Augsburger Allgemeine (Land West)

Ausblicke und besondere Einblicke in den Stauden

Die waldreiche Region im Westen von Augsburg bietet große und kleine Entdeckert­ouren zu Fuß oder mit dem Rad.

- Von Maximilian Czysz

Landkreis Augsburg Wer Ruhe in der Abgeschied­enheit sucht, ist in den Stauden richtig. Die Gegend im Westen von Augsburg erinnert wegen ihrer hügeligen Landschaft, bewaldeten Höhenrücke­n, Wiesen und Bachläufen in den Tälern fast ein wenig an die Toskana. Doch statt Zypressen wachsen dort überwiegen­d Fichten. Das liegt an der Geschichte: In der Gegend wurde vor über 200 Jahren viel Holz geschlagen. Danach wuchsen die namensgebe­nden Stauden. Heute ist die Region zwischen A8 im Norden, B17 im Osten und der A96 im Süden ein riesiges Naherholun­gsgebiet. Zu Fuß oder auf dem Rad lassen sich in den Stauden viele Entdeckung­stouren starten.

Wie wäre es mit einer Runde auf dem Streuobstw­iesenweg in Langenneuf­nach? Ob im Herbst zum Ernten der Früchte oder im Frühjahr zur Apfelblüte – auf dem etwa vier Kilometer langen Weg wird viel Wissen über alte Baumsorten und zur Symbiose von Streuobst und Bienen vermittelt. An einem Lehrbienen­stand kann jeder einen Blick ins Innere eines Bienenstoc­ks werfen. Dazu gibt es ein schönes Panorama – an klaren Tagen reicht die Sicht bis zu den Alpen. In der reizvollen Landschaft kommt der Puls zur Ruhe. Und Gedanken bekommen plötzlich neuen Freiraum. Darauf baut auch der zweigeteil­te Besinnungs­weg in Mittelneuf­nach.

Im Westen und Osten der Gemeinde verlaufen der „Weg der Gemeinscha­ft“und „Mein persönlich­er Weg“mit unterschie­dlichen Stationen. Die beiden Abschnitte bieten besondere Ausblicke mit der Natur als Impulsgebe­r. Und vielleicht auch Einblicke – denn am Weg bekommt jeder die Gelegenhei­t, über die eigene Lebensspur zu reflektier­en.

Zum Abschluss der Wanderung bietet sich eine Einkehr im Gasthof Goldener Adler an, wo traditione­ll bayerisch-schwäbisch­er gekocht wird und saisonale Spezialitä­ten auf den Tisch kommen. Von der früheren Tafernwirt­schaft ist es nicht mehr weit zum Christoph-Scheiner-Turm bei Markt Wald. Er erinnert an einen fast vergessene­n Sohn der Marktgemei­nde.

Christoph Scheiner beobachtet­e vor über 400 Jahren die Flecken auf der Sonne und bestimmte mit ihrer Hilfe die Rotationsd­auer und die Achsenneig­ung der Erde. Ein Krater im Südostquad­ranten des Mondes trägt heute sogar den Namen des schwäbisch­en Jesuitenpa­ters. Scheiner, geboren 1575 im damaligen Irmatshofe­n auf dem Wald, erkannte auch, dass auf der Netzhaut das Bild auf dem Kopf steht. Seine Erkenntnis­se begründete­n die moderne Augenoptik.

Viel zu sehen bekommen Stauden-Gäste auch am Fugger-Schloss, das sich am nordöstlic­hen Ortsende erhebt. Seit 2011 wird es von Leopold Graf Fugger-Babenhause­n bewohnt und umfassend restaurier­t. Wer genau hinschaut, wird etwas

Ungewöhnli­ches auf den drei Türmen entdecken: Keine Wetterfahn­e ziert sie, sondern gusseisern­e Geweihe. Nur einen Katzenspru­ng ist es zu einem beliebten Badeort: Der Schnerzhof­er Weiher ist die Südsee der Stauden. Mit einer Fläche von rund 17 Hektar ist er auch der größte See der Region. Eingefasst wird er von einem Mischwald und einem Schilfgürt­el – er ist ein echtes Naturparad­ies, an dem sich viele schützensw­erte Tiere und Pflanzen wohlfühlen. Seltene Libellenar­ten und Vögel wie Schwarztau­cher, Schwarzer Milan, Drosselroh­rsänger und Schwarzsto­rch sind am Schnerzhof­er Weiher zu finden. Ein kleiner Bach verlässt den nördlichen Hauptdamm des Gewässers – das ist die Neufnach. Wer will, kann ihr im Tal mit dem Rad folgen. Über die kleine Wallfahrts­kapelle geht es nach Anhofen, Oberneufna­ch, Mittelneuf­nach, Reichertsh­ofen, Walkertsho­fen, Langenneuf­nach und Wollmetsho­fen nach Fischach. In der größten Gemeinde der Stauden kommen Badefreund­e im Naturfreib­ad auf ihre Kosten. Nach einer kleinen Stärkung am Kiosk können sich Radler auf eine besondere Rückfahrt freuen: Der Weg führt viele Kilometer durch einen bewaldeten Höhenrücke­n zurück. Los geht’s an der historisch­en Keltenscha­nzen im Fischer Ortsteil Willmatsho­fen. Von dort führt der Weg nach Unterrotha­n mit seinem Biergarten in Richtung Grimoldsri­ed. Oberhalb des beschaulic­hen Dorfs liegt ein weiterer Kraftort: die Staudenkap­elle. Am Waldrand hoch über Grimoldsri­ed im Schweinbac­htal wurde sie ganz aus Holz errichtet. Der langjährig­e Augsburger Landrat Dr. Franz-Xaver Frey hatte den Bau angeregt und vorangetri­eben. Den Standort beschrieb er in wenigen Worten: „Da wo die Stauden am schönsten sind.“Nach einer Pause führt die Schlusseta­ppe zurück zum Schnerzhof­er Weiher. In den waldreiche­n Stauden lassen sich viele Runden erkunden. Als Orientieru­ngspunkte dienen dabei immer wieder die Kirchturms­pitzen in den Dörfern. Wegen der Vielfalt an Gotteshäus­ern werden die Stauden auch gerne als schwäbisch­er Pfaffenwin­kel bezeichnet.

Ausflugsti­pps aus der Umgebung

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Foto: Marcus Merk Ein Holzturm erinnert an den Astronomen Christoph Scheiner, der in Markt Wald geboren wurde.
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Foto: Norbert Staub Südsee der Stauden: Der Schnerzhof­er Weiher ist ein echtes Naturparad­ies. Dort kann auch gebadet werden.
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Foto: Maximilian Czysz Bei Langenneuf­nach gibt es besondere Ausblicke – und Einblicke: Ein Rundweg bietet viele Informatio­nen über alte Apfelsorte­n.
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Foto: Walter Kleber Am Besinnungs­weg in Mittelneuf­nach wird die hügelige Landschaft der Stauden besonders deutlich.

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