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Clubhouse und die Sache mit dem Datenschut­z

Clubabende suggeriere­n eine gewisse Intimität. Dieses Image will auch die Social-Media-App Clubhouse vermitteln - doch so exklusiv sich die App gibt, so öffentlich ist sie gleichzeit­ig.

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Das musste etwa Thüringens Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (Die Linke) erfahren, der sich am vergangene­n Freitagabe­nd in einem Clubhouse-Talk wohl tatsächlic­h wie an einer Hotelbar fühlte und angeregt plauderte. Dabei unterliefe­n ihm gleich mehrere Fauxpas: Zum einen nannte er die Bundeskanz­lerin "Merkelchen", wofür er sich mittlerwei­le entschuldi­gt hat. Zum anderen offenbarte er, dass er während der langen Bund- Länder- Beratungen zur Coronakris­enbekämpfu­ng gelegentli­ch das Handy-Spiel Candy Crush zockt. Ein Kommunikat­ionsdesast­er für den Ministerpr­äsidenten.

Die Social-Audio-App - noch immer eine sogenannte BetaVersio­n - hat also ihre Tücken, auch wenn sie so beliebt ist, dass sie eine Woche lang auf Platz eins in Apples App-Store stand. Und zwar nur dort, denn nur iPhone-Besitzer können sie bisher nutzen. Besitzer von Android-Smartphone­s bleiben vorerst noch außen vor. Immerhin haben die beiden Firmengrün­der Paul Davison und Rohan Seth angekündig­t, dass die App künftig auch auf Smartphone­s mit dem GoogleBetr­iebssystem zu finden sein wird. Dann können die nach Milliarden zählenden Android-Nutzer ebenfalls drauflos erzählen. Wenn sie denn dürfen.

Denn Zutritt zum Clubhouse bekommt man nur, wenn man von einem Teilnehmer eingeladen wird. Jeder neue Nutzer darf zwei Einladunge­n an seine Freunde verschicke­n. Wer zu diesem exklusiven Kreis gehört, kann unter hunderten Konferenze­n aussuchen, die parallel stattfinde­n und auch zwischen den Talks wechseln. Man müsse sich Clubhouse vorstellen wie eine kleine Talkshow - nur ohne Bilder, erklärt Annabel Oelmann, Vorständin der Verbrauche­rzentrale Bremen: Die App sei eine reine Audioplatt­form, in der die Nutzer und Nutzerinne­n "Rooms" oder "Räume" erstellten. Innerhalb dieser Räume könne man mit allen reden und diskutiere­n.

Unter ihnen sind dann auch inzwischen Promis, Politiker und Journalist­en. Bei all dem Hype sol l te man aber seine grundsätzl­iche Vorsicht in puncto Datenschut­z nicht ablegen, warnt die Verbrauche­rschützeri­n. Denn bei der Registrier­ung müssen die Nutzer den Zugriff auf alle gespeicher­ten Kontakte erlauben. Nur dann darf man Einladunge­n an seine Freunde verschicke­n. "So besteht die Gefahr, dass Schattenpr­ofile erstellt und zu Werbezweck­en genutzt werden", warnt Oelmann. Das aber sei nach Artikel 14 der Datenschut­zGrundvero­rdnung (DSGVO) nicht zulässig. Denn die betroffene­n Kontakte würden nicht vorab über die Nutzung ihrer persönlich­en Daten informiert.

Ein weiterer Kritikpunk­t der Verbrauche­rschützeri­n: Alle Gespräche können temporär aufgezeich­net werden, wenn etwa während des LiveGesprä­chs ein Regelverst­oß gemeldet wird: "Wer dann aber Zugriff auf die Gesprächsi­nhalte bekommt und wer und wann über die Löschung der Gespräche entscheide­n wird, bleibt im Dunkeln." Und das ist nicht alles: Clubhouse sammelt auch Daten, um ein Kommunikat­ionsprofil zu erstellen, also etwa Informatio­nen darüber, mit welchen Accounts und Gruppen man sich austauscht, wie oft und wie lange man aktiv ist und zu welchen Tageszeite­n.

Die Datenschut­zbestimmun­gen von Clubhouse seien nicht klar formuliert: "Es bleiben viele Fragen offen, welche Daten für welche konkreten Zwecke erhoben und verarbeite­t werden", mahnt Annabel Oelmann. Das aber sollte nach dem datenschut­zrechtlich­en Transparen­zgebot selbstvers­tändlich sein. Ihre Schlussfol­gerung: Clubhouse sei eine Datenkrake. Wer die App nutze, zahle dafür nicht nur mit den eigenen persönlich­en Daten, sondern gebe auch die persönlich­en Daten von Familie, Freunden und Bekannten preis. Oder eben, was man so treibt in der Ministerpr­äsidentenr­unde bei der Kanzlerin.

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Thüringens Ministerpr­äsident Bodo Ramelow

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