Augsburger Allgemeine (Land West)
Wie können wir glücklicher werden?
Eine Finnin aus Bobingen erklärt, was die Unterschiede zwischen Deutschland und Finnland sind. Was uns auch im Landkreis Augsburg zu mehr Glück verhelfen kann.
Landkreis Augsburg Ritva Schultheiss vermisst die Sommer in einer Hütte am See in Finnland. Das mache sie und andere Finnen glücklich. Zum siebten Mal in Folge wurde das skandinavische Land zur glücklichsten Nation der Welt ernannt. Deutschland liegt dagegen nur auf Platz 24. Schultheiss lebt in Bobingen, ursprünglich kommt sie aber aus Finnland und sieht die Unterschiede zwischen den Ländern.
„Die Finnen sind ehrliche Menschen und haben viel Vertrauen zueinander“, sagt Schultheiss. Die wunderbare Natur in Finnland sei auch Teil des Erfolgsrezepts. „Die finnischen Leute sind einfach so gestrickt, dass sie Glück in kleineren Dingen finden“, erklärt sie. Glück zu definieren sei aber sehr schwer und individuell. Für sie persönlich sind es die kleinen Glücksmomente im Alltag. „Klar ist nicht jeder Tag immer gut“, sagt Schultheiss. Aber es sei wichtig, allgemein zufrieden zu sein mit Familie und Freunden, der Umgebung oder dem eigenen Beruf.
Schultheiss selbst lebt seit 23 Jahren in Deutschland und bezeichnet sich nicht als glücklicher als andere Deutsche. „Viele Sachen, die die Finnen glücklich machen, sind dort anders als hier“, erklärt sie. So sei auch sie hier mit den Hürden des Alltages konfrontiert, etwa der deutschen Bürokratie. Unterschiede sieht sie vor allem bei der Chancengleichheit. Besonders die guten Sozial- und Gesundheitsdienste sowie Bildung machen die Finninnen und Finnen glücklich, weiß Schultheiss: „Zum Beispiel bei der Bildung ist Deutschland noch sehr hinten dran.“Um ein glücklicheres Land zu werden, solle es „für jeden die Möglichkeit geben, seine Träume wahr zu machen“, findet sie. Ganz egal aus welchem Hintergrund die Menschen stammen.
Finnland ist das glücklichste Land – und die Bewohner wundern sich
Deutschland bietet ausreichend gute Bildungsangebote um glücklich zu sein, findet dagegen Günter Manhardt. Das differenzierte Schulwesen leiste seinen Beitrag dazu. „Jedes Kind wird nach seiner Begabung gefördert“, erklärt der Schulleiter des SchmuttertalGymnasiums in Diedorf. Lehrkräfte und Eltern kümmern sich um die Kinder und Jugendlichen. Denn Geborgenheit und Erfolgserlebnisse seien ausschlaggebend für die Zufriedenheit von Jugendlichen. „Gerade die Schule ermöglicht diese Erfolgserlebnisse, die zu Glück beitragen“, sagt er. Trotzdem sei es auch wichtig, einen möglichst entspannten Schulalltag zu bieten. „Das ist aber schwierig, weil Schule immer mit Arbeit verbunden ist“, erklärt Manhardt.
Eine richtige Anleitung zum Glücklichsein gebe es aber nicht, obwohl Bücher das manchmal behaupten. „Ich denke, es ist wichtig, Tätigkeiten zu finden, die einen erfüllen“, sagt Manhardt. Der Beruf etwa präge den Alltag ganz wesentlich. Auch die Familie trage stark zum persönlichen Glück bei. „Wir haben doch glückliche Lebensumstände“, findet er.
Dass die Menschen in Finnland mehr in Einklang mit ihren Mitmenschen, der Natur und der Schöpfung leben, vermutet Ulrich Lindl. Das sei mitunter ein Grund, um glücklich zu sein. „Glück hängt immer von den Erwartungen des Einzelnen ab,“sagt der Ortspfarrer von Biberbach. Wer zu hohe Erwartungen hat und immer mehr will, sei weniger zufrieden. „Dabei ist dieses Grundgefühl von Zufriedenheit ein Glücksgefühl“, sagt er. Lindl selbst bezeichnet sich als glücklich, weil er zufrieden sein kann.
Ein sinnvolles Leben könne auch zu Glück beitragen. Wichtig findet er, den Sinn in seiner Tätigkeit zu erkennen und nicht immer nur auf der Suche zu sein. Seine Berufung als Pfarrer mache ihn persönlich glücklich. „Mir ist wichtig, dass das, was ich mache, als sinnvoll erlebt wird“, sagt er. Glück sei nichts, was man selbst macht. Viel mehr bekomme man es von seinen Mitmenschen gespiegelt.
Statt nur auf uns selbst zu schauen, sollten wir versuchen, andere glücklich zu machen, so Ulrich: „Darin liegt das besondere Glück.“