Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Pilotenstreiks beeinträchtigen Flugverkehr
Am Freitag sind Tausende Passagiere an deutschen Airports gestrandet. Die Lufthansa betrachtet die Forderungen als zu hoch.
Viel zu tun für die Beschäftigten an den Infoschaltern: Es sind Zigtausende Passagiere, die an Drehkreuzen wie München oder Frankfurt ankommen – um sich nach Alternativen für ihren Lufthansa-Flug zu erkundigen. Von New York über Frankfurt nach Berlin etwa. Eine Französin will von Jakarta zurück nach Lyon, muss nun aber in Frankfurt stundenlang auf Anschluss warten.
Viele Touristen und Urlauberinnen auf der Durchreise sind vom Ausstand der Pilotinnen, Piloten und ersten Offiziere der KranichAirline betroffen. Auch in NRW: An den beiden großen Flughäfen im Land sind am Freitag wegen des
Streiks eine ganze Reihe von Flügen ausgefallen. Allein in Düsseldorf wurden von der Lufthansa 14 der insgesamt 26 für Freitag geplanten Starts und Landungen abgesagt, wie die Homepage des Flughafens am Nachmittag zeigte. Noch am Morgen war der Flughafen sogar davon ausgegangen, dass 18 Flüge ausfallen würden. Betroffen waren Verbindungen nach Frankfurt und München.
Am Flughafen Köln/Bonn hatte die Fluggesellschaft nach Angaben des Airports fünf von acht geplanten Starts und Landungen gestrichen. Von Köln/Bonn aus steuert die Lufthansa lediglich München an.
130.000 Passagiere sind es laut der Lufthansa deutschlandweit, die von den Streiks betroffen sind; rund 800 Flüge hat die Airline vor allem an den
Drehkreuzen München und Frankfurt gestrichen. Die Tarifgespräche zwischen Lufthansa und den Cockpitbesatzungen laufen schon seit Längerem. Mit dem Streik wollen die Kapitäninnen und Kapitäne den Druck hinter ihren Lohnforderungen erhöhen. Größter Streitpunkt ist der von der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) geforderte automatische Inflationsausgleich ab dem kommenden Jahr. „Der Inflationsausgleich ist auf jeden Fall einer der Knackpunkte. Ich glaube, die Teuerungsrate ist etwas, was in Deutschland gerade jeden umtreibt. Gleichzeitig geht es aber auch um strukturelle Fragen und auch um nicht tarifäre Fragen aus dem Manteltarifvertrag“, also um Arbeitszeiten und Fragen der Arbeitszeitverdichtung, sagte VC-Sprecher Marcel
Gröls am Freitag am Frankfurter Flughafen.
Der Konzern lehnt solche Forderungen bislang mit der Begründung ab, dass dies die Kosten für die Cockpitbesatzungen alles in allem um 40 Prozent erhöhen worden seien. Das kollidiert aus Sicht des Managements mit dem Versuch, das von Schulden belastete und gerade erst wieder in schwarze Zahlen fliegende Unternehmen nach der Corona-Krise wieder auf stabile Beine zu stellen.
Union-Fraktionschef Friedrich Merz (CDU) kritisiert den Ausstand scharf: „Nun leiden Tausende Familien, die aus dem wohlverdienten Urlaub zurückkommen, unter dem Streik der Piloten der Lufthansa“, sagte Merz unserer Redaktion am Rande der Klausurtagung des geschäftsführenden Fraktionsvorstands der Union im bayerischen Murnau. Für den Zeitpunkt des Streiks habe er kein Verständnis, erklärte Merz. „Deutschland ist in einer wirtschaftlich angespannten Lage. Der Tarifkonflikt muss am Verhandlungstisch ausgetragen werden und nicht auf dem Rücken der Reisenden“, forderte der CDU-Parteichef. „Das Streikrecht ist ein hohes Gut. Doch sollte es auch maßvoll angewendet werden“, betonte Merz.
An der Börse spiegelte sich der Unmut der gestrandeten Passagiere nicht in der Kursentwicklung wider. So erholte sich die Lufthansa-Aktie am Freitag von den Wertverlusten des Vortags fast komplett. Anleger schauen offenbar voraus und hoffen, dass es bei diesem einen Streik bleiben wird. (mit dpa)