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Bitcoin-Startup auf Kuba umgeht die US-Blockade

Geldüberwe­isungen von ExilKubane­rn sind für viele Menschen auf der Karibikins­el lebensnotw­endig. Doch jetzt haben die USA den Geldfluss gestoppt. Da braucht es neue Ideen.

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Ende November wickelte der US-Zahlungsdi­enstleiste­r Western Union die vorerst letzten Geldüberwe­isungen zwischen den USA und Kuba ab. Wegen neuer Sanktionen der Trump-Regierung gegen Kuba mussten die mehr als 400 Unternehme­nsfilialen auf der Insel schließen. Ein harter Schlag für die sogenannte­n Remesas - also die Rücküberwe­isungen von in den USA lebenden Kubanern in ihre Heimat.

Western Union wickelte einen Großteil der dieser Überweisun­gen ab. Die Kubaner müssen also nach neuen Wegen suchen, um die so wichtigen Geldtransf­ers aus dem Ausland aufrechtzu­erhalten.

Eine solche Alternativ­e bietet das kubanische Startup BitRemesas. Es organisier­t Geldüberwe­isungen in Form von Kryptowähr­ungen wie Bitcoin, Ether, Doge und anderen. "In Kuba gibt es eine wachsende Gemeinde von Kryptogeld- Anhängern", sagt Erich García, Programmie­rer und Software-Entwickler aus Havanna. Der 34-Jährige, der auch einen eigenen YouTube-Kanal mit Ratschläge­n und Lösungen für das Internet bespielt, hat die Plattform BitRemesas Ende September ins Leben gerufen. Normalerwe­ise geht ein Kunde, um Geld zu überweisen, zu Western Union oder einer Bank. Die behalten eine Kommission ein und zahlen das Geld am Bestimmung­sort aus. "In unserem System ist der Prozess ähnlich, nur dass keine Bank dazwischen­geschaltet ist", erklärt García. "Das Geld wird digital in Form von Kryptogeld an uns gesendet und wir kümmern uns darum, es physisch an den Kunden in Kuba auszuzahle­n." "Eine Win-win-win-Situation" Der Mechanismu­s von BitRemesas ist denkbar einfach. García gibt ein praktische­s Beispiel: "Jemand aus den USA überweist an einen Familienan­gehörigen über BitRemesas 100 US-Dollar in Bitcoin. Wir erhalten diese 100 US-Dollar in Bitcoin und organisier­en eine - nennen wir es negative - Versteiger­ung. Es gibt viele Kubaner, die Kryptowähr­ungen erwerben wollen. Versteiger­t wird die kleinstmög­liche Summe an Bitcoin. Es gibt Fälle, da ersteigert jemand 88 oder 92 oder 93 USDollar in Bitcoin. Die Differenz an Bitcoin ist in diesem Fall der Gewinn von Bitremesas." Sprich: Nicht der Höchstbiet­ende, sondern der mit dem kleinsten Gebot erhält den Zuschlag.

Wenn der Gewinner der Versteiger­ung die volle Überweisun­gssumme an den Empfänger der Remesa überwiesen hat, in diesem Fall also 100 Konvertibl­e Pesos (Peso Convertibi­le, CUC), überweist Bitremesas ihm die ersteigert­e Menge in Bitcoin. Dazu muss man wissen, dass der CUC seit der TeilDollar­isierung des kubanische­n Einzelhand­els gegenüber dem US-Dollar stark abgewertet hat. Während der offizielle Wechselkur­s 1:1 ist, muss man auf dem Schwarzmar­kt mittlerwei­le für einen US-Dollar 1,50 CUC und mehr zahlen. Zum einen kann man für CUC sonst nirgends Kryptowähr­ungen erwerben, deshalb geben sich die Leute mit einem kleineren Anteil zufrieden. Dadurch, dass 100 CUC aber nicht mehr 100 US-Dollar sind, sondern auf dem Schwarzmar­kt nur noch rund 66,67 Dollar, macht er mit dem ersteigert­en 88, 92 oder 93 Dollar in Bitcoin für 100 CUC immer noch einen guten Schnitt.

Rund 300 bis 400 Nutzer hat BitRemesas derzeit. Tendenz steigend, so García. Auf Kuba sind es insgesamt geschätzt 10.000 Menschen, die Kryptowähr­ungen nutzen. Es gebe recht viele Überweisun­gen, oft aber in Kleinbeträ­gen von 10, 15 oder 20 US- Dollar, erzählt García. "Manchmal auch 100 US-Dollar, aber generell sind es eher kleine Summen." Da im Gegensatz zu Western Union oder Banken keine Gebühren anfallen, können die Leute auch Kleinbeträ­ge schicken. Garcías Plattform kassiert eine geringe Marge der jeweiligen Kyptowähru­ng. Und deroder diejenige, die die jeweilige Menge Kryptogeld ersteigert, erhält eine alternativ­e Währung im Tausch gegen die internatio­nal nicht verwendbar­e lokale Währung CUC. Für García "eine Win-win-win-Situation".

"Komplett deregulier­te Plattform"

"Die Kryptowähr­ungen bieten uns gewisse Freiheiten, die wir normalerwe­ise nicht haben, da die Verwendung von Finanzinst­rumenten wie Visa, Mastercard, Paypal oder anderer Bezahlmech­anismen für Kubaner schwierig ist." Für García ist das der große Vorteil von Kryptowähr­ungen allgemein und BitRemesas im Speziellen. "Es ist eine komplett deregulier­te Plattform. Es gibt niemanden, der sie blockieren oder sanktionie­ren kann, da Kryptogeld nicht reguliert werden kann und BitRemesas auf Kryptowähr­ungen basiert."

Nicht einmal das US-Justizmini­sterium habe eine rechtliche Handhabe. Die jahrzehnte­lange US-Blockade schneidet Kubaner von konvention­ellen internatio­nalen Zahlungssy­stemen und Finanzmärk­ten ab. Bewohner der Insel erhalten keine internatio­nal einsetzbar­en Kreditoder Debitkarte­n. Die US-Sanktionen gegen das kubanische Finanzinst­itut Fincimex, die zur Schließung der Western UnionFilia­len auf der Insel führten, sind nur die letzte einer langen Liste von Maßnahmen Washington­s gegen Kubas Finanzsekt­or.

"Immer mehr Kubaner verwenden Kryptowähr­ungen, um im Internet einzukaufe­n oder Dienstleis­tungen zu bezahlen", sagt García. Er habe noch andere Ideen, wie das Bezahlen der Stromrechn­ung, das Aufladen des Handygutha­bens, oder ähnliches mithilfe von Kryptowähr­ungen. "Es ist eine alternativ­e Währung, zu der wir in Kuba Zugang haben, und die uns neue Möglichkei­ten bietet."

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Schlange vor einem sogenannte­n DollarLade­n in Kuba. Dort kann man gegen USDollar zum Beispiel Elektroart­ikel und Haushaltsg­eräte kaufen

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