Aus Not wird Tugend
Kabeljau, Pizza, Shepherd’s Pie. Viele Zutaten oder Gerichte, die früher als ArmeLeuteEssen galten, werden heute gern gegessen, gehören teilweise zum Kulturgut und in Spitzenküchen. Der britische Shepherd‘s Pie besteht aus Hackfleisch, welches mit Kartoffelpüree bedeckt und im Ofen gebacken wird. Früher galt dies als das Essen der Armen, heute ist das Gericht aus der britischen Kultur nicht wegzudenken. Die beliebte Pizza fing als Resteessen an. Restlicher Teig wurde mit etwas Soße garniert und gegessen. Heute gibt es auf der ganzen Welt tiefgekühlte Pizzen, Gourmetpizzen und alles dazwischen. Was für ein Glück! Kabeljau wurde früher getrocknet und dadurch haltbar gemacht. Er wurde vor allem zur Versorgung für Schiffsmannschaften eingesetzt. Im Mittelmeerraum gehört er heute zum Alltag und in Griechenland oder Kroatien kommt er vor allem an Feiertagen auf den Teller. Früher galt man in Deutschland als arm, wenn man sich kein Fleisch leisten konnte. Fisch und sogar Lachs war angesagt. Stell dir das vor, Lachs als Armenessen!
rohem Fisch, der in Zitronen- oder Limettensaft mariniert wird. Die im Saft enthaltene Säure denaturiert das im Fisch enthaltene Eiweiß. Das ist der gleiche Vorgang wie beim Kochen – nur ohne Kochen. Das Resultat sind gegarte Fischstückchen, die die Konsistenz von rohem Fisch haben. Klingt komisch, schmeckt lecker!
Geschmacksextreme
Kennst du Surstömming? In Schweden gehört dieser konservierte, fermentierte Hering zum Kulturgut. Ranzige Butter, Essigsäure und Schwefelwasserstoff sorgen für einen üblen Gestank, weshalb auch empfohlen wird, diesen Fisch im Freien zu essen. In Japan wird neben dem bekannten Kugelfisch auch Suppe aus Schwalbennestern gegessen.
Das Besondere an diesen Nestern ist, dass die Vögel diese Nester aus ihrem eigenen Speichel und Algen bauen. Würdest du dich trauen, eine solche Suppe zu kosten?
Außer ungewöhnlichen Zutaten gibt es auch noch die ungewöhnliche Kombination von gewöhnlichen Zutaten. Um dieses Thema herum hat sich die Disziplin des Food Pairing entwickelt. Hier werden die Prinzipien Harmonie und Kontrast angewandt. Darunter versteht man die wohlschmeckende Kombination von Zutaten, die entweder möglichst viele gemeinsame Aromakomponenten haben oder möglichst wenige. Ein aufsehenerregendes Beispiel war die Kombination aus Kaviar und weißer Schokolade.
Was ebenfalls merkwürdig klingt, mit der richtigen Kombination gut schmeckt, ist das chinesische FünfGewürze-Pulver. Darin enthalten sind Sternanis, Szechuanpfeffer,
Zimt, Fenchel und Nelke. Das Pulver riecht sehr weihnachtlich und wird vor allem für Fleisch verwendet. Auch das schmeckt. Gewürze sind übrigens ein hervorragender Einstieg in neue Geschmackserlebnisse. Viele Länderküchen zeichnen sich durch ihre Gewürz- und Kräuterpalette aus. Das bedeutet, dass du regionale Zutaten verwenden kannst, um dich an neue Rezepte heranzutasten. Mit Basilikum, Oregano, Thymian, Salbei und Chili bist du bereits gut für die italienische Küche ausgestattet. Für den Geschmack thailändischer Küche solltest du auf jeden Fall Zitronengras, Ingwer, Kurkuma, Currypulver und Koriander im Haus haben. Mit Kreuzkümmel kannst du ganz einfach orientalische und mexikanische Aromen zaubern und geräuchertes Paprikapulver eröffnen dir zusammen mit Safran die spanische Küche. Ein weiterer Vorteil der Gewürzpalette ist, dass sie für große Wirkung nur wenig Platz im Schrank benötigen.
Geschmack trainieren
Das geht! Essen und Trinken kann ausgiebig analysiert und das Schmecken selbst gelernt werden. Das geht, indem du bewusster isst. Kaue dein Essen bewusster und achte auch beim Trinken darauf, was du schmeckst. Bewusster schmecken kann ganz einfach erlernt werden: sprich darüber! Erkläre dir selbst oder anderen, was genau dir schmeckt und was nicht. Das wird anfangs seltsam für dich klingen, aber mit der Zeit kommt das passende Vokabular von alleine. Versuche präzise Aussagen zu treffen, erkläre, was dir schmeckt und warum. Erkläre,
was dir nicht schmeckt und woran das liegen könnte. Mit diesem Vorgehen kannst du zudem bewusster einkaufen, und wenn du fortgeschrittener bist, kannst du sogar selbst neue Geschmäcker kombinieren oder andere zu schätzen lernen. Das ist im Grunde das, was auch beim Trinken von Wein und Whisky oder beim Rauchen von Tabak passiert. Wir lernen, bestimmte Aromen und Geschmacksnoten zu erkennen und zu genießen. Erfahrungen und neue Gewohnheiten, die man dann nicht mehr missen möchte.
Auf Entdeckungsreise
Dunkelrestaurants sind ein Teil der Erlebnisgastronomie. Es wird in völliger Dunkelheit gegessen und getrunken. Der Sehsinn fällt beim Essen aus und du kannst dich nur auf deine anderen vier Sinne stützen. Die Herausforderung besteht oft darin zu erschmecken, was serviert wird. Die meisten Restaurants dieser Art erklären eingangs nur, dass es ein vegetarisches und ein Menü mit Fleisch gibt.
Für fremdländische Geschmäcker kannst du nach entsprechenden Restaurants oder Food Markets in deiner Heimat suchen oder deinen nächsten Urlaub im Südosten
Asiens verbringen und dich dort durch das legendäre Streetfood essen. Falls du ein Anhänger der spanischen Küche bist, kannst du auch im Baskenland Pintxos probieren und als Fleischliebhaber solltest du unbedingt ein Asado in Chile besuchen. Und auf diese Weise können alle deine Sinne auf eine spannende Entdeckungsreise gehen. Viel Spaß! <