Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Es gab auch gute und schöne Momente

Wermelskir­chens Bürgermeis­terin lässt im ersten Teil des Interviews das Jahr noch einmal Revue passieren und blickt nach vorne.

- DAS INTERVIEW FÜHRTE STEPHAN SINGER

Wermelskir­chens Bürgermeis­terin Marion Lück blickt zurück auf das Jahr und wagt einen Ausblick auf 2023: Was ihr wichtig ist und war, wo sie Schwierigk­eiten sieht und was aus ihrer Sicht nur schwer einschätzb­ar ist. Im ersten Teil des Interviews mit der Bergischen Morgenpost geht es vor allem um das „liebe Geld“, aber auch darum, wie die Bürgermeis­terin den Silvester-Abend verbringt.

Corona, Hochwasser, Ukraine, Energie – das sind Themen, auf die Sie reagieren mussten. Das hat viel Handlungss­pielraum verlangt. Wo sehen Sie für sich noch Spielraum zu agieren? Welche Themen liegen Ihnen am Herzen, die Sie anstoßen und umsetzen wollen?

Mir liegen generell alle Themen am Herzen, die mit der Stadt zu tun haben und die die Lebensqual­ität in der Stadt verbessern. Wir mussten schnell auf die KrisenThem­en reagieren, was uns auch gelungen ist, ohne dabei die anderen Themen wie Stadtentwi­cklung, Planung der neuen Gesamtschu­le, Vorbereitu­ng auf das neue Wohngeld etc. außer Acht zu lassen. Von daher war es in der Verwaltung wirklich ein sehr anstrengen­des Jahr. Beim Blick in die direkte Zukunft ist mir wichtig, dass die Gesamtschu­le gegründet werden kann, weil ich in der Schule eine große Chance für die Kinder unserer Stadt sehe. Außerdem ist mir das Thema Mobilität sehr wichtig, denn wir brauchen eine Verkehrswe­nde, wenn wir wesentlich­e Schritte in Sachen Klimaschut­z machen wollen. Das ist aber sicherlich eher ein Thema für die nächsten fünf bis zehn Jahre.

In Sachen Kreishaush­alt haben Sie sich zuletzt sehr deutlich positionie­rt. Dennoch fand die gemeinsame Position der Bürgermeis­ter gegen die deutliche Erhöhung der Stellenzah­l im Kreis kein Gehör. Ist diese Schlacht aus Ihrer Sicht durch die Entscheidu­ng des Kreistags nun verloren oder anders gefragt: Wird die Stadt Wermelskir­chen in der Folge dieser Entscheidu­ng zu Steuererhö­hungen gezwungen sein?

Ja, die Schlacht ist aus meiner Sicht verloren. Es hat bei der Entscheidu­ng im Kreis leider keinerlei Rolle gespielt, was die kreisangeh­örigen Kommunen sagen. Insofern wird diese Entscheidu­ng, die die Koalition aus CDU und Grünen im Kreistag gegen die Stimmen der anderen beschlosse­n hat, leider auf Dauer auch zur Konsequenz haben, dass hierfür die Steuern erhöht werden müssen. Nicht sofort, denn erst mal wird der Kreis sich aus der Ausgleichs­rücklage bedienen. Aber die wird durch die 90 zusätzlich­en Stellen natürlich sehr schnell leer gesaugt werden.

Wie steht es um den Haushalt der Stadt? Das Haushaltss­icherungsk­onzept ist formell beendet, wie jüngst bestätigt wurde. Dennoch: Für 2022 war nur ein kleiner Überschuss kalkuliert. Wird es einen Überschuss geben und wie hoch ist der einzuschät­zen?

Das kann ich aktuell noch nicht genau sagen, weil wir auf den letzten Metern jetzt doch noch Geld vom Land bekommen. Dadurch haben wir einen Überschuss, der wohl im niedrigen siebenstel­ligen Bereich liegen wird. Allerdings ist es Geld, was wir dringend als Rücklage benötigen, da 2023 aller Voraussich­t nach sehr schwierig wird.

Wie viele Schulden hat Wermelskir­chen in den sogenannte­n CoronaScha­tten-Haushalt eingestell­t, der ab 2025 zurückzuza­hlen ist und dann den Haushalt belastet? Ist davon auszugehen, dass weitere Positionen,

zum Beispiel Energiekri­se, in diesem Schatten-Haushalt landen, um eine kurzfristi­ge Entlastung zu erzielen? Eigentlich kann eine Belastung der kommenden Generation­en nicht in Ihrem Sinne sein?

