Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Wichtige Zweitmeinung
Bei vielen Krebsdiagnosen gibt es mehrere Behandlungsalternativen. Krankenkassen bezahlen ein zweites Therapiegespräch fast immer.
Herbert K. (71) aus Remscheid fragt: „Mein Urologe hat mir empfohlen, nach der Krebsdiagnose die Prostata radikal entfernen zu lassen. Im Internet habe ich dann aber auch gesehen, dass man nicht jeden Tumor sofort operieren muss. Was soll ich tun?“
Peter Albers Besonders bei Krebserkrankungen stellt sich häufig die Frage nach der angemessenen Therapie, denn es gibt meist Behandlungsalternativen. Dies ist anders als bei anderen Erkrankungen wie etwa offenen Knochenbrüchen, die immer operiert werden müssen. Viele Krebserkrankungen verlaufen über Jahre und müssen nicht immer sofort und radikal behandelt werden.
Der Prostatakrebs ist eine dieser Krebserkrankungen, der bei jedem zweiten Patienten sehr langsam wächst. Nicht nur die Deutsche Krebsgesellschaft (DKG), sondern auch fast alle Krankenkassen empfehlen, vor einer gravierenden Therapieentscheidung wie einer radikalen Prostataoperation eine Zweitmeinung einzuholen. Bei den meisten wichtigen Entscheidungen im Leben macht dies jeder, ohne darüber nachzudenken; selbst Vergleiche bei einem Autokauf sind üblich.
Es geht bei der Zweitmeinung nicht um Misstrauen gegenüber der Erstempfehlung, es geht um die Absicherung der Entscheidung beim betroffenen Patienten und das Abwägen
unter Hinzuziehung vielleicht auch anderer Aspekte (etwa neue Therapieformen in klinischen Studien). In Deutschland haben sich die onkologischen Zentren verpflichtet, diese Zweitmeinung für den Patienten kostenfrei durch Abrechnung über die Krankenkasse anzubieten. Für das Prostatakarzinom wäre dies eines der mehr als 100 von der DKG zertifizierten Prostatakarzinomzentren.
Wie bekomme ich die Zweitmeinung, und wie sage ich es meinem Arzt? Eine Übersicht findet sich unter www.krebsgesellschaft.de. Über 30 Krankenkassen sind beteiligt und bezahlen diese Zweitmeinung für ihre Patienten. Die AOK Rheinland/ Hamburg hat zum Beispiel in unserer Region für jede Krebserkrankung einen Experten benannt, bei dem man sich kostenfrei persönlich vorstellen kann. Man muss auch keine Angst haben, danach zu fragen.
Üblicherweise unterstützt der erstempfehlende, meist niedergelassene Arzt diese Zweitmeinung, denn bei der Zeitknappheit in der ambulanten Versorgung sind diese ausführlichen Gespräche sehr sinnvoll, um am Ende einen zufriedenen, gut informierten Patienten betreuen zu können.