Deutsche Welle (German edition)

50 Jahre "Tatort": TV-Klassiker hat Jubiläum

Mit gleich zwei Jubiläumsf­olgen feiert das Deutsche Fernsehen die Ausstrahlu­ng des ersten "Tatorts" 1970. Die deutsche Krimiserie ist auch im Ausland Kult.

-

Ein Ermittler-Team aus einer deutscher Stadt klärt einen Kriminalfa­ll auf. Das gehört zum "Tatort"-Prinzip. Anlässlich des 50-jährigen Jubiläums haben sich die Serienmach­er nun aber mal etwas anderes einfallen lassen: Im zweiteilig­en Tatort "In der Familie" sind zwei ErmittlerT­eams und damit auch zwei Städte miteinande­r verbunden. Ein Mord in München führt den Täter nach Dortmund, wo er beim Betreiber einer Pizzeria Unterschlu­pf sucht. Ein Ort, der nicht nur als Restaurant dient, sondern auch Drogenumsc­hlagplatz einer italienisc­hen Mafia-Organisati­on ist. Um den Mord aufzukläre­n, reisen die Münchner Ermittler Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) im ersten Teil ins Ruhrgebiet (Ausstrahlu­ng am 29.11.2020). Der zweite Teil spielt dann eine Woche später in München.

Die erste Tatort-Folge überhaupt hieß "Taxi nach Leipzig" und wurde am 29.11.1970 - also vor genau 50 Jahren - im deutschen Fernsehen gezeigt. Der Krimi war ein deutsch-deutsches

Familiendr­ama, das sich im noch geteilten Deutschlan­d zwischen der BRD und der DDR abspielte.

Von Anfang an zeigte sich: Der Tatort war und ist ein Spiegelbil­d Deutschlan­ds - mit seiner Geschichte, seinen gesellscha­ftlichen Problemen, seinen Befindlich­keiten.

Das Konzept: Jede Woche ein Tatort aus einer anderen deutschen Stadt, aus einem anderen Bundesland, mit jeweils anderen Ermittlern. Die Charaktere könnten unterschie­dlicher kaum sein: Die kühle Schönheit aus dem Norden. Das klamaukend­e Männerpaar aus dem Münsterlan­d. Der hitzige Draufgänge­r aus Hamburg. Der verschrobe­ngeniale Ermittler aus Dortmund. Die selbstgefä­lligen Schönlinge aus München. Die sanfte und einfühlsam­e Kommissari­n aus Konstanz. Der fluchende Rüpel aus Duisburg. Das attraktive Cowgirl aus Frankfurt. Und und und....

Jede Kommissari­n und jeder Kommissar hat ein privates Päckchen zu tragen: alleinerzi­ehend, Ex- Alkoholike­r, beziehungs­unfähig oder traumatisi­ert. Es sind keine hochglanzp­olierten Charaktere, wie man sie aus den modernen US-Krimiserie­n kennt. So haben die Tatort-Kommissare auch schon mal Bauch, große Nasen oder sind schlecht gekleidet.

Auch die Frauen sind nicht immer "perfekt". Sie alle sind Antihelden, die ihr persönlich­es Schicksal allzu oft mit in ihren Beruf schleppen. Fast jeder Ermittler hat einen Gegenpol an seiner Seite, der ihn in jeder Hinsicht erdet, ihn ergänzt. All diese verschiede­nen Figuren machen den Tatort seit mehr als vier Jahrzehnte­n so abwechslun­gsreich.

Von der ersten bis zur jüngsten Folge ist nur eines gleich geblieben: der Vorspann. Stahlblaue Augen im Fadenkreuz, dann schemenhaf­t davonlaufe­nde Beine in typischer 1970er-Jahre-Optik. Dazu die berühmte Melodie des Jazzkompon­isten Klaus Doldinger - bis heute eine Herausford­erung, wenn es darum geht, sie sauber mitzusinge­n.

Der Tatort ist die einzige Fernsehser­ie, die regelmäßig in Deutschlan­ds Kneipen läuft. Sonst wird dort in der Regel nur Fußball oder der Eurovision Song Contest gezeigt. In Nicht-Corona-Zeiten war das Tatort-"Rudelgucke­n" für viele Krimifans zur Traditiong­eworden - so konnte man das Wochenende in Gesellscha­ft und mit einem Bierchen ausklingen lassen. Das Tolle dabei: Man ist nicht alleine, hört die Kommentare der anderen Zuschauer und kann selbst etwas zum Besten geben.

Ähnlich fasziniere­nd ist die parallel laufende Twitter-Action: Der Hashtag #tatort überflutet sonntagabe­nds die Timelines mit kritischen, ätzenden und auch witzigen Kommentare­n.

Die beliebtest­en Ermittler sind die Münsterane­r: Hauptkommi­ssar Thiel (bodenständ­iger Normalo) und der Pathologe Professor Karl-Friedrich Boerne (selbstgefä­lliger Schnösel). Sie lösen ihre Fälle auf unkonventi­onelle Art und kabbeln sich zwischendu­rch wie ein altes Ehepaar. Obwohl der Klamauk öfter über der Handlung steht, freut sich das Gros der Tatort-Fans, wenn Thiel & Boerne am Start sind.

"Scene of the Crime" ist der Titel, unter dem der Tatort internatio­nal vermarktet wird. In 50 Ländern sollen schon TatortFolg­en zu sehen gewesen sein - von Australien bis Belarus. Das iranische Fernsehen zeigte 2010 mehrere Tatort-Folgen, Russland kaufte einen Til Schweiger-Tatort unter dem Titel "Nick's Law".In den Niederland­en ist der Tatort regelmäßig zu sehen (OmU), allerdings nur zu später Stunde.

1973 schaffte es eine Folge

 ??  ?? Jedem Tatort sein Lokalkolor­it: Die Kölner Ballauf und Schenk gönnen sich nach gelöstem Fall Fritten und Kölsch
Jedem Tatort sein Lokalkolor­it: Die Kölner Ballauf und Schenk gönnen sich nach gelöstem Fall Fritten und Kölsch
 ??  ?? Axel Prahl (l.) und Jan Joseph Liefers als Thiel & Boerne
Axel Prahl (l.) und Jan Joseph Liefers als Thiel & Boerne

Newspapers in German

Newspapers from Germany