Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Freundschaft über den Atlantik hinweg
Seit fast drei Wochen sind amerikanische Austauschschüler zu Gast im Gymnasium: Es ist das 19. Jahr des Kentucky-Programms. Am Freitag machten die Schüler Station bei „Tente“und dem Förderer der Begegnung.
TENTE Sie haben Trier besucht und Bonn, waren in Maastricht und auf der Wewelsburg. Sie haben einen Abstecher nach Köln gemacht und zusammen Fußball geschaut. Fast drei Wochen lang waren zwölf Schüler aus Kentucky mit ihren Gastschülern des Gymnasiums Wermelskirchen in Deutschland unterwegs. Das Austauschprogramm macht es möglich. Am Freitagmorgen steht nun der letzte Ausflug der Austauschschüler im Kalender: Sie machen Station in dem Unternehmen „Tente“– bevor es am Montagmorgen zurück in die USA geht.
Elias Burghoff und Shane Reim sitzen an diesem Vormittag gemeinsam im Campus des Konzerns. Wer sie nach ihren Eindrücken der vergangenen Wochen fragt, der blickt in hochzufriedene Gesichter. „I love it“, sagt Shane Reim. „Ich liebe es“. Er sei zum ersten Mal in Deutschland und habe entdeckt, dass die Kultur jenseits des Atlantiks ganz anders sei als bei ihm Zuhause. „Die Gebäude, die Geschichte, das Essen: Ich habe hier viel gelernt“, sagt er.
Und auch Gymnasiast Elias Burghoff ist begeistert von dem Programm: „Der Besuch in Amerika war mega cool“, sagt der Elftklässler und erinnert an die große Reise der Wermelskirchener im vergangenen Herbst nach Kentucky. „Wir sind damals auch in eine andere Kultur eingetaucht“, sagt er. „Aber vor allem haben wir Freundschaften geschlossen. Wie sind zusammengewachsen, über das Wasser hinweg. Wer hätte sich so was vor 50 Jahren vorstellen können?“
Genau das hatte sich Peter Fricke gewünscht, als er vor mehr als 20 Jahren auf seine ehemalige Englisch-Lehrerin Elke Bergmeister am Gymnasium zuging. Der Tente-Geschäftsführer wollte Jugendlichen eigene Erfahrungen im jeweils anderen Land ermöglichen. „Ich war viel in den USA unterwegs“, erzählt er im Kreis der Gäste. Er sei gerade in Chicago gewesen, als der damalige US-Präsident George Bush mit Blick auf den Irak die „Achse des Bösen“ausrief und die Welt in zwei Lager teilte: Gut und Böse. Deutschland zog bei den Angriffen auf den Irak nicht mit. „Und plötzlich waren wir böse“, erinnert Fricke.
Damals habe er sich eine Frage gestellt: „Was kann ich tun, um diese Situation zu verändern?“Gemeinsam mit Elke Bergmeister hob er das Austauschprogramm für Schüler aus der Taufe. Und weil „Tente“eine Tochtergesellschaft in Kentucky hat, war schnell eine Highschool mit eigenem Deutschprogramm gefunden.
Um die Finanzierung des Austauschs kümmert sich seitdem überwiegend die Dietrich-FrickeStiftung. „Wegen dieser Geschichte seid ihr heute hier“, sagt Peter Fricke am Freitagmorgen. Er wünsche sich, dass die Schüler Deutschland selbst erleben, sich ihre eigene Meinung bilden.
Bei „Tente“haben Peter Fricke und seine Mitarbeiter ein buntes Programm für die Schüler vorbereitet. Führungen im Campus gehören genauso dazu wie eine Werksführung, bei der sich die Schüler und ihre Lehrer auf die Spur der Rollen machen. „Und wir essen zusammen“, sagt Philip Sprenga von „Tente“. Essen verbinde schließlich.
Um die Verbindungen zwischen den Schülern aus Kentucky und dem Gymnasium macht sich der Gymnasiallehrer Sanjiin Selimovic unterdessen nach diesen drei Wochen keine Sorgen. Mit Kollegin Franziska Ovenhausen organisiert er den Austausch in diesem Jahr: „Wir merken, wie die Jugendlichen von diesen Begegnungen profitieren, wie sie die Freundschaften häufig über Jahre pflegen und wie stark sie dieser Austausch motiviert“, sagt Selimovic.
Das Interesse der Zehntklässler sei jedes Jahr riesig: Rund 50 Bewerbungen auf 20 Plätze gebe es in jedem Schuljahr. Dann entscheidet das Los. In Kentucky melden sich zwischen zwölf und 17 Schüler für den Austausch. „Viele der Jugendlichen dort haben ihr Land zuvor noch nie verlassen. Es ist eine andere Situation“, stellt Sanjiin Selimovic fest. Wer aber Shane Reim fragt, was er von dem Austausch halte, der bekommt eine klare Antwort: „Für mich war das eine richtig gute Erfahrung“.