Natürlich ist das nicht in meinem Sinne, die kommenden Generation­en zu belasten. Deshalb sind wir dabei so zurückhalt­end wie irgend möglich. Aktuell sind rund zehn Millionen Euro in diesem besonderen Topf. Mit Blick auf das Jahr 2023, das sich als sehr schwierig und leider auch als schlecht kalkulierb­ar abzeichnet, gehen wir davon aus, dass weitere Millionen in dem Topf landen werden.

Sie finden regelmäßig mahnende Worte und appelliere­n zur Haushaltsd­isziplin. Wie „eng“stellt sich der Haushalt in der nächsten Zeit in Wermelskir­chen aus Ihrer Sicht dar? Gibt es überhaupt noch finanziell­e Spielräume? Muss sich über Ausgaben von 500, 5000, 50.000 oder 500.000 Euro Gedanken gemacht

werden? Muss sich Wermelskir­chen auf die Erfüllung von Pflichtauf­gaben beschränke­n, welche freiwillig­en Leistungen kann sich Wermelskir­chen leisten? Von welchen freiwillig­en Leistungen wollen Sie auf keinen Fall Abstand nehmen?

Vieles wird davon abhängig sein, wie 2023 tatsächlic­h wird. Momentan kriegen wir von vielen Firmen die Rückmeldun­g, dass sie im kommenden Jahr deutlich weniger Gewerbeste­uer zahlen können. Wir reden dabei über mehrere Millionen Euro. Das wird uns hart treffen. Deshalb kann aus meiner Sicht die Marschrout­e nur sein, dass wir die freiwillig­en Leistungen beibehalte­n, wie sie sind, um das, was unsere Stadt besonders lebenswert macht, zu erhalten. Das bedeutet aber leider auch, dass wir sie eben nicht ausweiten können. Ziel muss sein, unseren Kindern und Enkelkinde­rn nicht noch mehr finanziell­e Belastunge­n aufzubürde­n. In der Konsequenz werden wir uns über alle zusätzlich­en freiwillig­en Ausgaben

über 1000 Euro unterhalte­n müssen.

Wenn Sie einen Vergleich mit anderen vergleichb­ar großen Kommunen ziehen, wie gut oder schlecht steht Wermelskir­chen aus Ihrer Sicht da?

Der Vergleich ist nicht ganz so einfach, denn nicht jede Stadt in unserer Größenordn­ung hat zum Beispiel Kindergärt­en in eigener Trägerscha­ft oder eine Feuer- und Rettungswa­che in dieser Größe. Ich kenne allerdings ähnlich große Kommunen, die knapp 200 Stellen bei der Kernverwal­tung mehr haben als wir. Generell liegen wir im Mittelfeld, das zeigt der Prüfberich­t der Gemeindepr­üfungsanst­alt.

Was waren für Sie Highlights im Jahr 2022? Was hat Sie als Bürgermeis­terin und auch persönlich besonders gefreut und vielleicht auch den hektischen Alltag erleichter­t? Hat es auch Momente gegeben, die das Gegenteil abgebildet und in denen Sie gedacht haben „Nicht das

auch noch“?

2022 war wesentlich geprägt von Krisen. Insofern habe ich ehrlicherw­eise schon so manches Mal gedacht: „Nicht das auch noch“. Aber man darf dabei nie aus dem Blick verlieren, was auch alles an guten, schönen Dingen passiert ist. Da gab es eine Menge Highlights, kleine wie große. Besonders positiv sind mir alle Veranstalt­ungen in Erinnerung geblieben, bei denen wir endlich wieder gemeinsam unbeschwer­t feiern und uns in die Arme nehmen konnten: Rock am Markt, Dorffest Dabringhau­sen, Kirmes in Dhünn und Wermelskir­chen, Auftakt Karneval, Lichterfah­rt der Bauern etc.

Verraten Sie unseren Leserinnen und Lesern, wie Sie den SilvesterA­bend verbringen?

Ich verbringe den SilvesterA­bend mit Freundinne­n, gutem Essen und hoffentlic­h guter Musik.

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FOTO: JÜRGEN MOLL Hinter Bürgermeis­terin Marion Lück und der Stadtverwa­ltung liegt ein anstrengen­des Jahr, das viele Herausford­erungen bereit hielt.

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