Augsburger Allgemeine (Land West)
Anwohner machen sich wegen Dauer-Baustelle Sorgen
Auf einer Baustelle wird seit Monaten Grundwasser abgepumpt. Nun beklagen Nachbarn Schäden durch das fehlende Wasser. Sie sehen die Behörden in der Verantwortung.
Dinkelscherben Die Vorwürfe von Anwohnern wiegen schwer: Durch Abpumpen von Grundwasser würden Schäden an Häusern, Gärten und Straßen in der ganzen Nachbarschaft verursacht, behaupten die Nachbarn. Seit eineinhalb Jahren läuft auf einer Dinkelscherber Baustelle eine Pumpe. Die Baugrube soll trockengelegt werden, um große Wohnblöcke fertigzustellen. Bisher ist davon aber noch nichts zu sehen. Die Tiefgarage ist gebaut, doch drinnen steht das Wasser. Seit einem Baustopp geht nichts mehr voran – die Pumpe läuft weiterhin, berichten Anwohner. Sie befürchten weitere Schäden an Haus und Garten. Die Behörden halten sich zum Fall bedeckt.
„Das Ganze ist eine Unverschämtheit“, fasst Kerstin Mößner ihre Aufregung zusammen. Sie wohnt gegenüber der Baustelle an der Zusam. Sauer ist die Anwohnerin wegen mehrerer Dinge. Einer Pumpe, die selbst nachts Lärm macht. Dem sinkenden Grundwasserspiegel, der zu vielen Schäden und sinkendem Wasserdruck führe. Besonders ärgert sich Mößner über die Verantwortlichen. „Wir wurden im Sommer aufgerufen, weniger zu gießen und zu duschen, und nebenan wird 24 Stunden am Tag das Grundwasser abgepumpt.“Dass die Baumaßnahmen genehmigt wurden, kann die Nachbarin nicht nachvollziehen.
Seit April 2021 wird in Dinkelscherben nahe der Zusam gebaut. In zwei Wohnblöcken sollen 18 Wohnungen und Platz für zwei Geschäfte entstehen. Darunter soll eine große Tiefgarage Platz für Autos bieten, wie der Bauträger auf seiner Website informiert. Der Bauplatz dafür ist direkt an der Ecke der Bahnhof- und Zusamstraße. Da dort der Grundwasserspiegel sehr hoch ist, genehmigte das Landratsamt Augsburg das Abpumpen während der Bauphase. Ursprünglich war diese Genehmigung auf 90 Tage ausgelegt, musste jedoch verlängert werden, wie das Landratsamt auf Nachfrage unserer Redaktion mitteilt. Aus drei Monaten sind nun 18 geworden. Gepumpt wird nach wie vor in den Regenwasserkanal. Doch das Nass kommt immer wieder. Das wird beim Blick auf die Baustelle schnell klar: Trotz laufender Pumpe steht in der gesamten Baugrube und der Tiefgarage das Wasser.
Auch Anwohner Mietek Gwizdz klagt: „Die Baustelle hat viel verändert.“Er geht ebenfalls vom Sinken des Grundwasserspiegels aus. Das führe dazu, dass der Untergrund in der gesamten Nachbarschaft sich verschiebe. „In meinem Haus haben sich viele Risse gebildet“, sagt Gwizdz. Im Laufe der vergangenen Monate seien besonders die in seinem Keller noch größer geworden, erklärt er. Auch im Garten spüre er die Veränderungen. Der Wassertank unter seinem Rasen habe sich früher bei Regen schnell gefüllt. Nun versickere dieser aber vollständig, weil der Garten zu trocken sei.
Doch wieso klappt es nicht, die Baugrube trockenzulegen? Fakt ist, trotz Abpumpen kommt weiterhin Wasser nach. Die Baustelle ist nicht vollständig abgedichtet, vermuten die Nachbarn. So sind sogenannte Spundwände, die das Wasser abschirmen, nur an zwei Seiten der Baugrube verbaut. Auf eine Anfrage dazu hat der Augsburger Bauträger bisher nicht reagiert. Die Pumpmaßnahmen sind noch bis zum 11. September genehmigt. Seit vier Monaten wird auf der Baustelle jedoch nicht mehr gearbeitet. Bisher steht nur die Tiefgarage. Den Behörden zufolge hänge der Baustopp nicht mit dem Wasserproblem zusammen, genaue Gründe werden nicht genannt. Wie es auf der Baustelle weitergeht, wissen die Nachbarn nicht. „Wir bekommen von den Behörden kaum Infos“, sagt Mößner. Dinkelscherbens Bürgermeister Kalb verweist auf Nachfrage nach möglichen Schäden durch die Baustelle auf das Landratsamt. „Unsere präventiven Möglichkeiten im Rahmen der Genehmigungsprozeduren sind mit den geltenden Gesetzen äußerst eingeschränkt“, erklärt der Bürgermeister unserer Redaktion. Handelt es sich in Dinkelscherben also um eine große Wasserverschwendung? Beim Wasserwirtschaftsamt in Donauwörth erklärt Experte Kurt Nunn, dass solche Fragen immer vom Einzelfall abhängen. „Abgepumptes Wasser sollte am besten wieder zurück ins Grundwasser infiltriert werden, das funktioniert aber nicht immer“, so Nunn. „Das Leiten in den Regenwasserkanal ist in einigen Fällen vertretbar.“Die Nachbarn sind davon überzeugt, dass es in diesem Fall nicht vertretbar sei. Risse in Häusern, trockene Gärten und aufgerissene Straßen sind für Mößner und Gwizdz genügend Indizien.