„In dieses Mädchen habe ich mich sofort VERLIEBT“
Alles muss raus“, sagt Modekönig Marc Jacobs und schwingt seinen Arm mit einer ausholenden Bewegung durch sein Wohnzimmer. Wirklich alles will der New Yorker Designer loswerden: Bilder, Skulpturen, Teppiche, Tische, Sofas, Sessel, Schränke, Vasen, Lampen – und zudem das gesamte Haus im West Village in New York City. Seit 2009 hat er hier gelebt, zuletzt zusammen mit seinem Ehemann, dem Model Char Defrancesco. Jetzt hat sich das glamouröse City-Paar neu verliebt– in eine Villa in Rye in Westchester County, die einst der amerikanische Stararchitekt und Möbeldesigner Frank Lloyd Wright (1867 – 1959) entworfen hat. Eigentlich sollte dieses Neun-Millionen-Dollar-Anwesen nur WochenendRefugium und Fluchtpunkt aus dem hektischen Manhattan werden. Letztlich hat sich Marc Jacobs jedoch entschieden, sein New Yorker Backsteinhaus zu verkaufen – für stolze 16 Millionen Dollar.
Jede Ecke sei wohlüberlegt gestylt und luxuriös eingerichtet, schwärmen Experten, und vor allem habe Marc Jacobs eine museumswürdige Sammlung aufgebaut. Gerhard Richter, Richard Prince, Elizabeth Peyton, John Currin – zeitgenössische Künstler, die in renommierten Museen
hängen, schmücken Jacobs’ Zuhause. Zu fast jedem Bild kann der Modedesigner, der am Anfang seiner Karriere als „enfant terrible“der Branche galt, eine persönliche Geschichte erzählen. Als er angefangen habe, Geld für Kunst auszugeben, sei er seinem Bauchgefühl gefolgt. Später habe er sich von seinem Freund, dem Sammler Mike Kelly, beraten lassen. Das zweite Bild, das er als Neuling der Szene erwarb, stammt von Karen Kilimnik. Er erinnere sich, wie er „Mary Calling up a Storm“in einem Auktionskatalog entdeckte und sich „sofort in dieses Mädchen verliebte“. In der von Dunkelheit umgebenen Figur mit den schwarzen Haaren und blauen Augen habe er sich selbst erkannt. „Ich musste das Bild unbedingt haben“, erzählt Marc Jacobs. Jahrelang hing es in seinem Haus – nun trennt er sich davon. So wie von all seinen Schätzen, die das Auktionshaus Sotheby’s in mehreren Auktionen im November und Dezember in New York versteigern wird.
Im neuen Zuhause in Rye gebe es zu wenig Platz, um Bilder zu hängen, sagt Jacobs. Also muss er sich von einem Großteil seiner Kunst trennen. „Auch wenn ich weiß, dass mir das schwerfallen wird, fühle ich, es ist Zeit für einen Neustart.“Mit einem großen Räumungsverkauf besiegelt der 56-jährige Millionär das Ende des alten Lebensabschnitts. Von 1997 bis 2013 war der Amerikaner künstlerischer Direktor von Louis Vuitton in Paris. Frankreich habe seinen Kunstgeschmack wesentlich beeinflusst, sagt Jacobs – was die Picasso-Keramiken beweisen, die Jacobs in seinem Schlafzimmerschrank ausstellt.
Das Haus in der Bethune Street ist ein Schmuckstück: rund 400 Quadratmeter auf vier Etagen, Dachgarten, zudem ein kleiner, verwunschener Garten, drei Schlafzimmer und Marmorbäder, Kamin, eine edel ausgestattete Küche und Gästezimmer. Für Marc Jacobs fühlte sich am Ende alles „irgendwie zu perfekt“an, „wie ein fertiges Puzzle“, vergleicht er. „Ich mag, was Steve Martin einst gesagt hat“, philosophiert er: „All diese Dinge gehören mir nicht, ich bin nur deren Verwalter.“
MARC JACOBS SAGT: „ICH FÜHLE, ES IST ZEIT FÜR EINEN NEUSTART“