Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Ungerühmter Vorbereiter des Wembley-Tors
Alan Ball ist in der Geschichte nur eine Randnotiz. Doch ohne ihn wäre der Treffer gar nicht erst gefallen.
DÜSSELDORF Geoffrey Hurst hat das berühmteste Nicht-Tor der Fußball-Geschichte geschossen. Am 30. Juli 1966 im Londoner Wembley-Stadion, vor den Augen der Queen und fast 100.000 anderen Menschen, gegen Deutschland und aus deutscher Perspektive. Denn er selbst und alle anderen Engländer würden schwören, dass der Ball, der von der Querlatte des deutschen Tores auf den Boden prallte, definitiv vollumfänglich die Torlinie überschritten hat.
Es war das Tor, das den Weg der Engländer zu ihrem einzigen Titel ebnete, dem WM-Sieg eben, und auf gewisse Weise nahm der Schweizer Schiedsrichter Gottfried Dienst an jenem Tag auch noch die VAR-Debatte vorweg, weil er zunächst auf Eckball und erst nach dem Hinweis seines russischen Linienrichters Tofiq Bahramov dann doch entschied, dass es nun 3:2 für die Briten stehe. Hurst legte später noch das 4:2 nach, es war sein dritter Treffer an diesem Tag, weswegen er als bislang einziger Hattrick-Produzent in die Geschichte der WM-Endspiele seinen Platz hat.
Der Mann indes, der all das erst möglich machte mit seiner Hereingabe von der rechten Angriffsseite der Engländer, ist in den vielen Geschichten um das Sein oder Nichtsein dieses Tores nur eine Randnotiz: Alan Ball, das damals mit 21 Jahren jüngstes Mitglied des englischen Teams. Er wurde nicht geadelt für seinen Assist wie Hurst für sein Tor, doch wäre es ohne diesen nie gefallen.
„Die Engländer spielen den Ball auf rechts zu Alan Ball, der geht bis fast zur Grundlinie und flankt. Geoff Hurst ist, glaube ich, vor Willi Schulz, nimmt den Ball volley, der an die Latte und wieder rausspringt“– so beschrieb der deutsche Spieler Helmut Haller die Szene, deren Ursprung der Mann mit der Nummer 7 auf dem roten Trikot war.
Für Sir Alf Ramsey, den englischen Trainer, indes, stand der Wert des Dauerläufers im rechten Mittelfeld des englischen Systems ohne Flügelspieler fest: Ball war für Ramsey der wichtigste Mann, der Schlüsselspieler. „Feuerkopf“nannte man Ball, der 2007 starb, wegen seiner rotblonden Haare. Er selbst gab zu, nicht der angenehmste Gegenspieler gewesen zu sein. Seine Flanke, die Horst-Dieter Höttges nicht verhindern konnte, war die Vorgeschichte einer der größten Geschichten, die sich der Fußball je gegönnt hat. Und im Gegensatz zum Hurts Tor wurde nie in Frage gestellt: der Ball kam von Ball.