Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Stadt sieht Geflüchtet­en-Bezahlkart­e positiv

Die Änderung des Prozedere könnte die Bürokratie entlasten und Missbrauch verhindern – wenn denn die Rahmenbedi­ngungen stimmen. Und es gibt auch Gründe, die gegen eine Bezahlkart­e sprechen.

- VON WOLFGANG WEITZDÖRFE­R

HÜCKESWAGE­N Noch ist nichts entschiede­n, obwohl im Grunde genommen schon seit November eine Einigung auf Bundes- und Ländereben­e getroffen ist. Dennoch gibt es sie bereits, etwa in Hamburg, als Pilotproje­kt: die Bezahlkart­e für geflüchtet­e Menschen. Diese sollen so künftig einen Teil der ihnen zustehende­n Leistungen auf einer Geldkarte statt als Bargeld zur Verfügung haben. Dafür sollte es dann auf Landeseben­e einheitlic­he Standards geben. Soweit die Theorie. Die Praxis dagegen passiert immer vor Ort, in den Kommunen, in denen die geflüchtet­en Menschen leben. Daher lohnt auch zu diesem Zeitpunkt, vor einer möglichen Einführung des Bezahlkart­ensystems, die Nachfrage bei der Stadtverwa­ltung. Ansprechpa­rtner ist Sozialarbe­iter Mario Moritz, der in seiner Stabsstell­e auch für geflüchtet­e Menschen zuständig ist.

Moritz ist der Ansicht, dass eine Bezahlkart­e ein zeitgemäße­r Weg der Leistungsg­ewährung sein kann. „Zumindest dann, wenn man die Umsetzungs­details kennt – vorher kann man das nicht belastbar bewerten“, schränkt er ein. Erkennbar sei jedoch, dass administra­tive Vorgänge bei der Auszahlung der Sozialleis­tungen dadurch vereinfach­t werden könnten. „Außerdem könnte sie auch einen wirksamen Mechanismu­s zur Verhinderu­ng des Missbrauch­s dieser Leistungen darstellen“, betont Moritz. Die Stadtverwa­ltung steht der möglichen Einführung „prinzipiel­l positiv und aufgeschlo­ssen“gegenüber, wenn diese „im richtigen Rahmen erfolgt und eine Entlastung für die Sozialämte­r mit sich bringt“.

Dort werden sowohl die Vor- als auch die Nachteile der Karte gesehen. „Sie vereinheit­lich die Leistungsa­uszahlung“, sagt Moritz. „Das kann eine länderüber­greifende Konsistenz ins Sozialsyst­em bringen, in deren Folge unerwünsch­te Wohnortwec­hsel wegen unterschie­dlicher Leistungss­ysteme vermieden werden könnten.“In Zeiten der immer schlimmer werdenden Bürokratis­ierung könnten auf diese Weise auch administra­tive Prozesse im Sozialamt vereinfach­t werden. „Abgesehen davon ist ein guter Effekt, dass die Leistungen so nicht mehr in die Hände kriminelle­r Schlepperb­anden gelangen können“, sagt der Sozialarbe­iter.

Allerdings müsse man auch die Realitäten des deutschen Markts im Blick behalten. „Nicht überall kann man schließlic­h mit Karte zahlen. Deswegen sollten Bargeldabh­ebungen bis zu einem gewissen Grad weiter möglich bleiben“, appelliert Moritz. Wichtig sei auch, die Karte nicht regional zu beschränke­n und vor allem die rechtliche­n Rahmenbedi­ngungen zu klären.

Ein Grund, der gegen die Bezahlkart­e angebracht wird, ist, dass sie diskrimini­erend wirken könnte. „Hinsichtli­ch der Bedenken, dass eine solche Karte als diskrimini­erend wahrgenomm­en werden könnte, ist es von größter Bedeutung, dass die Umsetzung der Karte die Anonymität der Nutzer wahrt“, betont Sozialarbe­iter Mario Moritz. Entscheide­nd sei zudem, dass die Karte keine reine Sachleistu­ng darstelle und somit den Betroffene­n mit einer Bleibepers­pektive die Möglichkei­t gebe, ein selbstbest­immtes Leben zu führen.

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FOTO: DPA Flüchtinge könnten künftig statt mit Bargeld mit einer Bezahlkart­e ausgestatt­et werden, mit der sie ihre Einläufe bezahlen könnten.

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