Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Auf Brautschau
Im Wuppertaler Zoo hat mit „Aralandia“eine neue Attraktion eröffnet. In Europas größter FreiflugVoliere für Papageien können Besucher Aras aus der Nähe erleben. Im Vordergrund steht aber der Artenschutz.
WUPPERTAL Bei der Partnersuche sind Aras ein wenig so wie Menschen: wählerisch. Schließlich bleiben die Papageien-Paare sich lebenslang treu. In freier Wildbahn dauert es daher auch eine Weile, bis sie zueinander finden, während sich die Nachzucht in Gefangenschaft dementsprechend schwierig gestaltet. Willkürlich zusammengesperrte Aras wollen oft nichts miteinander zu tun haben. Im Wuppertaler Zoo wird nun versucht, mit einer „Hochzeitsvoliere“den natürlichen Lebensraum der Tiere nachzustellen und so die Population wieder hochzubringen. Seit einigen Tagen dürfen Besucher die Freifluganlage „Aralandia“betreten – mit 1100 Quadratmeter Grundfläche ist sie europaweit die größte ihrer Art für Papageien.
Mit ihren zehn Meter hohen Bögen hebt sich die Voliere schon von Weitem von der Umgebung ab. Über eine Schleuse gelangen die Besucher ins Innere, wegen Corona dürfen nur 35 Menschen gleichzeitig in der Anlage unterwegs sein. Verschlungene Wege führen durch die neue Heimat der momentan zehn Hyazinth-Aras, die bereits seit Anfang 2020 dort leben. Wegen der Pandemie musste die Eröffnung im vergangenen Jahr verschoben werden. „Die Tiere denken daher, das gehört alles ihnen, und so benehmen sie sich auch“, sagt Andreas Haeser-Kalthoff, Zoosprecher und Geschäftsführer von „Aralandia“. Hyazinth-Aras besitzen ein leuchtend blaues Gefieder, sind intelligent, neugierig und eher zutraulich, was einerseits aus Zoo-Sicht erwünscht ist, aber auch gewisse Vorsichtsmaßnahmen erfordert.
Für Besucher gelten klare Regeln: Selbst nichts essen, die Vögel nicht füttern und nicht streicheln. Ausgestreckte Finger würden von den Aras als Angriff oder Futter interpretiert, beides könnte zu unliebsamen Begegnungen mit dem kräftigen Schnabel der Papageien führen. Ein stilisiertes Bild am Eingang zeigt einen abgebissenen Finger. „Natürlich ist das drastisch“, sagt HaeserKalthoff, „aber wir sind eben vorsichtig.“Innerhalb der Voliere passt denn auch ein Zoo-Mitarbeiter auf, dass die Vögel den Menschen nicht zu nahe kommen und umgekehrt. Die Aras kümmert das Treiben in ihrem weitläufigen Habitat aber recht wenig, sie beobachten es aber sehr genau und fliegen schon mal knapp über die Köpfe der Menschen hinweg. Mit den Papageien leben derzeit rund 15 Sonnensittiche und 16 Flamingos in der Voliere, sowie ein Pudu, eine südamerikanische Mini-Hirschart. „Zum Konzept gehört es, mehrere Arten zu vergesellschaften“, erklärt Haeser-Kalthoff.
In erster Linie geht es aber um die Nachzucht. Bis zu 40 Aras kann das Gehege aufnehmen, sie sollen aus allen Zoos Europas kommen, um in Wuppertal einen Lebenspartner zu finden. Darunter stark bedrohte Arten wie die Lear-Aras aus Brasilien. Im Hintergrund, für die Besucher nicht einsehbar, liegen Bruträume für die Papageien-Paare. Diese gehen dann an die entsprechenden Zoos zurück. Der Nachwuchs bleibt, um sich seinerseits zu binden. Alle Tiere sind mit Halsbändern gekennzeichnet. Sensoren im Netz und in den Gängen, über die die Papageien sich in geschlossene Räume zurückziehen können, überwachen alle Bewegungen. Haeser-Kalthoff: „Das ist ein komplexes System, über das wir nachvollziehen können, ob Aras sich verpartnern.“Noch habe sich kein Paar ergeben, das könne lange dauern.
Rund sechs Jahre sind auch von der Planung bis zur Eröffnung von „Aralandia“verstrichen. Finanziert hat die 6,3 Millionen Euro teure Anlage der Zoo-Verein, und zwar nur über Privatspenden. „Es ist das größte Projekt in der Geschichte des Vereins“, sagt Haeser-Kalthoff. Allein zwei Jahre habe es gedauert, um das Netz so zu gestalten, dass es den Schnäbeln der Aras standhält. Alles im Gehege ist darauf ausgerichtet, den Lebensraum der Tiere so genau wie möglich nachzubilden. In der Hoffnung, dass die Papageien den Unterschied kaum bemerken und sich auf Brautschau begeben. „Letztendlich müssen wir alle lernen, mit dieser begehbaren Anlage umzugehen“, so Haeser-Kalthoff. „Das gilt für die Besucher, für die Mitarbeiter und für die Tiere.“