Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Es gab auch gute und schöne Momente
Wermelskirchens Bürgermeisterin lässt im ersten Teil des Interviews das Jahr noch einmal Revue passieren und blickt nach vorne.
Wermelskirchens Bürgermeisterin Marion Lück blickt zurück auf das Jahr und wagt einen Ausblick auf 2023: Was ihr wichtig ist und war, wo sie Schwierigkeiten sieht und was aus ihrer Sicht nur schwer einschätzbar ist. Im ersten Teil des Interviews mit der Bergischen Morgenpost geht es vor allem um das „liebe Geld“, aber auch darum, wie die Bürgermeisterin den Silvester-Abend verbringt.
Corona, Hochwasser, Ukraine, Energie – das sind Themen, auf die Sie reagieren mussten. Das hat viel Handlungsspielraum verlangt. Wo sehen Sie für sich noch Spielraum zu agieren? Welche Themen liegen Ihnen am Herzen, die Sie anstoßen und umsetzen wollen?
Mir liegen generell alle Themen am Herzen, die mit der Stadt zu tun haben und die die Lebensqualität in der Stadt verbessern. Wir mussten schnell auf die KrisenThemen reagieren, was uns auch gelungen ist, ohne dabei die anderen Themen wie Stadtentwicklung, Planung der neuen Gesamtschule, Vorbereitung auf das neue Wohngeld etc. außer Acht zu lassen. Von daher war es in der Verwaltung wirklich ein sehr anstrengendes Jahr. Beim Blick in die direkte Zukunft ist mir wichtig, dass die Gesamtschule gegründet werden kann, weil ich in der Schule eine große Chance für die Kinder unserer Stadt sehe. Außerdem ist mir das Thema Mobilität sehr wichtig, denn wir brauchen eine Verkehrswende, wenn wir wesentliche Schritte in Sachen Klimaschutz machen wollen. Das ist aber sicherlich eher ein Thema für die nächsten fünf bis zehn Jahre.
In Sachen Kreishaushalt haben Sie sich zuletzt sehr deutlich positioniert. Dennoch fand die gemeinsame Position der Bürgermeister gegen die deutliche Erhöhung der Stellenzahl im Kreis kein Gehör. Ist diese Schlacht aus Ihrer Sicht durch die Entscheidung des Kreistags nun verloren oder anders gefragt: Wird die Stadt Wermelskirchen in der Folge dieser Entscheidung zu Steuererhöhungen gezwungen sein?
Ja, die Schlacht ist aus meiner Sicht verloren. Es hat bei der Entscheidung im Kreis leider keinerlei Rolle gespielt, was die kreisangehörigen Kommunen sagen. Insofern wird diese Entscheidung, die die Koalition aus CDU und Grünen im Kreistag gegen die Stimmen der anderen beschlossen hat, leider auf Dauer auch zur Konsequenz haben, dass hierfür die Steuern erhöht werden müssen. Nicht sofort, denn erst mal wird der Kreis sich aus der Ausgleichsrücklage bedienen. Aber die wird durch die 90 zusätzlichen Stellen natürlich sehr schnell leer gesaugt werden.
Wie steht es um den Haushalt der Stadt? Das Haushaltssicherungskonzept ist formell beendet, wie jüngst bestätigt wurde. Dennoch: Für 2022 war nur ein kleiner Überschuss kalkuliert. Wird es einen Überschuss geben und wie hoch ist der einzuschätzen?
Das kann ich aktuell noch nicht genau sagen, weil wir auf den letzten Metern jetzt doch noch Geld vom Land bekommen. Dadurch haben wir einen Überschuss, der wohl im niedrigen siebenstelligen Bereich liegen wird. Allerdings ist es Geld, was wir dringend als Rücklage benötigen, da 2023 aller Voraussicht nach sehr schwierig wird.
Wie viele Schulden hat Wermelskirchen in den sogenannten CoronaSchatten-Haushalt eingestellt, der ab 2025 zurückzuzahlen ist und dann den Haushalt belastet? Ist davon auszugehen, dass weitere Positionen,
zum Beispiel Energiekrise, in diesem Schatten-Haushalt landen, um eine kurzfristige Entlastung zu erzielen? Eigentlich kann eine Belastung der kommenden Generationen nicht in Ihrem Sinne sein?
