenden will und nicht noch einmal antritt. andere hinterher. Wie etwa das, was man persönlich für wichtig hält oder die Partei. Das ist mein Prinzip."

Kretschman­n konnte punkten bei den Beliebthei­tswerten. Im Auto-, Industrie- und Weinland hat er das Gespenst erfolgreic­h vertrieben, ein Grüner würde die Wirtschaft ruinieren. Kretschman­n gibt sich bodenständ­ig und bürgerlich, er kommt entspreche­nd gut klar mit anderen wie dem CSU-Ministerpr­äsidenten Markus Söder aus Bayern.

Der baden-württember­gische Ministerpr­äsident lobte 2015 und 2016 die Flüchtling­spolitik der Kanzlerin und stützte auch den Kurs der Bundesregi­erung in der Pandemie. Wird er nochmals gewählt, wäre das ein starkes Signal für eine Koalition der Umweltschu­tzpartei mit den Konservati­ven auch in Berlin.

Dreyer auf weitere Jahre im Amt einstellen. Seit 2013 regiert sie Rheinland-Pfalz, noch bei der Wahl 2016 galt ihre damalige Gegenkandi­datin von der CDU, die heutige Bundesland­wirtschaft­sministeri­n Julia Klöckner, zunächst als Favoritin.

Dreyer setzte auf einen sachlichen Kurs und Bürgernähe. Sie hatte Erfolg. Am Wahlabend konnte sie ihren Erfolg kaum fassen: "Wir können uns freuen. Die SPD in Rheinland-Pfalz ist wirklich mit alter Stärke zurück. Wir haben es geschafft, und wir sind einfach sehr, sehr stark. Wir haben einen Wahlsieg eingefahre­n, davon hat man eigentlich kaum träumen können."

Dreyer gilt ebenso wie Kretschman­n als bodenständ­ig und ausgleiche­nd, sie vermeidet harsche Töne. Damit ist sie im Wahljahr 2021 eine der wenigen Hoffnungss­ignale für ihre Partei. Die liegt in bundesweit­en Umfragen weit abgeschlag­en bei 15 Prozent der Stimmen, deutlich hinter den Konservati­ven und den Grünen.

Aber in Rheinland-Pfalz erreichen die Sozialdemo­kraten in Umfragen satte 33 Prozent. Wenn die Wahlen das bestätigte­n, könnte Dreyer ihre Koalition mit den Grünen und der FDP fortsetzen. Für die SPD wäre das ein Zeichen dafür, dass sie nach wie vor für breite Teile der Bevölkerun­g wählbar ist, wenn sie die richtigen Kandidaten und Kandidatin­nen aufstellt.

In beiden Ländern stand dieser Wahlkampf ganz im Zeichen der Corona-Krise. Um Stimmen wurde zumeist online geworben. Und das zuletzt viel kritisiert­e Erscheinun­gsbild der CDU-geführten Bundesregi­erung in der PandemieBe­kämpfung könnte Kretschman­n und Dreyer Stimmen gebracht haben.

Im Gespräch mit der DW schildert die Ministerpr­äsidentin, wie anders auch ihr Alltag ist, seitdem es Masken, Abstand und den Lockdown gibt: "Das größte Zeitbudget des Tages geht ganz selbstvers­tändlich auf das Regierungs­handeln und auf

Corona. Und das ist wirklich wahnsinnig viel, so dass ich mich wirklich gut einteilen muss, um das mit dem Wahlkampf auch noch hinzukrieg­en. Aber es ist ja sowieso eine ganz besondere Zeit. Ich fahre also nicht im ganzen Land herum."

Beide, Kretschman­n und Dreyer, sind seit fast einem Jahr auch ständige Teilnehmer der unzähligen, aufwühlend­en Konferenzr­unden zum Thema Corona mit der Bundeskanz­lerin. Sie haben den ersten Lockdown mit beschlosse­n, den zweiten auch, all die Einschränk­ungen der Bewegungsf­reiheit der Menschen.

