Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Motiv Frauenhass?

Bei einem grausamen Mord legt sich Kommissari­n Lena Odenthal früh auf einen Täter fest.

- VON MARLEN KESS

Lena gespielt von Ulrike Folkerts, ist die dienstälte­ste Kommissari­n im „Tatort“-Kosmos, seit mehr als 30 Jahren schon ermittelt sie im Südwesten. Damals war Folkerts die erste Frau in der Männerdomä­nWe „Tatort“und bahnbreche­nd für das deutsche Fernsehen; bei der Polizei Ludwigshaf­en hat ihre Figur inzwischen zwar die Fallanalyt­ikerin Johanna Stern (Lisa Bitter) an ihrer Seite, dennoch ist auch hier der Konflikt, als Frau in einer von Männern djuobmiliä­nuiemrten Welt zu bestehen, stets präsent. Immer wieder hat Odenthal mit Männern zu tun, die Frauen hassen, demütigen, töten. So auch in ihrem 76. Fall, mit dem an diesem Sonntag die „Tatort“-Krimireihe aus der Sommerpaus­e zurückkehr­t.

„Das Verhör“heißt der Film und wartet mit einem Mordfall auf, der nicht leicht zu ertragen ist. Die Investment­bankerin Ann-Kathrin Werfel wird zuerst überfallen und betäubt, dann an einen Baumstamm gefesselt und bei lebendigem Leibe verbrannt. Da fehlen selbst der erfahrenen Lena Odenthal kurz die Worte. Auf der Suche nach einem Motiv stoßen die Ermittleri­nnen schnell auf den Ex-Mann der Toten, erst vor zwei Wochen hatte sie das alleinige Sorgerecht für den gemeinsame­n Sohn beantragt. Doch dessen Vater hat ein ziemlich wasserfest­es Alibi.

fnahmen aus der Überwachun­gskamera einer Tankstelle, die den Wagen eines zweiten Verdächtig­en zeigen könnten, führen Odenthal und Stern dann in die nächste MAnän-nKerdomäne, zur Bundeswehr. Hauptmann Kessler (Götz Otto, dessen

wBesetzung schon nichts Gutes erahnen lässt) bestreitet zwar, die Tote zu kennen, lässt sich aber – zunächst als Zeuge – von Odenthal zu ebenjenem Verhör laden, dem der Film seinen Titel verdankt. Die Kommissari­n vermutet Hass auf Frauen hinter dem grausamen Mord und ist schnell überzeugt davon, dass Kessler dahinter steckt.

Doch die Beweislage ist dünn, und Kessler lässt sie auflaufen, macht sich sogar einen Spaß aus der Situation; und auch die Kollegen sind skeptisch. „In was haben Sie sich da verrannt?“, fragt etwa der Oberstaats­anwalt zwischenze­itlich sichtlich genervt. Odenthal aber gibt nicht auf, versucht, Kessler in die

Ecke zu drängen und zum Reden zu bewegen.

Leider beschränkt sich der Krimi nicht auf diese Szenen und wird nicht zum reinen Kammerspie­l. Die Dialoge und wie sie vorgetrage­n werden – in den vergangene­n Folgen häufig ein Problem der Odenthal-Krimis – sind diesmal zumindest teilweise gelungen. Etwa, wenn die Kommissari­n über Kesslers Einstellun­g zu Frauen sagt: „Mit dieser Meinung stehen Sie in unserer Gesellscha­ft ziemlich alleine da.“Und er nur ganz ruhig antwortet: „Nein, Frau Odenthal. Da irren Sie sich.“Und man als Zuschauer nicht umhin kommt zu denken, dass darin wahrschein­lich mehr Wahrheit steckt als einem lieb sein kann. Dennoch: Mit zunehmende­r Dauer dieses Krimis wird die Handlung weniger plausibel, der unvermeidb­are Showdown am Ende und die Auflösung wirken wie am Reißbrett entworfen. Wirklich nachvollzi­ehbar oder realitätsn­ah ist das Ganze nicht.

Das ist schade, gerade bei einem so relevanten Thema wie Femizid. Jeden dritten Tag stirbt in Deutschlan­d eine Frau durch die Hand ihres Partners oder Ex-Partners. Diese schier unfassbare Statistik hätte verdient gehabt, im Zentrum eines besseren Films zu stehen.

„Tatort: Das Verhör“, Das Erste, So., 20.15 Uhr

 ?? FOTO: BENOIT LINDER/SWR/ARD/DPA ?? Kommissari­n Odenthal (Ulrike Folkerts) ist sich sicher, dass Hauptmann Kessler (Götz Otto) hinter dem grausamen Mord an einer Investment­bankerin steckt.
FOTO: BENOIT LINDER/SWR/ARD/DPA Kommissari­n Odenthal (Ulrike Folkerts) ist sich sicher, dass Hauptmann Kessler (Götz Otto) hinter dem grausamen Mord an einer Investment­bankerin steckt.

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