Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Irgendwer im Haus kann immer helfen.
Familie Preyer lebt in Eipringhausen mit drei Generationen unter einem Dach. Und das aus Überzeugung.
EIPRINGHAUSEN Das Geräusch der Motorsäge summt über die Felder. Eine Axt trifft irgendwo auf einen Holzblock. Familie Preyer füllt den Holzvorrat auf. „Das ist ein Projekt für die ganze Familie“, sagt Helmut Preyer, der an diesem Samstagmorgen alle Hände voll zu tun hat. Vor der Scheune in Eipringhausen stapeln sich die ersten Holzhaufen. Sohn Markus hilft mit. Und ein paar Meter weiter sind Friedhelm Preyer und Sohn Moritz im Einsatz. „Wir haben die Heizung auf Holz umgestellt“,
„Der Samstag ist für Familienprojekte belegt“
Melanie Preyer
sagt Friedhelm Preyer und deutet auf das Haus, „da müssen jetzt alle mitziehen.“Das gilt für die beiden Brüder, deren Kinder und für den Senior: Rudi Preyer (86) lässt es sich selten nehmen, die Arbeitshandschuhe anzuziehen.
„Wir brauchen am Samstag gar nicht erst versuchen, unsere Männer zu einem anderen Programmpunkt zu überreden“, sagt Melanie Preyer, „der Samstag ist für Familienprojekte belegt.“Gemeinsam mit Ehemann Friedhelm und Tochter Sarina lebt sie mit im Haus, das einst den Schwiegereltern gehörte. Sohn Moritz (23) ist vor einiger Zeit ausgezogen – weil er nicht eine Sekunde mit dem Gedanken spielen wollte, Eipringhausen zu verlassen, hat er eine Wohnung nebenan bezogen. Nicht nur an Samstagen ist er mit im Einsatz. „Neulich stand er auch vor der Tür und hat gefragt, ob ich mit ihm in den Wald gehe“, erzählt Rudi Preyer.
Es ist ein eingespieltes Modell, das Familie Preyer in Eipringhausen lebt: Ein Haus, drei Wohnungen, drei Familien. Das Erdgeschoss war schon immer Rudi und Etta Preyer vorbehalten. Ein Stockwerk höher leben heute Sohn Helmut und Schwiegertochter Sabine mit ihren Söhnen Noah (14) und Markus (16). Und gleich nebenan, ebenfalls im ersten Stock, wohnen Friedhelm und Melanie Preyer mit ihrer Familie. „Im Grunde kennen wir das nicht anders“, sagt Friedhelm Preyer (57),
„als wir Kinder waren, lebten auch die Großeltern mit im Haus“. Natürlich habe es damals wie heute auch Generationenkonflikte gegeben, Fragen, die unterschiedlich beantwortet wurden. „Aber wir haben immer erlebt: Wir gewinnen deutlich mehr, als wir aufgeben“, sagt Helmut Preyer. Und dabei nicken nicht nur Bruder und Vater und die Kinder zustimmend, sondern auch Sabine und Melanie Preyer, die als Schwiegertöchter ins Haus kamen.
„Ich habe früher immer geschworen, weder mit den eigenen Eltern noch mit Schwiegereltern in einem Haus wohnen zu wollen“, erzählt Sabine Preyer (55), „als ich dann hier war, war das kein Thema mehr.“Manchmal sei es etwas nervig, zwischen 12 und 14 Uhr nur durch die Wohnung schweben zu dürfen, weil die Großeltern Mittagsschlaf halten. Und sicher sei das Modell auch nicht für alle das richtige.
„Die Menschen sind unterschiedlich“, sagt Friedhelm Preyer und denkt auch an seinen Bruder Manfred, der mit seiner Familie lieber das Haus in Eipringhausen verließ und in die eigenen vier Wände zog. „Für mich ist wichtig: Wenn die Türen
zu sind, dann sind sie zu“, sagt Sarina Preyer (20). Und das werde auch akzeptiert. Jeder könne hier auch seinen eigenen Raum zum Leben finden. „Wir haben aber auch keine Angst, uns mal ordentlich zu streiten“, fügt sie hinzu und lacht, „dann wird es auch mal laut.“Allerdings gilt: Vor dem Schlafengehen wird noch mal gesprochen. „Wir streiten uns und wir haben hier auch gelernt, uns zu vertragen“, sagen die Brüder. Zu groß seien die Vorteile – und dabei denken sie nicht nur an die Tasse Mehl, die man sich immer irgendwo im Haus leihen könne. Jeder hat hier auch sein Spezialgebiet: Sabine und Helmut Preyer seien die Finanzminister. Helmut und seine Familie würden eher angesprochen, wenn es um handwerkliche Fragen geht.
„Ich hätte gar nicht arbeiten können, wenn die Schwiegereltern nicht im Haus gewesen wären“, sagt Melanie Preyer. Spontane Termine waren fast immer möglich. Als die Kinder später nicht mehr mit in den Familienurlaub fahren wollten, blieben sie eben Zuhause. „Es war doch immer jemand da“, sagt Friedhelm Preyer. Ohne zu zögern, vertrauten sich die
Brüder gegenseitig und den Eltern dann die Betreuung der Kinder an. „Ihr habt so viel für uns getan“, sagt Friedhelm Preyer und blickt zu seinem Vater, „in jungen Jahren haben wir vor allem genommen und profitiert.“Jetzt hätten sich die Dinge eben gedreht – und auch das schultert die Familie.
Als Mutter Etta pflegebedürftig wurde, sprangen die Jüngeren ein. „Das darf aber nie mit Druck passieren“, sagt Rudi Preyer. Die Söhne schauen jeden Tag beim Vater vorbei, die Enkelkinder kommen zum Rummikub-Spielen oder eben, um den Opa zum Waldeinsatz abzuholen. „Ich höre morgens, wenn sich Sarina ganz früh auf den Weg zur Arbeit macht“, erzählt Rudi Preyer. Und wenn es mal ungewohnt ruhig bleibt, dann ist der 86-Jährige auch als „zweibeiniger Wecker“im Einsatz.
Inzwischen ist der Holzeinsatz für diesen Samstag geschafft. Melanie und Sabine Preyer atmen durch. „Endlich, jetzt haben wir unsere Männer auch mal für uns“, sagen sie fast unisono.