Sex in Zeiten von Tinder
Wo in Paris die Sonne aufgeht
Mit „Wo in Paris die Sonne aufgeht“hat Jacques Audiard Neuland betreten. Ein Film in Schwarz-Weiß, der mit Humor und Leichtigkeit Sexualität und weibliche Lust in Szene setzt.
Camille gleicht seinen Frust als Gymnasiallehrer durch intensiven Sex aus. Emilie, die ihr Studium der Politikwissenschaften geschmissen hat, arbeitet in einem Call-Center und hat schnelle One-Night-Stands. Nora hat ihren Job in der Provinz aufgegeben und will in Paris ihr Jura-Studium aufnehmen. Und Amber Sweet bietet im Internet erotische Dienstleistungen an.
In „Wo in Paris die Sonne aufgeht“ erzählt Jacques Audiard die Geschichte von Mittdreißigern, deren Wege sich in Paris im 13. Arrondissement kreuzen. Sie werden Freunde oder Liebhaber und manchmal sogar beides.
Der französische Regisseur ist bekannt dafür, dass er gerne Neues wagt. Nach seinem Western „The Sisters Brothers“und dem Flüchtlingsdrama „Dämonen und Wunder“erzählt er nun die Geschichte junger Erwachsener, die zwischen Fragen sexueller Orientierung in Zeiten von Dating-Apps auf der Suche nach Liebe sind - und vor allem nach sich selbst. Wechselnde Jobs, Mobbing und Einsamkeit: Audiard zeichnet das Porträt einer Generation, die im Zeitalter von
Tinder nach Beziehungen und Liebe sucht. Der Film basiert auf drei Comics des bekannten New Yorker Autors Adrian Tomines.
Bislang tendierte Audiard zu männlichen Filmhelden. Diesmal schrieb er das Drehbuch zusammen mit Céline Sciamma („Porträt einer jungen Frau in Flammen“). Ihr Einfluss ist deutlich zu erkennen: Der Film ist weit entfernt von den normalerweise mit Gewalt aufgeladenen Werken von Audiard, sondern verblüfft mit großem Gespür für die „Generation Beziehungsunfähig“.
Fazit: Bezaubernder
Großstadt-Liebesreigen.
(Schauburg, PKO)