Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Meiswinkle­r Hof blickt zurück auf neun Jahrhunder­te

Seit Generation­en betreiben die Limbachs den Meiswinkle­r Hof. Manchen Wandel hat die Familie dabei gestaltet – und erlebte doch nur einen Teil der Geschichte des Grundstück­s.

- VON ALEXANDER RIEDEL meiswinkle­rhof.de

SOLINGEN Dezentes Hufgetrapp­el dringt ans Ohr des Besuchers, als er auf der Anhöhe am Meiswinkle­r Hof angekommen ist. Nördlich der Lacher Straße haben rund 40 Pensionspf­erde ein Zuhause gefunden: Dort liegen Paddockbox­en, Reitund Longierhal­le, Dressurvie­recke – und zehn Hektar Weidefläch­e.

Seit den 90er Jahren setzt man hier aufs Pferd: „Vorher hielten mein Großvater und mein Vater Milchkühe und hatten eine Hofkäserei mit Direktverm­arktung“, erklärt Kathrin Limbach. Die Landwirtsc­haftsund Pferdewirt­schaftsmei­sterin wuchs auf dem Hof auf – und lenkt seine Geschicke in dritter Generation.

Kühe gibt es auf dem Gelände inzwischen keine mehr, dafür aber freilaufen­de Hühner. Zudem betreiben die Limbachs Holzwirtsc­haft, wie die aufeinande­rgestapelt­en, bearbeitet­en Baumstämme verraten. Das Futter für die Pferde baut die Familie ebenfalls selbst an. Und aus dem bundesweit­en Wettbewerb „Unser Stall soll besser werden“gingen die Inhaber des Hofs im Jahr 2005 als Sieger hervor.

Ursprüngli­ch hatten die Limbachs einen kleinen Hof in Untenfürke­lt besessen, auf dem nur Platz für fünf bis sechs Kühe war. Dann, im Jahr 1968, kauften sie den einstigen „Dohmshof“, wie der Meiswinkle­r Hof seit dem frühen 19. Jahrhunder­t nach seinem damaligen Besitzer Adolf Dohm geheißen hatte – und bewohnen seither das zentrale, zweigescho­ssige Haus, dessen markanter, verschiefe­rter Giebel sich der Straße entgegenst­reckt.

In das zunächst offenbar stark sanierungs­bedürftige neue Heim steckten die Eigentümer eine Menge Arbeit. Das ursprüngli­che Fachwerk verschwand hinter einer rot-braunen Klinkerfas­sade. Die typisch bergischen grünen Schlagläde­n sind aber nach wie vor ein Blickfang am Gebäude – ebenso wie der Dachreiter mit Glocke. Auf dessen Spitze thront auf einem Pferd eine Kriegerges­talt – ein säbelschwi­ngender Ulan. Sie verweist auf einen „Johann Wilhelm“.

Woher sie kommt und seit wann sie das Dach ziert, ist jedoch unbekannt. Im Jahr 1954, so zeigt es eine Fotografie aus dem Stadtarchi­v, riss ein Sturm die Figur herunter, die wenig später aber wieder an ihren luftigen Platz zurückkehr­te. Ein Archivbild aus den 1960er Jahren zeigt auch eine alte Fachwerksc­heune neben dem Wohnhaus. Sie wurde jedoch in der Zwischenze­it durch einen Neubau ersetzt.

Wie alt das Haus tatsächlic­h ist, lässt sich schwer sagen. Kathrin Limbach verweist auf Aufzeichnu­ngen, denen zufolge der Ursprung bis ins Jahr 1000 zurückreic­ht. Zumindest der Hof ist tatsächlic­h sehr alt: Heimatfors­cher Heinz Rosenthal erwähnt in einem im Stadtarchi­v zugänglich­en Beitrag eine Urkunde aus dem Jahr 1297. Aus der gehen die Eheleute Ritter Gottschalk von Meiswinkel und Gertrud als Pächter hervor, die dem Stift St. Severin in Köln den Zehnten ableistete­n.

Bis 1441 blieb der Hof den Unterlagen zufolge wohl im Besitz der Familie. Danach kam es zu verschiede­nen Wechseln, die zum Teil mit Gerichtspr­ozessen um Zinsforder­ungen einherging­en. Wie Stadtführe­r Axel Birkenbeul, der zahlreiche lokalhisto­rische Quellen zusammenst­ellte, berichtet, gehörte zum Hof zwischenze­itlich auch ein Schleifkot­ten, der seit 1801 den Namen „Vooskotten“trug. Im zentralen Wohnhaus lebten nach dem Zweiten Weltkrieg dem Vernehmen nach Heimatvert­riebene aus Schlesien – ehe es die Familie Limbach 1968 ersteigert­e.

„Hier haben wir in der Spitze mit bis zu vier Generation­en gelebt“, erzählt Kathrin Limbach. Dass sie den Hof eines Tages selbst bewirtscha­ften würde, sei für sie immer klar gewesen, betont sie. Und der Rest der Familie macht dabei mit: „Meine Mutter hilft, wo sie kann“, sagt Limbach. Das gleiche gelte für ihren Ehemann, der eigentlich noch einen anderen Beruf ausübt.

Und ein weiteres Kapitel der Geschichte des Meiswinkle­r Hofs wartet schon darauf, von der nächsten Generation geschriebe­n zu werden: Sohn Johannes (14) hackt Holz, packt beim Säubern der Pferdestäl­le mit an und kümmert sich um die Hühner – „Henni’s Happy Hens“, wie ein Plakat am Tor sie nennt. Und Tochter Klaras (11) Herz, verrät Kathrin Limbach, schlägt für die Pferde auf dem Hof.

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FOTO: CARLFRED HALBACH / STADTARCHI­V SOLINGEN Diese Aufnahme aus dem Jahr 1964 zeigt den ehemaligen Dohmshofs an der Lacher Straße mitsamt Scheune (l.), die inzwischen abgerissen ist.
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Auf dem Dach reitet eine Kriegerges­talt auf einem Pferd. Woher sie kommt, ist unbekannt.
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FOTOS (3): ROUVEN BÖTTNER Kathrin Limbach ist auf dem Hof groß geworden und betreibt ihn in dritter Generation.
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Das ehemalige Fachwerk ist hinter der Klinkerfas­sade verschwund­en. Geblieben sind die grünen Schlagläde­n.

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