Natürlich ist das nicht in meinem Sinne, die kommenden Generationen zu belasten. Deshalb sind wir dabei so zurückhaltend wie irgend möglich. Aktuell sind rund zehn Millionen Euro in diesem besonderen Topf. Mit Blick auf das Jahr 2023, das sich als sehr schwierig und leider auch als schlecht kalkulierbar abzeichnet, gehen wir davon aus, dass weitere Millionen in dem Topf landen werden.
Sie finden regelmäßig mahnende Worte und appellieren zur Haushaltsdisziplin. Wie „eng“stellt sich der Haushalt in der nächsten Zeit in Wermelskirchen aus Ihrer Sicht dar? Gibt es überhaupt noch finanzielle Spielräume? Muss sich über Ausgaben von 500, 5000, 50.000 oder 500.000 Euro Gedanken gemacht
werden? Muss sich Wermelskirchen auf die Erfüllung von Pflichtaufgaben beschränken, welche freiwilligen Leistungen kann sich Wermelskirchen leisten? Von welchen freiwilligen Leistungen wollen Sie auf keinen Fall Abstand nehmen?
Vieles wird davon abhängig sein, wie 2023 tatsächlich wird. Momentan kriegen wir von vielen Firmen die Rückmeldung, dass sie im kommenden Jahr deutlich weniger Gewerbesteuer zahlen können. Wir reden dabei über mehrere Millionen Euro. Das wird uns hart treffen. Deshalb kann aus meiner Sicht die Marschroute nur sein, dass wir die freiwilligen Leistungen beibehalten, wie sie sind, um das, was unsere Stadt besonders lebenswert macht, zu erhalten. Das bedeutet aber leider auch, dass wir sie eben nicht ausweiten können. Ziel muss sein, unseren Kindern und Enkelkindern nicht noch mehr finanzielle Belastungen aufzubürden. In der Konsequenz werden wir uns über alle zusätzlichen freiwilligen Ausgaben
über 1000 Euro unterhalten müssen.
Wenn Sie einen Vergleich mit anderen vergleichbar großen Kommunen ziehen, wie gut oder schlecht steht Wermelskirchen aus Ihrer Sicht da?
Der Vergleich ist nicht ganz so einfach, denn nicht jede Stadt in unserer Größenordnung hat zum Beispiel Kindergärten in eigener Trägerschaft oder eine Feuer- und Rettungswache in dieser Größe. Ich kenne allerdings ähnlich große Kommunen, die knapp 200 Stellen bei der Kernverwaltung mehr haben als wir. Generell liegen wir im Mittelfeld, das zeigt der Prüfbericht der Gemeindeprüfungsanstalt.
Was waren für Sie Highlights im Jahr 2022? Was hat Sie als Bürgermeisterin und auch persönlich besonders gefreut und vielleicht auch den hektischen Alltag erleichtert? Hat es auch Momente gegeben, die das Gegenteil abgebildet und in denen Sie gedacht haben „Nicht das
auch noch“?
2022 war wesentlich geprägt von Krisen. Insofern habe ich ehrlicherweise schon so manches Mal gedacht: „Nicht das auch noch“. Aber man darf dabei nie aus dem Blick verlieren, was auch alles an guten, schönen Dingen passiert ist. Da gab es eine Menge Highlights, kleine wie große. Besonders positiv sind mir alle Veranstaltungen in Erinnerung geblieben, bei denen wir endlich wieder gemeinsam unbeschwert feiern und uns in die Arme nehmen konnten: Rock am Markt, Dorffest Dabringhausen, Kirmes in Dhünn und Wermelskirchen, Auftakt Karneval, Lichterfahrt der Bauern etc.
Verraten Sie unseren Leserinnen und Lesern, wie Sie den SilvesterAbend verbringen?
Ich verbringe den SilvesterAbend mit Freundinnen, gutem Essen und hoffentlich guter Musik.