Augsburger Allgemeine (Land West)

Festival ohne Matsch und Staubwolke­n

Im Olympiapar­k München wurde erstmals zwei Tage lang Superbloom gefeiert. Auf elf Bühnen traten Bands und Artisten auf, wurde Yoga praktizier­t und wurden Experiment­e durchgefüh­rt. Aber einiges lief schief.

- Von Lisa Gilz

München Glitzerpar­tikel und Strassstei­ne auf Wangenknoc­hen, Bärten und Stirnen funkelten bereits in den Münchener U-Bahn-Stationen unter dem Licht der Neonröhren. Zwischen Doc Martens, schnellen Brillen und Brustbeute­ln wurde das Handy gezückt und mit #superbloom ein Bild auf Instagram gepostet. Auf elf Bühnen und Stationen wurde dieses Wochenende auf dem Superbloom-Festival gefeiert. Während Weltstars wie Megan Thee Stallion, Macklemore und Calvin Harris im Olympiasta­dion auftraten, wurden auf anderen Stages Experiment­e durchgefüh­rt, über die Zukunft diskutiert oder Yoga praktizier­t. Sehen konnte man das alles unter der Voraussetz­ung, dass man die Bühne rechtzeiti­g erreichte.

Eigentlich sollte Superbloom bereits 2021 stattfinde­n, aber das Mega-Festival fiel der Pandemie zum Opfer. Nicht bloß ein Festival sei Superbloom, kündigte der Veranstalt­er im Vorfeld an, vielmehr repräsenti­ere es „ein Lebensgefü­hl“. Inklusion statt Exklusion, jeder war willkommen. Das kündigten auch schon die LGBTQ+-Flaggen an den Absperrung­en an. Im Vergleich zu Festivals wie Rock im Park standen mit Rita Ora, Lea, Anne-Marie, Megan Thee Stallion und Zoe Wees auch verhältnis­mäßig viele Frauen auf den großen Bühnen.

Zwar gab es keinen Campingpla­tz, auf dem sich die Besucher verlaufen konnten, doch musste so manch einer immer wieder den Lageplan aus der Hosentasch­e ziehen, um wie ein Pfadfinder die dazugehöri­ge Gruppe in die richtige Richtung zu lotsen. Auf dem Weg gab es vieles zu entdecken: Artisten in riesigen glockenför­migen Kleidern, Tänzer und Spiele.

Die Mini-Exkursione­n endeten zumindest für die Besucher enttäusche­nd, die am Samstagnac­hmittag in Richtung Olympiasta­dion pilgerten. Dort war um 15.15 Uhr Einlasssto­pp. Der Nächste auf der Bühne sollte der Künstler Years & Years sein, doch warteten auch diejenigen vergeblich, die es auf die Ränge und vor die Bühne geschafft hatten. Der Grund: Kurz vor Konzertbeg­inn zogen sich zunehmend mehr Wolken über dem Gelände zusammen. Plötzlich kam dann die Ansage: Der Bereich vor der Bühne muss geräumt werden.

Gewitterwa­rnung. Der Sportplatz des Olympiasta­dions wurde zum Zweck des Festivals komplett mit Metallplat­ten ausgelegt. Den Blitzen wären die Menschen wie auf dem Silbertabl­ett ausgeliefe­rt gewesen. Klarer Organisati­onsfehler, murrten die Besucher, die sich zuvor bis in die erste Reihe gekämpft hatten.

So wurde das Publikum gebeten, auf den Rängen Platz zu nehmen, und schließlic­h durften auch noch weitere wartende Besucher ins Stadion. Alles, um zu warten. Die Meldung der Veranstalt­er auf Social Media: Alle Auftritte würden unterbroch­en, mehr Informatio­nen zum weiteren Verlauf gäbe es so früh wie möglich. Als zwei Stunden nach der Wettermeld­ung die Menschen wieder aufs Metallfeld durften, wurde gerannt.

„Ist Years&Years gecancelt?“, wurde die Frage laut, als das Bühnenbild mit Megan Thee Stallions Namen angezeigt wurde. Einzelne Musikerinn­en und Musiker waren für manche Besucher ein Grund, die knapp 200 Euro für das Festival zu bezahlen. Enttäuschu­ng für die Years & Years-Fans, als klar wurde, der Brite tritt nicht mehr auf. Freude bei den Fans von Megan, als sich die Frontreihe­n wieder ausdünnten und sie nachrücken konnten.

Die US-Amerikaner­in hatte auf dem Festival ihren ersten Auftritt in Deutschlan­d überhaupt. Im kurzen Kostüm, das wohl an ein Dirndl erinnern soll, tanzte und rappte sich die Sängerin über die Bühne. Mit so viel Bass, dass die Nasenflüge­l im Publikum vibrierten. Nach einer halben Stunde war Megan dann auch wieder verschwund­en. Ursprüngli­ch sollte der Auftritt doppelt so lange dauern.

Getröstet wurden die Zuschauer durch AnnenMayKa­ntereit. Die Kölner Band sorgte am Samstagabe­nd das erste Mal für richtige Festival-Stimmung, als unter der musikalisc­hen Begleitung durch Streich- und Blasmusike­r das Publikum ausgelasse­n anfing zu tanzen und so laut mitzusinge­n, dass es im Stadion hallte. Ganz nach dem Geschmack des Frontsänge­rs Henning May, der mit seiner tiefen kratzigen Stimme auch jeden Münchner überzeugt, Heimweh nach Köln zu bekommen.

Der Sonntag lief zumindest vom Programmab­lauf glatter ab. Das gute Wetter hielt sich, und während im kleinen Olympiasta­dion Indie-Musiker wie Willow (Tochter von Will Smith) und die Band Glass Animals auftraten, brachte auf der großen Stage Kraftklub die Menschen zum Hüpfen.

„Es ist so, wie man sich ein Festival in München vorstellt“, sagte ein Mann. Alles sehr kontrollie­rt, alles sehr sauber. Ohne Matsch, ohne Staubwolke­n blieben auch die weißesten Turnschuhe nach zwei Tagen Festival sauber.

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 ?? Fotos: Fabian Stoffers, Superbloom ?? Mit einem Jahr Verspätung fand im Olympiapar­k München das Festival Superbloom statt. Große Konzerte wie das von AnnenMayKa­ntereit im Stadion waren ebenso geboten wie farbenfroh­e Aktionen im Gelände.
Fotos: Fabian Stoffers, Superbloom Mit einem Jahr Verspätung fand im Olympiapar­k München das Festival Superbloom statt. Große Konzerte wie das von AnnenMayKa­ntereit im Stadion waren ebenso geboten wie farbenfroh­e Aktionen im Gelände.

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