Augsburger Allgemeine (Land West)
Ausblicke und besondere Einblicke in den Stauden
Die waldreiche Region im Westen von Augsburg bietet große und kleine Entdeckertouren zu Fuß oder mit dem Rad.
Landkreis Augsburg Wer Ruhe in der Abgeschiedenheit sucht, ist in den Stauden richtig. Die Gegend im Westen von Augsburg erinnert wegen ihrer hügeligen Landschaft, bewaldeten Höhenrücken, Wiesen und Bachläufen in den Tälern fast ein wenig an die Toskana. Doch statt Zypressen wachsen dort überwiegend Fichten. Das liegt an der Geschichte: In der Gegend wurde vor über 200 Jahren viel Holz geschlagen. Danach wuchsen die namensgebenden Stauden. Heute ist die Region zwischen A8 im Norden, B17 im Osten und der A96 im Süden ein riesiges Naherholungsgebiet. Zu Fuß oder auf dem Rad lassen sich in den Stauden viele Entdeckungstouren starten.
Wie wäre es mit einer Runde auf dem Streuobstwiesenweg in Langenneufnach? Ob im Herbst zum Ernten der Früchte oder im Frühjahr zur Apfelblüte – auf dem etwa vier Kilometer langen Weg wird viel Wissen über alte Baumsorten und zur Symbiose von Streuobst und Bienen vermittelt. An einem Lehrbienenstand kann jeder einen Blick ins Innere eines Bienenstocks werfen. Dazu gibt es ein schönes Panorama – an klaren Tagen reicht die Sicht bis zu den Alpen. In der reizvollen Landschaft kommt der Puls zur Ruhe. Und Gedanken bekommen plötzlich neuen Freiraum. Darauf baut auch der zweigeteilte Besinnungsweg in Mittelneufnach.
Im Westen und Osten der Gemeinde verlaufen der „Weg der Gemeinschaft“und „Mein persönlicher Weg“mit unterschiedlichen Stationen. Die beiden Abschnitte bieten besondere Ausblicke mit der Natur als Impulsgeber. Und vielleicht auch Einblicke – denn am Weg bekommt jeder die Gelegenheit, über die eigene Lebensspur zu reflektieren.
Zum Abschluss der Wanderung bietet sich eine Einkehr im Gasthof Goldener Adler an, wo traditionell bayerisch-schwäbischer gekocht wird und saisonale Spezialitäten auf den Tisch kommen. Von der früheren Tafernwirtschaft ist es nicht mehr weit zum Christoph-Scheiner-Turm bei Markt Wald. Er erinnert an einen fast vergessenen Sohn der Marktgemeinde.
Christoph Scheiner beobachtete vor über 400 Jahren die Flecken auf der Sonne und bestimmte mit ihrer Hilfe die Rotationsdauer und die Achsenneigung der Erde. Ein Krater im Südostquadranten des Mondes trägt heute sogar den Namen des schwäbischen Jesuitenpaters. Scheiner, geboren 1575 im damaligen Irmatshofen auf dem Wald, erkannte auch, dass auf der Netzhaut das Bild auf dem Kopf steht. Seine Erkenntnisse begründeten die moderne Augenoptik.
Viel zu sehen bekommen Stauden-Gäste auch am Fugger-Schloss, das sich am nordöstlichen Ortsende erhebt. Seit 2011 wird es von Leopold Graf Fugger-Babenhausen bewohnt und umfassend restauriert. Wer genau hinschaut, wird etwas
Ungewöhnliches auf den drei Türmen entdecken: Keine Wetterfahne ziert sie, sondern gusseiserne Geweihe. Nur einen Katzensprung ist es zu einem beliebten Badeort: Der Schnerzhofer Weiher ist die Südsee der Stauden. Mit einer Fläche von rund 17 Hektar ist er auch der größte See der Region. Eingefasst wird er von einem Mischwald und einem Schilfgürtel – er ist ein echtes Naturparadies, an dem sich viele schützenswerte Tiere und Pflanzen wohlfühlen. Seltene Libellenarten und Vögel wie Schwarztaucher, Schwarzer Milan, Drosselrohrsänger und Schwarzstorch sind am Schnerzhofer Weiher zu finden. Ein kleiner Bach verlässt den nördlichen Hauptdamm des Gewässers – das ist die Neufnach. Wer will, kann ihr im Tal mit dem Rad folgen. Über die kleine Wallfahrtskapelle geht es nach Anhofen, Oberneufnach, Mittelneufnach, Reichertshofen, Walkertshofen, Langenneufnach und Wollmetshofen nach Fischach. In der größten Gemeinde der Stauden kommen Badefreunde im Naturfreibad auf ihre Kosten. Nach einer kleinen Stärkung am Kiosk können sich Radler auf eine besondere Rückfahrt freuen: Der Weg führt viele Kilometer durch einen bewaldeten Höhenrücken zurück. Los geht’s an der historischen Keltenschanzen im Fischer Ortsteil Willmatshofen. Von dort führt der Weg nach Unterrothan mit seinem Biergarten in Richtung Grimoldsried. Oberhalb des beschaulichen Dorfs liegt ein weiterer Kraftort: die Staudenkapelle. Am Waldrand hoch über Grimoldsried im Schweinbachtal wurde sie ganz aus Holz errichtet. Der langjährige Augsburger Landrat Dr. Franz-Xaver Frey hatte den Bau angeregt und vorangetrieben. Den Standort beschrieb er in wenigen Worten: „Da wo die Stauden am schönsten sind.“Nach einer Pause führt die Schlussetappe zurück zum Schnerzhofer Weiher. In den waldreichen Stauden lassen sich viele Runden erkunden. Als Orientierungspunkte dienen dabei immer wieder die Kirchturmspitzen in den Dörfern. Wegen der Vielfalt an Gotteshäusern werden die Stauden auch gerne als schwäbischer Pfaffenwinkel bezeichnet.
Ausflugstipps aus der Umgebung