Augsburger Allgemeine (Land West)
Eine Stadt voller Geheimnisse
Obwohl sie längst untergegangen ist, gehört Babylon noch immer zu den berühmtesten Städten der Geschichte. Vor 125 Jahren begannen Forscher, die Ruinen auszugraben.
Berlin Um die Stadt Babylon ranken sich wunderliche Geschichten. So sollen die Menschen dort alle hochmütig und hinterlistig gewesen sein. Die Stadt soll ein schrecklicher Ort voll Sünde und Verbrechen gewesen sein. Das ist in der Bibel zu lesen, dem heiligen Buch der Christen. Der antike Geschichtsschreiber Herodot schrieb hingegen über Babylon: „Sie überragt an Schönheit jede andere Stadt, die wir kennen.“Dabei hat Herodot die Stadt wohl selbst nie mit eigenen Augen gesehen.
Von dem sagenumwobenen Babylon sind nur noch Ruinen übrig geblieben. Diese befinden sich im heutigen Land Irak. Der Forscher Robert Koldewey begann vor 125 Jahren im Auftrag der Deutschen Orient-Gesellschaft, diese Ruinen auszugraben.
Damals hatten alle die Erzählungen über Babylon im Kopf. „Dann musste Robert Koldewey aber feststellen: Es war vieles ganz anders“, erzählt der Fachmann Joachim Marzahn. Er hat sich viele
Jahre mit der Geschichte von Babylon beschäftigt.
Die Stadt existierte mehrere Tausend Jahre lang. „Doch wenn wir heute von Babylon sprechen, meinen wir in der Regel die Zeit, als König Nebukadnezar II. regierte“, erklärt Joachim Marzahn. Dieser König lebte vor etwa 2600 Jahren. Er herrschte über ein gewaltiges Reich. Bis zu 80.000 Menschen sollen in der Hauptstadt Babylon gelebt haben. Für eine Zeit war die Stadt so etwas wie das Zentrum der Welt. „Babylon wurde zu einem Sinnbild für Macht, Reichtum und Erfolg“, sagt der Experte. Nebukadnezar ließ in seiner Regierungszeit viele wichtige Bauten errichten. Darunter ein gewaltiges blaues Stadttor, das Ischtar-Tor. Außerdem einen gewaltigen Turm.
Über dieses Bauwerk gibt es eine berühmte Geschichte, die unter anderem in der Bibel zu lesen ist. Demnach wollten die Babylonier einen Turm errichten, dessen Spitze bis zum Himmel reichte. In Wirklichkeit war die Sache etwas anders: Die Herrscher ließ tatsächlich einen Turm errichten. Er war komplett aus Ziegeln gebaut und mit 90 Metern auch sehr hoch. „Da die Stadt in einer weiten Ebene lag, konnte man den Turm schon von sehr weither sehen“, sagt der Fachmann. Die Menschen der damaligen Zeit waren davon wohl mächtig beeindruckt. Auf Gemälden wird der Turm oft rund dargestellt. Doch die Fachleute fanden heraus, dass er in Wirklichkeit viereckig war und aus mehreren Stufen bestand. Ganz oben auf dem Turm befand sich ein Tempel für Marduk. So hieß der Stadtgott der Babylonier. Von dem Turm ist heute nur noch eine gewaltige Grube geblieben. (Stefanie Paul, dpa)