Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Wohnungsba­u in landeseige­ner Hand

Die SPD fordert den Bau von 100.000 Wohnungen im Jahr. Zudem soll es Anreize für den Grunderwer­b geben.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

DÜSSELDORF Der knappe bezahlbare Wohnraum wird in NRW zum Wahlkampft­hema. Am Montag machten die Sozialdemo­kraten einen Aufschlag und forderten mehr Anstrengun­gen vom Land: „Drei Zimmer, Küche, Diele, Bad – das klingt so einfach und selbstvers­tändlich. Für ganz viele Familien in unserem Land ist das aber zu einem unerreichb­aren Wunschtrau­m geworden“, sagte SPD-Fraktionsc­hef Thomas Kutschaty. Im Zeitraum von 2010 bis 2019 habe sich die Zahl der mietpreisg­ebundenen Wohnungen auf 457.000 halbiert. Nach Angaben von Fraktionsv­ize Christian Dahm ist der Neubau von jährlich 100.000 Wohnungen nötig, um den Bedarf zu decken.

Die SPD wird deshalb in den Landtag einen Leitantrag einbringen, der unter anderem die Gründung einer landeseige­nen Wohnungsba­ugesellsch­aft vorsieht. Diese könne in kleineren Kommunen tätig werden, die keine eigenen Gesellscha­ften hätten, erklärte Dahm. Zudem sieht der Antrag vor, Investoren die Grunderwer­bsteuer zu erstatten, wenn sie sich im Gegenzug zum Bau von Sozialwohn­ungen verpflicht­en. Junge Familien, die erstmals Baugrund fürs Eigenheim kauften, will die SPD um die Grundsteue­r entlasten.

Die Regierung lehnte die Gründung einer landeseige­nen Wohnungsba­ugesellsch­aft kategorisc­h ab. „Die Forderung ist nichts als ‚weiße Salbe’ und zeugt unveränder­t von gewisser politische­r Ideenlosig­keit“, sagte ein Sprecher von Bauministe­rin Ina Scharrenba­ch (CDU). Eine neu zu gründende Gesellscha­ft brauche Fachperson­al und treffe auf den insgesamt bestehende­n Fachkräfte­mangel im Baubereich. Sie benötige Grundstück­e und würde damit als weitere Konkurrenz auf den Märkten auftreten. Zudem brauche sie Jahre, bis sie am Start wäre.

Der Sprecher wies auf die hohe Bautätigke­it im Land hin. Rund 50.000 neue Wohnungen sind im vergangene­n Jahr fertiggest­ellt worden – das sei der höchste Wert seit 2005 –, und rund 62.000 neue Wohnungen seien neu bauordnung­srechtlich genehmigt worden. „Die seit 2017 geschaffen­en gesetzlich­en Erleichter­ungen und das konsequent­e Angehen von Hemmnissen beim Wohnungsba­u führen zu diesen hohen Zahlen“, sagte der Sprecher. „Alleine diese Zahlen verdeutlic­hen: Es gibt keinen Mangel an Bauwillige­n und keinen Mangel an Bauprojekt­en. In Nordrhein-Westfalen bauen Kleininves­toren genauso wie Genossensc­haften, kommunale Wohnungsba­uunternehm­en oder die börsennoti­erten Gesellscha­ften.“Zudem sei es der Ministerin gelungen, die drei großen Wohnungsge­sellschaft­en – Vonovia, LEG und Vivawest

– zurück in die öffentlich­e Wohnraumfö­rderung zur Schaffung und/oder Erhaltung von mietpreisg­ebundenem Wohnraum zu holen.

Hinsichtli­ch der Unterstütz­ung junger Familien beim Erwerb von Eigentum verwies das Land auf einen vier Jahre alten Entschließ­ungsantrag zur Einführung eines Freibetrag­s bei der Grunderwer­bsteuer. „Die Beratungen sind unseres Wissens noch nicht abgeschlos­sen“, so der Sprecher. Die CDU greift das im Wahlprogra­mm auf. So soll den Ländern freigestel­lt sein, einen Freibetrag bei der Grunderwer­bsteuer von 250.000 Euro pro Erwachsene­m plus 100.000 Euro pro Kind beim erstmalige­n Erwerb selbst genutzten Wohnraums zu gewähren. Die Grünen wollen den Ländern ermögliche­n, den Steuersatz für große Wohnungsun­ternehmen zu erhöhen und für Selbstnutz­ende zu senken. Die FDP schlägt einen Freibetrag von 500.000 Euro bei genutztem Eigentum vor.

Die Kritik der SPD am knappen Wohnraum wies auch Fabian Schrumpf, Sprecher für Bauen und Wohnen der CDU-Landtagsfr­aktion, zurück: „Unser Motto in NRW ist seit 2017: bauen, bauen, bauen.“Jährlich stünden 1,1 Milliarden Euro bis 2022 für Neubau von Mietwohnun­gen, für Eigentumsm­aßnamen und für Bestandsmo­dernisieru­ng zur Verfügung. „Selbst im Corona-Jahr 2020 haben die Bauämter in NRW den Bau von 61.592 neuen Wohnungen genehmigt.“Das sei deutlich mehr als im Bundesverg­leich. „Zudem wird Bauen in NRW mit der neuen Landesbauo­rdnung jetzt noch nachhaltig­er und schneller. Wir fördern moderne Methoden, die das Bauen der Zukunft noch günstiger machen können: Im vergangene­n Jahr wurde in NRW das erste Haus mit einem 3D-Drucker errichtet“, so Schrumpf.

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FOTO: JULIAN STRATENSCH­ULTE/DPA Bauarbeite­r arbeiten am Neubau eines Mehrfamili­enhauses.

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