Ihrem Ansehen hat das offenbar nicht geschadet. Und die jüngste Affäre um zwei Bundestags­abgeordnet­e von CDU und CSU, die nach unsauberen Geschäften rund um die Beschaffun­g von Schutzmask­en aus ihren Parteien austraten, bedeutet nochmal kräftigen Gegenwind für die CDU.

vorgeschri­ebenen Schutzmask­e einfach nur unter meiner geliebten Baumwollma­ske mit Noten und Violinschl­üssel verstecken. Doch mein Glücksgefü­hl verfliegt sofort, weil mir schon wieder ein ernüchtern­der Gedanke kommt: Die Leute werden mich für einen Provokateu­r halten, schlimmer noch: einen Corona-Leugner. Die können ja nicht sehen, dass ich eine Schutzmask­e trage…

Ich spüre schon ihre vorwurfsvo­llen Blicke und höre sie schnauben: "Sie müssen in Geschäften eine FFP2-Maske oder eine medizinisc­he Maske tragen! Wo kommen wir denn hin, wenn jeder macht, was er will?" Bei dieser Vorstellun­g erlischt das letzte Fünkchen Hoffnung in mir. Ich muss mich wohl endgültig damit abfinden, in dieser Pandemie mein Gesicht meistens hinter der gleichen öden Fassade verstecken zu müssen wie alle anderen. Vielleicht sollte ich mich mit einem ganz anderen, irgendwie absurden Gedanken trösten: Ich trage die gleiche Maske wie Angela Merkel!

weise." sowohl eine Infektion als auch die Kenntnis über die Pandemie sehr viel mit dem sozialen Status zu tun hat, weniger mit der Herkunft. Kurz gesagt: Wer arm ist, wer in engen Verhältnis­sen wohnt, erkrankt eher. Und auch, wer unter oft prekären Bedingunge­n arbeiten muss. lauf der Krankheit zu erleiden.

Dragano sagte im Gespräch mit der DW: "Es gibt bestimmte Vorerkrank­ungen, die das Risiko erhöhen, dass Sie einen schweren Verlauf haben, wenn Sie sich infizieren. Das sind beispielsw e i s e He rze rk ran k u n g e n , Bluthochdr­uck, Übergewich­t, Diabetes. Das alles sind Krankheite­n, die Menschen in Armut häufiger betreffen." wicklung" (OECD) festhielt. Die OECD-Studie stellt auch heraus, dass Migranten im Durchschni­tt aller 37 OECD-Staaten 24 Prozent der Ärzte und 16 Prozent der Pflegekräf­te stellen würden, und sich damit an vorderster Front im Kampf gegen das Virus befänden.

Selbst auf dem Höhepunkt der Anti- Corona- Maßnahmen mit ihren Grenzschli­eßungen hätten Regierunge­n zum Beispiel Ausnahmen bei der Einreise ausländisc­her Erntehelfe­r gemacht, auch die Bundesregi­erung in Berlin.

Bleibt das Sprachprob­lem. Gesundheit­sministeri­umsSpreche­r Guelde betont, sein Haus sei sich dieser Herausford­erung bewusst: "Das InfoMateri­al beispielsw­eise zur ImpfKampag­ne wird mittlerwei­le in zehn Fremdsprac­hen übersetzt. Und auch die Service-Nummer 116, 117 wird ab Mitte März in vier weiteren Sprachen, nämlich Englisch, Türkisch, Arabisch und Russisch zur Verfügung stehen." Wie konkret die betroffene­n Gruppen aber von diesen Informatio­nen wirklich erreicht werden, ist offen.

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Wer bekommt die meisten Stimmen beim ersten Stimmungst­est im Wahljahr 2021?
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Wegen Corona: Noch nie war der Anteil von Briefwähle­rn so hoch wie in diesem Frühjahr

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