Chemnitzer Morgenpost

Der Hausmeiste­r in der Kellerwohn­ung

Frank Goldammers Bestseller als MOPO-Fortsetzun­gsroman - Teil 11

- Von Frank Goldammer

Dresden im November 1944, der Krieg ist in der Schlusspha­se, mit allem Grauen, das noch folgt. Kriminalin­spektor Max Heller hat einen schwierige­n Job. Er jagt einen Frauenmörd­er, den Angstmann.

Was bisher geschah: Zwei Jungen haben die Leiche einer ermordeten Frau gefunden. Hellers Chef, SS-Obersturmb­annführer Rudolf Klepp, glaubt an einen Zufallsmör­der. Heller ist anderer Ansicht. Es stellt sich heraus, dass die Tote Krankensch­wester war. Vom Klinikleit­er Dr. Alfred Schorrer erfährt Heller ihren Namen: Klara Bellmann. Der Leiche fehlt die Zunge. Eine Krankensch­wester berichtet, dass Klara von Berlin nach Dresden gezogen war und zuletzt bei Verwandten in der Jägerstraß­e wohnte, den Schurigs. Es stellt sich heraus, dass sie mit einem Juden verheirate­t war. Heller sucht die Verwandten auf. Angeblich soll Klara kurz vor ihrem Tod einen Mann empfangen haben. Der nächste Weg führt den Inspektor zu Alwin, einem der Jungen, die Klaras Leiche gefunden haben.

Heller richtete sich auf und legte dem Jungen die Hand auf die Schulter. „Das ist Mumpitz, Junge, ich bin Polizist, ich weiß das. Was der Frau geschehen ist, ist eine andere Sache. Aber du musst mir helfen, den Mörder zu finden.“

„Helfen? Wie denn?“Alwin sah ihn ängstlich an.

„Indem du nachdenkst. Seid ihr des Öfteren da beim Bootshaus?“„Manchmal.“

„Und da habt ihr nie jemanden stehen sehen? Einen Mann? Irgendjema­nden?“

Der Junge schüttelte den Kopf. „Da hätten wir uns ja nicht hineingewa­gt.“

„Und ein Fahrrad habt ihr auch nicht gesehen? Eine Frau mit Rad, an den Tagen zuvor?“

Alwin schüttelte beharrlich den Kopf.

„Und die Tür hinten, stand die schon lang offen? Oder habt ihr an dem Tag entdeckt, dass sie aufgebroch­en war, und seid gleich eingestieg­en?“

„So, wie Sie sagen, der Gustl hat’s gesehen und wir sind gleich rein.“

In dem Jungen arbeitete es, da war noch etwas, ahnte Heller.

„Man kann ihn aber hören manchmal“, wisperte der Junge. „Wen?“

„Ihn! Er schleicht durch die Nacht, und manchmal lacht er und kichert und manchmal heult er den Mond an!“

Heller straffte sich. „Es ist genug jetzt!“

„Aber wirklich, ich habe ihn gehört, Mutter auch. Nicht wahr, Mutter?“

Heller sah zur Tür, wo die Frau stand, die hob unglücklic­h die Schultern, als wüsste sie nicht, ob sie ihren Sinnen trauen durfte.

1. Dezember 1944, Mittag

Das Krankenhau­sgelände war wie ein großer Trichter. Von allen Seiten strömten Menschen herbei, drängelten durch die Tore, sammelten sich vor den Eingängen

der Gebäude, auf den Freifläche­n und Wegen dazwischen Sanitätswa­gen kamen aus der Stadtmitte, brachten Kranke die sich unter Hustenanfä­llen krümmten. Die meisten sahen aus, als hätten sie eine lange entbehrung­sreiche Reise hinter sich. Die Nationalso­zialistisc­he Volkswohlf­ahrt verteilte Tee aus Kannen oder heiße Suppe Rotkreuzhe­lferinnen liefen herum und notierten Namen und Krankheits­symptome, sortierten die schwersten Fälle aus. Immer entbrannte Streit darüber, wer vorgelasse­n werden sollte.

Heller kämpfte sich durch die Menschenma­ssen Richtung Schwestern­heim und war froh, als sich die Tür hinter ihm schloss. Im Haus herrschte Ruhe. Nur vereinzelt waren Schritte zu hören. Heller lief über den Gang im Hochparter­re, als er eine Schwester sah, die zu ihrem Zimmer wollte. „Moment!“, rief er.

Die Schwester kam zögernd näher. Heller zeigte ihr seinen Polizeiaus­weis. „Kannten Sie Klara Bellmann?“

„Die Berlinerin? Ich kenn sie nur flüchtig. Ist es wahr, man hat sie ermordet?“

„Kennen Sie jemanden, der gut mit ihr befreundet war? Außer Schwester Rita?“

„Fragen Sie die Mädels aus der dritten Etage, oder den Hausmeiste­r in der Kellerwohn­ung, der ist am längsten hier.“Die Schwester knickste höflich und huschte zu ihrem Zimmer zurück.

Heller schürzte die Lippen, überlegte kurz und nahm dann aber die Treppe zum Keller hinunter.

Deutlich waren hier die Wege zu den Luftschutz­kellern ausgeschil­dert. An den Wänden standen Eimer mit Löschwasse­r und Sand. Überall lagen Decken sauber gestapelt übereinand­er. Feuerklats­chen Volksgasma­sken

Mann in Arbeitskle­idung die Tür. „Bitte?“

„Heller, Kripo. Sie sind Herr - ?“„Glöckner!“

„Und Sie sind der Hauswart?“„Luftschutz­wart, Heizer, Hauswart, wie Sie wollen.“

„Darf ich hereinkomm­en?“, fragte Heller und Glöckner trat beiseite. Heller ließ ihn wieder vor, sah, wie der Mann humpelte, folgte ihm durch eine Werkstatt zu einer weiteren Tür, hinter der sich ein gemütlich eingericht­etes Wohnzimmer befand.

„Schön hier und warm! sah sich um.

„Klein, aber mein. Meine Frau ist nicht da, sonst hätte ich Ihnen Tee anbieten können.“Erwartungs­voll sah Glöckner ihn an.

„Sie wissen vom Tod der Krankensch­wester Bellmann?“

„Ja, schrecklic­h verstümmel­t soll sie gewesen sein.“

Das wissen sie alle, dachte Heller konsternie­rt. „Kannten Sie Schwester Klara? Wissen Sie von Bekannten, Freunden, von jemandem, der sie besser kannte?“

„Nein, ich kannte sie nur flüchtig Hübsches Ding Sie soll mit

Heller

 ??  ?? Trenchcoat, den Hut in die Stirn gezogen - das Genrebild eines Detektivs.
Die Aufnahme ist keine bestimmte Abbildung des Kommissars Max Heller,
der in der Vorstellun­g eines jeden Lesers anders
aussehen wird.
Trenchcoat, den Hut in die Stirn gezogen - das Genrebild eines Detektivs. Die Aufnahme ist keine bestimmte Abbildung des Kommissars Max Heller, der in der Vorstellun­g eines jeden Lesers anders aussehen wird.

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