Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Merz und Merkel – entsteht da was Neues?
Ihr Verhältnis war lange Zeit keins. Inzwischen schreibt man sich mal eine SMS oder telefoniert.
Im Moment sind beide lädiert, körperlich. CDU-Chef Friedrich Merz laboriert an seinem Schlüsselbeinbruch nach einem Sturz, er muss den Arm aber nicht mehr nur in der Schlinge tragen. Altkanzlerin Angela Merkel brauchte zuletzt Krücken, weil sie sich eine schwere Kniegelenksverletzung zugezogen hatte. Manch einer in Berlin sprach sogar von Beinbruch. Wie dem auch sei, wenn Merz und Merkel am nächsten Dienstag offiziell aufeinandertreffen, würde die Krankheitsgeschichte dazu taugen, eine mögliche Sprachlosigkeit zu überbrücken.
Vertraute von Merz weisen freilich darauf hin, dass über vieles aus der Vergangenheit „längst Gras gewachsen ist“. Zum Beispiel, dass Merkel auf dem Weg zur Macht Merz einst als Fraktionschef schasste und der sich dann vergrätzt aus der Politik zurückzog. Und es gibt noch mehr Gründe, warum Merz und Merkel bei der Eröffnungsfeier für die „Bundeskanzler-Helmut-Kohl-Stiftung“in Berlin eher harmonisch miteinander umgehen dürften. Nicht nur, weil die Kameras auf sie gerichtet sein werden.
Der aktuelle CDU-Chef und die frühere Parteivorsitzende bilden den Rahmen der Veranstaltung: Er hält zu Beginn ein Grußwort, sie die
Schlussrede. Merkel war es ja auch, die als CDU-Generalsekretärin Kohl 1999 wegen dessen Spendenaffäre vom Partei-Thron stieß und damit sein politisches Ende besiegelte. Darin liegt in der Tat eine gewisse Brisanz mit Blick auf ihre Rede.
Schon länger ist der Umgang des 66- und der 68-Jährigen etwas entkrampfter als früher. Insider sprechen von einem „entspannten Nichtverhältnis“. Freunde sind Merz und Merkel nicht, wechselseitige politische Ratgeber auch nicht. Merkel hat nicht viel von seinem Comeback gehalten; mit Blick auf ihre Nachfolge setzte sie seinerzeit auf die Saarländerin Annegret
Kramp-Karrenbauer, die es aber dann vermasselte und schnell wieder zurücktrat. Nachhaltig übel soll sie ihm nach der verlorenen Landtagswahl in Thüringen 2019 den Vorwurf genommen haben, ihre Regierung sei „grottenschlecht“. Merkel kam dann nicht zum Abendessen der früheren Vorsitzenden mit Merz, nachdem der im Januar zum Chef gewählt worden war. Termingründe. Oder doch eine späte Retourkutsche?
Einer, der sie gut kennt, sagt: „Merkel steht mittlerweile souverän drüber über der Personalie Merz.“Außerdem dürfte die an einem Buch arbeitende Altkanzlerin zur Kenntnis
genommen haben, dass der Sauerländer die Partei zumindest stabilisiert hat in der Opposition. Merz selber, so heißt es, sehe keinen Sinn darin, den alten Konflikt weiter zu pflegen und „Scheingefechte“zu führen. Auch bestehe keine Konkurrenzsituation mehr. Im Gegenteil. Manch einer in der Union denkt eher darüber nach, ob man die Merkel-Zeit nicht offensiv kritisch aufarbeiten müsste, Stichwort Russland und Energieabhängigkeit.
Als Merz von Merkels Knieverletzung hörte, schickte er ihr eine SMS mit Genesungswünschen. Sie wiederum rief ihn dem Vernehmen nach an, um mitzuteilen, nicht zum Parteitag Anfang September in Hannover zu kommen. Wegen ihres Knies. Dass Merkel den Konvent ohnehin gemieden hätte, davon kann man ausgehen. Mit der Partei hat sie quasi bewusst abgeschlossen. Und ein Auftritt hätte sie wieder voll ins Rampenlicht gezogen – zulasten von Merz.
Was Neues entsteht da also eher nicht. Vor wenigen Wochen war sie aber mal wieder im Konrad-Adenauer-Haus, um das dortige Studio zu nutzen für eine Grußbotschaft an CDU-Urgestein Volker Bouffier. Anschließend, so wird bestätigt, traf sie sich mit Generalsekretär Mario Czaja – um dann doch ein wenig über die Partei und die neuen Herausforderungen zu plaudern.