Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Stadt sieht Geflüchteten-Bezahlkarte positiv
Die Änderung des Prozedere könnte die Bürokratie entlasten und Missbrauch verhindern – wenn denn die Rahmenbedingungen stimmen. Und es gibt auch Gründe, die gegen eine Bezahlkarte sprechen.
HÜCKESWAGEN Noch ist nichts entschieden, obwohl im Grunde genommen schon seit November eine Einigung auf Bundes- und Länderebene getroffen ist. Dennoch gibt es sie bereits, etwa in Hamburg, als Pilotprojekt: die Bezahlkarte für geflüchtete Menschen. Diese sollen so künftig einen Teil der ihnen zustehenden Leistungen auf einer Geldkarte statt als Bargeld zur Verfügung haben. Dafür sollte es dann auf Landesebene einheitliche Standards geben. Soweit die Theorie. Die Praxis dagegen passiert immer vor Ort, in den Kommunen, in denen die geflüchteten Menschen leben. Daher lohnt auch zu diesem Zeitpunkt, vor einer möglichen Einführung des Bezahlkartensystems, die Nachfrage bei der Stadtverwaltung. Ansprechpartner ist Sozialarbeiter Mario Moritz, der in seiner Stabsstelle auch für geflüchtete Menschen zuständig ist.
Moritz ist der Ansicht, dass eine Bezahlkarte ein zeitgemäßer Weg der Leistungsgewährung sein kann. „Zumindest dann, wenn man die Umsetzungsdetails kennt – vorher kann man das nicht belastbar bewerten“, schränkt er ein. Erkennbar sei jedoch, dass administrative Vorgänge bei der Auszahlung der Sozialleistungen dadurch vereinfacht werden könnten. „Außerdem könnte sie auch einen wirksamen Mechanismus zur Verhinderung des Missbrauchs dieser Leistungen darstellen“, betont Moritz. Die Stadtverwaltung steht der möglichen Einführung „prinzipiell positiv und aufgeschlossen“gegenüber, wenn diese „im richtigen Rahmen erfolgt und eine Entlastung für die Sozialämter mit sich bringt“.
Dort werden sowohl die Vor- als auch die Nachteile der Karte gesehen. „Sie vereinheitlich die Leistungsauszahlung“, sagt Moritz. „Das kann eine länderübergreifende Konsistenz ins Sozialsystem bringen, in deren Folge unerwünschte Wohnortwechsel wegen unterschiedlicher Leistungssysteme vermieden werden könnten.“In Zeiten der immer schlimmer werdenden Bürokratisierung könnten auf diese Weise auch administrative Prozesse im Sozialamt vereinfacht werden. „Abgesehen davon ist ein guter Effekt, dass die Leistungen so nicht mehr in die Hände krimineller Schlepperbanden gelangen können“, sagt der Sozialarbeiter.
Allerdings müsse man auch die Realitäten des deutschen Markts im Blick behalten. „Nicht überall kann man schließlich mit Karte zahlen. Deswegen sollten Bargeldabhebungen bis zu einem gewissen Grad weiter möglich bleiben“, appelliert Moritz. Wichtig sei auch, die Karte nicht regional zu beschränken und vor allem die rechtlichen Rahmenbedingungen zu klären.
Ein Grund, der gegen die Bezahlkarte angebracht wird, ist, dass sie diskriminierend wirken könnte. „Hinsichtlich der Bedenken, dass eine solche Karte als diskriminierend wahrgenommen werden könnte, ist es von größter Bedeutung, dass die Umsetzung der Karte die Anonymität der Nutzer wahrt“, betont Sozialarbeiter Mario Moritz. Entscheidend sei zudem, dass die Karte keine reine Sachleistung darstelle und somit den Betroffenen mit einer Bleibeperspektive die Möglichkeit gebe, ein selbstbestimmtes Leben zu führen.