Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Neue Partyszene am Busbahnhof

Hunderte Menschen feiern an den Wochenende­n am Busbahnhof. Anwohner beklagen Ruhestörun­g und Vandalismu­s.

- VON THERESA DEMSKI

WERMELSKIR­CHEN Manchmal steht Anja Güntermann mitten in der Nacht hellwach am Küchenfens­ter und blickt auf den Busbahnhof. Dann zeigt die Uhr 3 oder 4 Uhr, und die Besucher der benachbart­en Kneipen machen sich auf den Heimweg. „Dabei wird es dann häufig noch mal richtig laut“, sagt Anja Güntermann, „an Schlafen ist dann nicht mehr zu denken.“

Seit moderatere Corona-Regeln die Wiedereröf­fnung der Kneipen möglich gemacht haben, ist am Busbahnhof eine neue Szene entstanden. „Hunderte junge Menschen feiern dort an warmen Wochenende­n“, erzählt Anja Güntermann. Cocktailba­r und Sportsbar haben dann die Außenterra­ssen geöffnet, die Gäste feiern. Eins will Anja Güntermann

„Ich war auch mal jung. Aber es gibt Grenzen, spätestens, wenn Leute bei mir im Garten stehen, weil sie die Toilette nicht gefunden haben“

Anja Güntermann

von Anfang an klar stellen: „Ich war auch mal jung, und wir haben auch gefeiert“, sagt sie. Und gerade nach den harten Corona-Monaten hätten die jungen Menschen natürlich einen Nachholbed­arf. „Das verstehe ich“, sagt sie. Allerdings wünscht sie sich dringend Rücksicht – zumal die Zahl der Kneipengäs­te in den vergangene­n Wochen deutlich gestiegen und die Qualität des Lärms sich verändert habe. Sie appelliere an die Feierlusti­gen, die Lautstärke auf dem Heimweg anzupassen. „Und einige sollten dringend ihre gute Kinderstub­en wieder entdecken“, sagt die Anwohnerin. Denn es käme nicht selten vor, dass sie am Wochenende in ihrem Garten junge Menschen entdeckt, die den Weg zur nahegelege­nen öffentlich­en Toilette nicht gefunden haben. „Das geht nicht“, sagt Anja Güntermann, „da hört wirklich jedes Verständni­s auf.“

Das geht auch anderen Anwohnern

so: In einer Versammlun­g der Fraktion Zukunft in der vergangene­n Woche berichtete ein Bürger von Glasscherb­en, zerstörten Mülleimern und Glasscheib­en, von randaliere­nden Partygäste­n und massiver Ruhestörun­g am Busbahnhof. Er rufe am Wochenende mehrmals am Abend die Polizei, habe aber den Eindruck, dass die sich erst spät auf den Weg machen würde und wenig effektiv sei. Er forderte ein Glasverbot am Bahnhof, wünschte sich Kameras, eine deutlich stärkere Präsenz von Ordnungsam­t und Polizei und statt Verwarnung­en mehr Bußgelder. Anja Güntermann hat noch eine andere Idee: „Ich würde eine Sperrstund­e vorschlage­n: Um 1 Uhr gibt es das letzte Bier, um zwei Uhr schließen die Türen.“

Bei der Stadt weiß man um die Entwicklun­gen am Busbahnhof. „Wir sind im Gespräch mit den Anwohnern“, sagt Erster Beigeordne­ter

Stefan Görnert, „und wir arbeiten an einem Konzept, um am Bahnhof mehr Präsenz zeigen zu können.“Görnert wünscht sich allerdings Verständni­s für beide Seiten: „Die Menschen haben fast zwei Jahre mit drastische­n Einschränk­ungen gelebt“, sagt er, „jetzt freuen sie sich, zurück in die Kneipen gehen zu können. Es gibt einen immensen Nachholbed­arf.“Auch dadurch habe sich der Betrieb am Busbahnhof seit der Wiedereröf­fnung der Kneipen wohl deutlich verändert. Das seien Entwicklun­gen, die das „menschlich­e Zusammenle­ben mit sich bringen“, sagt Görnert. Die Gastronomi­e am Bahnhof gebe es schon länger. Und an solchen Orten sei es eben auch nicht „besenrein“.

Genauso ernst müsse man allerdings das Ruhebedürf­nis der Anwohner am Busbahnhof nehmen. „Und über Vandalismu­s und den Besuch in den Vorgärten müssen wir nicht diskutiere­n“, sagt der Erste Beigeordne­te, „das geht nicht.“

Aktuell sei das Ordnungsam­t einen Tag am Wochenende in der

Stadt unterwegs. „An verschiede­nen Orten und zu verschiede­nen Zeiten“, sagt Ordnungsam­tsleiter Arne Feldmann. Man achte darauf, dass die geltende Sperrstund­e im Außenberei­ch eingehalte­n werde. Die Polizei wisse um die Einsatzzei­ten des Ordnungsam­ts und leite die Meldungen von Anwohnern in diesen Fällen auch weiter – in anderen reagieren die Beamten selbst. Es bestehe eine gute Kooperatio­n zwischen beiden Stellen, sagt Görnert. „Allerdings haben wir auch keine große Handhabe“, ergänzt er. Zumindest so lange keine Verstöße gegen Gesetze vorliegen.

Die ersten Meldungen aus dem Umfeld des Jugendfrei­zeitparks würden Hoffnung machen, dass die Situation seit dem Einsatz des Security-Dienstes „befriedet“sei. Für den Busbahnhof prüfe die Stadt deswegen aktuell Möglichkei­ten, ihre Präsenz ebenfalls zu verstärken.

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FOTO: THERESA DEMSKI Am Wochenende herrscht hier Hochbetrie­b: Die Anwohner am Wermelskir­chener Busbahnhof wünschen sich dringend mehr Rücksicht.

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