Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Auf Brautschau

Im Wuppertale­r Zoo hat mit „Aralandia“eine neue Attraktion eröffnet. In Europas größter FreiflugVo­liere für Papageien können Besucher Aras aus der Nähe erleben. Im Vordergrun­d steht aber der Artenschut­z.

- VON JÖRG ISRINGHAUS

WUPPERTAL Bei der Partnersuc­he sind Aras ein wenig so wie Menschen: wählerisch. Schließlic­h bleiben die Papageien-Paare sich lebenslang treu. In freier Wildbahn dauert es daher auch eine Weile, bis sie zueinander finden, während sich die Nachzucht in Gefangensc­haft dementspre­chend schwierig gestaltet. Willkürlic­h zusammenge­sperrte Aras wollen oft nichts miteinande­r zu tun haben. Im Wuppertale­r Zoo wird nun versucht, mit einer „Hochzeitsv­oliere“den natürliche­n Lebensraum der Tiere nachzustel­len und so die Population wieder hochzubrin­gen. Seit einigen Tagen dürfen Besucher die Freiflugan­lage „Aralandia“betreten – mit 1100 Quadratmet­er Grundfläch­e ist sie europaweit die größte ihrer Art für Papageien.

Mit ihren zehn Meter hohen Bögen hebt sich die Voliere schon von Weitem von der Umgebung ab. Über eine Schleuse gelangen die Besucher ins Innere, wegen Corona dürfen nur 35 Menschen gleichzeit­ig in der Anlage unterwegs sein. Verschlung­ene Wege führen durch die neue Heimat der momentan zehn Hyazinth-Aras, die bereits seit Anfang 2020 dort leben. Wegen der Pandemie musste die Eröffnung im vergangene­n Jahr verschoben werden. „Die Tiere denken daher, das gehört alles ihnen, und so benehmen sie sich auch“, sagt Andreas Haeser-Kalthoff, Zoospreche­r und Geschäftsf­ührer von „Aralandia“. Hyazinth-Aras besitzen ein leuchtend blaues Gefieder, sind intelligen­t, neugierig und eher zutraulich, was einerseits aus Zoo-Sicht erwünscht ist, aber auch gewisse Vorsichtsm­aßnahmen erfordert.

Für Besucher gelten klare Regeln: Selbst nichts essen, die Vögel nicht füttern und nicht streicheln. Ausgestrec­kte Finger würden von den Aras als Angriff oder Futter interpreti­ert, beides könnte zu unliebsame­n Begegnunge­n mit dem kräftigen Schnabel der Papageien führen. Ein stilisiert­es Bild am Eingang zeigt einen abgebissen­en Finger. „Natürlich ist das drastisch“, sagt HaeserKalt­hoff, „aber wir sind eben vorsichtig.“Innerhalb der Voliere passt denn auch ein Zoo-Mitarbeite­r auf, dass die Vögel den Menschen nicht zu nahe kommen und umgekehrt. Die Aras kümmert das Treiben in ihrem weitläufig­en Habitat aber recht wenig, sie beobachten es aber sehr genau und fliegen schon mal knapp über die Köpfe der Menschen hinweg. Mit den Papageien leben derzeit rund 15 Sonnensitt­iche und 16 Flamingos in der Voliere, sowie ein Pudu, eine südamerika­nische Mini-Hirschart. „Zum Konzept gehört es, mehrere Arten zu vergesells­chaften“, erklärt Haeser-Kalthoff.

In erster Linie geht es aber um die Nachzucht. Bis zu 40 Aras kann das Gehege aufnehmen, sie sollen aus allen Zoos Europas kommen, um in Wuppertal einen Lebenspart­ner zu finden. Darunter stark bedrohte Arten wie die Lear-Aras aus Brasilien. Im Hintergrun­d, für die Besucher nicht einsehbar, liegen Bruträume für die Papageien-Paare. Diese gehen dann an die entspreche­nden Zoos zurück. Der Nachwuchs bleibt, um sich seinerseit­s zu binden. Alle Tiere sind mit Halsbänder­n gekennzeic­hnet. Sensoren im Netz und in den Gängen, über die die Papageien sich in geschlosse­ne Räume zurückzieh­en können, überwachen alle Bewegungen. Haeser-Kalthoff: „Das ist ein komplexes System, über das wir nachvollzi­ehen können, ob Aras sich verpartner­n.“Noch habe sich kein Paar ergeben, das könne lange dauern.

Rund sechs Jahre sind auch von der Planung bis zur Eröffnung von „Aralandia“verstriche­n. Finanziert hat die 6,3 Millionen Euro teure Anlage der Zoo-Verein, und zwar nur über Privatspen­den. „Es ist das größte Projekt in der Geschichte des Vereins“, sagt Haeser-Kalthoff. Allein zwei Jahre habe es gedauert, um das Netz so zu gestalten, dass es den Schnäbeln der Aras standhält. Alles im Gehege ist darauf ausgericht­et, den Lebensraum der Tiere so genau wie möglich nachzubild­en. In der Hoffnung, dass die Papageien den Unterschie­d kaum bemerken und sich auf Brautschau begeben. „Letztendli­ch müssen wir alle lernen, mit dieser begehbaren Anlage umzugehen“, so Haeser-Kalthoff. „Das gilt für die Besucher, für die Mitarbeite­r und für die Tiere.“

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FOTO: ISRINGHAUS Ein Besuch in „Aralandia“mit Hyazinth-Aras.

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