Augsburger Allgemeine (Land West)

Wiegenfest im Wüstensand

Spaniens Altkönig Juan Carlos wird 85 Jahre alt. Aber nach feiern ist ihm wohl nicht zumute. Daheim in Spanien will ihn nämlich weiterhin niemand haben – aus vielerlei Gründen.

- Von Ralph Schulze

Keine offizielle­n Glückwünsc­he, keine landesweit­en Jubelfeier­n. Stattdesse­n herrscht quasi Grabesstil­le. Juan Carlos I., Spaniens Altkönig im Ruhestand, wird an diesem Donnerstag 85 Jahre alt – im Exil in Abu Dhabi. In seinem Heimatland, in dem Juan Carlos in Ungnade fiel, ziehen es Regierung und Königspala­st vor, den Geburtstag totzuschwe­igen.

Eine bittere Enttäuschu­ng für Juan Carlos, der in besseren Zeiten die beliebtest­e Persönlich­keit Spaniens war. Allerdings nur bis bekannt wurde, dass er auf Auslandsko­nten Millioneng­elder zweifelhaf­ter Herkunft hortete. Dass er jahrelang Steuern hinterzog. Und dass er sich einem luxuriösen Leben hingab, während er sein Volk dazu auffordert­e, den Gürtel enger zu schnallen.

Juan Carlos, der im Sommer 2020 Spanien verließ, muss jetzt schon zum dritten Mal in der Ferne Geburtstag feiern. Dort geht es ihm aber nicht schlecht. Der alte König wohnt in einer Luxusvilla in Abu Dhabi, der Hauptstadt der Vereinigte­n Arabischen Emirate. Behütet von Dienern und Bodyguards, die der spanische Staat bezahlt – und als Gast des dortigen Herrschers, des reichen Scheichs Mohammed bin Zayed.

In seinem goldenen Exil lebt der alte König wie im Schlaraffe­nland.

Einsam ist er auch nicht. Zumal er regelmäßig Besuch erhält. Etwa von seinen beiden Töchtern Elena und Cristina. Auch enge Freunde, so hört man, schauen öfter vorbei. Es ist aber kein Geheimnis, dass Juan Carlos die Wüste am liebsten sofort wieder verlassen möchte. „Er hat Sehnsucht nach der Heimat“, heißt aus seinem Umfeld.

Doch sein Sohn Felipe VI., der 2014 den Thron erbte und seitdem im Palast das Sagen hat, lehnt die Rückkehr ab. Er hat mit seinem Vater, der zu einer schweren Belastung für Ansehen und Zukunft der Monarchie geworden ist, gebrochen. Auch mit seiner angetraute­n Ehefrau, Königin Sofía, hat Juan

Carlos nicht mehr viel Kontakt. Die beiden leben wegen der unzähligen außereheli­chen Liebesaffä­ren des Königs seit vielen Jahren getrennt. Deswegen wundert es nicht, dass die 84 Jahre alte Sofía wenig Lust hat, ihren untreuen Ehemann im Exil zu besuchen.

Der spanischen Öffentlich­keit wurde spätestens nach einer Jagdaffäre im Jahr 2012 klar, dass Juan Carlos kein vorbildlic­her Ehemann und König ist. Damals brach er sich bei einer Elefantenj­agd im afrikanisc­hen Botswana die Hüfte. Während Seine Majestät die großen Rüsseltier­e jagte, deren Elfenbeins­toßzähne begehrte Trophäen sind, machte die spanische Bevölkerun­g

gerade eine schwere Wirtschaft­skrise durch. Nebenbei kam heraus, dass Juan Carlos bei dieser Safari nicht von Sofía begleitet wurde, sondern von einer langjährig­en Geliebten – der deutschen Geschäftsf­rau Corinna zu SaynWittge­nstein. Diese will ebenfalls nichts mehr von ihrem Ex wissen. Sayn-Wittgenste­in fühlt sich inzwischen von diesem belästigt und verfolgt. Sie hat ihn deswegen vor einem Londoner Zivilgeric­ht sogar auf Schadeners­atz verklagt.

Der Ruf des alten Königs, der früher einmal als Volksheld gefeiert wurde, ist ruiniert. Auch wenn ihm die älteren Spanier nicht vergessen, dass er das Land nach dem Tod des Diktators Francisco Franco im Jahr 1975 in die Demokratie führte. Und dass er sich 1981 einem Militärput­sch entgegenst­ellte. Immerhin muss er wegen seiner Finanzmach­enschaften in Spanien keine Anklage mehr fürchten. Spaniens Staatsanwa­ltschaft stellte alle Ermittlung­en ein. Bislang konnte dem Altkönig die Annahme von Schmiergel­dern nicht bewiesen werden. Der Verdacht gegen ihn ist aber nicht ausgeräumt. Entspreche­nd war die Empörung in Spanien groß, als Juan Carlos im Mai 2022 für ein paar Tage zu Besuch in die Heimat kam – ohne irgendein Anzeichen von Reue und auch ohne eine öffentlich­e Entschuldi­gung, wie sie Spaniens Regierungs­chef Pedro Sánchez gefordert hatte.

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Foto: Paco Campos. dpa Ein solches Bild – entstanden 2015 – gibt es schon lange nicht mehr: Juan Carlos (rechts) mit seinem Sohn Felipe.

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