Augsburger Allgemeine (Land West)
Die Lufthansa bleibt am Boden
Diese Rechte haben gestrandete Passagiere
Frankfurt/München Gestrandete Passagiere, verzweifelte Studenten und juristische Scharmützel: Der ganztägige Streik der Piloten hat am Freitag nahezu den gesamten Flugbetrieb der Lufthansa lahmgelegt. Mehr als 800 Flüge mit 130.000 betroffenen Passagieren hatte die Gesellschaft bereits am Vortag vorsorglich abgesagt und auch nicht versucht, ein Rumpfprogramm in die Luft zu bekommen. Mit dieser Strategie sollte zum Neustart am Samstag ein normaler und stabiler Flugplan erreicht werden, wie ein Sprecher der Airline in Frankfurt sagte.
Unter LH-Flugnummern fanden am Freitag lediglich Flüge der nicht bestreikten Lufthansa Cityline sowie aus dem Ausland gestartete Langstreckenflüge nach Deutschland statt. In den Terminals am Frankfurter Drehkreuz war es am Freitag vergleichsweise ruhig, wie der Betreiber Fraport berichtete. Die meisten Passagiere hatten die Flugabsagen rechtzeitig mitbekommen. An den Serviceschaltern der Lufthansa bildeten sich dennoch lange Schlangen mit Langstrecken-Passagieren, die auf einen Weitertransport hofften.
Die globalen Auswirkungen des Streiks zeigten sich auch in Indien, wo Hunderte Studenten vergeblich auf ihren Abflug mit Lufthansa zu ihren Studienorten in Kanada oder USA warteten. Es kam zu Protesten auch der Angehörigen an den Flughäfen. Man versuche, die Passagiere auf Verbindungen auch anderer Gesellschaften umzubuchen, teilte die Lufthansa dazu mit.
Den Passagieren in Europa stehen bei Ausfällen oder schwerwiegenden Verspätungen ab drei Stunden Erstattungen und möglicherweise auch Ausgleichszahlungen bis zu 600 Euro zu. Es handele sich bei dem Streik nicht um einen außergewöhnlichen Umstand außerhalb des Einflussbereichs der Lufthansa, erklärte der Leiter der Rechtsabteilung des Portals „Flightright“, Oskar de Felice.
Bestreikt wurden laut Vereinigung Cockpit (VC) bis Mitternacht ausschließlich die Abflüge der Lufthansa-Kerngesellschaft sowie der Lufthansa Cargo von deutschen Flughäfen. Die Tochtergesellschaften Eurowings, Lufthansa Cityline und Eurowings Discover waren von dem Aufruf nicht betroffen. Gleiches galt für ausländische Lufthansa-Töchter wie Swiss, Austrian oder Brussels.
Die Gewerkschaft hatte den auf 24 Stunden begrenzten Streik ausgerufen, nachdem Tarifverhandlungen mit der Lufthansa gescheitert waren. Die Lufthansa hat den Streikaufruf kritisiert und aufgefordert, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Laut Lufthansa würden die Forderungen der VC die Personalkosten im Cockpit um 40 Prozent erhöhen. Dies sei selbst ohne Rücksicht auf die finanziellen Folgen der Corona-Krise außerhalb des Vertretbaren. (dpa)