Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
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Das Einzelhandelskonzept wird fortgeschrieben. In Zukunft muss die Stadtverwaltung die Politik aber über die Ablehnung von Einzelhandelsvorhaben informieren. Das hat der Stadtrat entschieden.
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RADEVORMWALD Welche Einzelhandelsgeschäfte sich wo ansiedeln, bestimmt in Radevormwald ein Einzelhandelskonzept. Das wurde durch das Stadtforschungs- und Planungsbüro „Junker + Kruse“erstellt und soll nach der ersten Aufstellung im Jahr 2007 und einer ersten Fortschreibung 2011 nun weiterentwickelt werden. Das wurde am Dienstag in der Sitzung des Stadtrates mit fünf Gegenstimmen beschlossen.
Das Konzept strukturiert die Innenstadt und klärt die Versorgungsstrukturen im Voraus. Es klärt zum Beispiel die Frage, welche Sortimente sich in bestimmten Teilen der Stadt ansiedeln dürfen und in welchen Stadtteilen sie unerwünscht sind. Außerdem ist das Konzept eine wichtige Grundlage für die Verwaltung, um über Einzelhandelsanfragen zu entscheiden. Das Konzept dient zur Sicherung und Stärkung der Innenstadt und soll den Handel im Stadtkern gezielt entwickeln.
Das städtebauliche Konzept, das auch als verbindliche Bauleitplanung dient, wurde durch die Kommunalpolitik mehrfach kritisiert. Die UWG bezeichnet das Konzept unter anderem als „Ansiedlungsverhinderungskonzept“und findet es für eine Kleinstadt ungeeignet. Auch Rolf Ebbinghaus (AL) findet das Konzept wenig nützlich. „Das größte Problem in unserer Innenstadt ist der Leerstand. Das Einzelhandelskonzept gefährdet vorhandene Strukturen, zum Beispiel in den Wupperorten. Das Konzept wird der Gesamtsituation unserer Stadt nicht gerecht“, sagt er. „Positiv ist lediglich, dass die Verwaltung mit dem Konzept schneller auf Anfragen aus dem Einzelhandel reagieren kann.“Auch Hans Golombek (SPD) will verhindern, dass sich die Stadt mit dem Konzept „ein Bein stellt“. Er stellt ebenfalls die Bekämpfung des Leerstandes in den Vordergrund. „Die Politik braucht deswegen die Möglichkeit, Einfluss zu nehmen, wenn die Verwaltung ein Anfrage ablehnen möchte“, sagt er. Diese Möglichkeit wird dem Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt mit dem jüngsten Beschluss aus dem Stadtrat zugesichert. Das Einzelhandelskonzept wird fortgeschrieben, kann aber durch Einzelfallentscheidungen gelockert werden. Damit haben die Ausschussmitglieder in Zukunft die Chance, bei der Ablehnung von Geschäftseröffnungen erneut über die Entscheidung zu diskutieren und in Einzelfällen auch für eine andere Entscheidung zu stimmen.
Rolf Ebbinghaus (AL) hält diese Lösung für rechtlich schwierig. „Mit diesem Beschluss stellen wir das Einzelhandelskonzept im Voraus infrage. Außerdem ist das Einzelhandelskonzept verbindlich. Wenn jetzt schon über die Möglichkeit von Einzelfallentscheidungen diskutiert wird, scheint das Konzept ungeeignet für unsere Stadt zu sein.“BerndEric Hoffmann (UWG) ist mit dem Kompromiss zufrieden. „Wir stimmen mit diesem Zusatz für das Einzelhandelskonzept, um die Verwaltung zu vereinfachen“, sagt er.
Jürgen Fischer (CDU) meldete sich in der Ratssitzung als Vorsitzender des Ausschusses für Stadtentwicklung zu Wort. „Es ist klar festgelegt, dass wir nicht nur über Ablehnungen informiert werden, sondern auch dagegen entscheiden könnten“, sagt er.
Burkhard Klein, Leiter des Bauverwaltungsamtes, hält das Einzelhandelskonzept für wichtig. Er weiß aus seiner Erfahrung, dass es durch das Konzept bisher zu wenigen Ablehnungen von Einzelhandel gekommen ist. „Es gab in den vergangenen Jahren zwei Fälle, bei denen das Konzept zu einer Ablehnung einer Idee geführt hat. Die Einzelfälle, die in Zukunft diskutiert werden, halten sich in Grenzen“, sagt er.
In der aktuellen Fassung ist der Entwurf des Einzelhandelskonzepts über 140 Seiten lang. Eigentlich sollte bereits 2020 über die Fortschreibung entschieden werden, aber die Entscheidung wurde durch die Corona-Krise verzögert.