Harry mit den langen Fingern
Ach ja, der Sexismus der 1970er! Da durfte Mann noch freimütig unter die Röcke luschern und Frau hatte gefälligst hübsch zu lächeln, während sie sich von geifernden Stielaugen bis in die letzte Hautpore röntgen ließ. 50 Jahre nach der Veröffentlichung kann man „Harry mit den langen Fingern“am ehesten noch als kurioses Filmartefakt bezeichnen. Allein der Story-aufbau ist absolut hanebüchen: Während die attraktive Sandy (Trish Van Devere) den adretten Ray (Michael Sarrazin) auf dem Bahnhof beim Klauen erwischt, ist sie offenbar so fasziniert von seiner tapsigen Unbeholfenheit, dass sie flux mit ihm im Bett landet und einfach mal so beschließt, all ihre eigenen Pläne zu verwerfen und stattdessen mit Ray eine Profi-diebeskarriere zu starten. Kurz darauf werden die beiden vom titelgebenden Harry (James Coburn) unter die Fittiche genommen. Der Meister-langfinger ist `ne total schneidige und saulässige Socke. Dass er sich sofort an Sandy ran macht, gefällt Ray gar nicht. Ohnehin fühlt sich Ray von Harry ausgebremst, da dieser ihm seine besten Tricks vorenthält. „Harry mit den langen Fingern“hat die Zeit in keinster Weise überdauert. Das Drehbuch ist schlichtweg ein Witz – hier gibt es bis zum Schluss nicht den geringsten Spannungsbogen. Der unverblümte Dauersexismus (da waren bei Weitem nicht alle 1970er-filme so unappetitlich schmierig) paart sich mit einer schlampigen Charakterzeichnungen, die sich auf abstruse Übersprungshandlungen und herbeigezauberte Zufälle stützt. Immerhin gefällt die technische Restauration: intensive Farben, gut Schärfe und kaum Bildrauschen. Der Sound ist altersbedingt 2.0.