Augsburger Allgemeine (Land West)
So verläuft das Impfen im Landkreis Günzburg
Pandemie Rund 20.000 Impfungen im Monat sind für die beiden Testzentren des Nachbarlandkreises und die Hausärzte derzeit realistisch. Sorgen bereitet den Verantwortlichen allerdings das aktuelle Infektionsgeschehen
Landkreis Die Zahl der mit dem Coronavirus infizierten Menschen im Landkreis Günzburg ist in den vergangenen Tagen sprunghaft in die Höhe geschnellt. Zeitweise lag der Inzidenzwert über 300. Er gehört damit zu den höchsten in ganz Deutschland. Im Gegensatz zu den Ausbrüchen Ende vergangenen Jahres gebe es aktuell jedoch keine Hotspots wie Pflege- und Senioreneinrichtungen, hieß es jüngst vonseiten des Landratsamts. Die Verantwortlichen sprechen von einem „diffusen Geschehen“, kleine lokale Ausbrüche gebe es vor allem nach Infektionen innerhalb von Familien. Mit Blick auf dieses Infektionsgeschehen sei es umso wichtiger, dass die Impfbereitschaft in der Bevölkerung ungebrochen hoch bleibe, betont Hermann Keller, Leiter der Impfzentren des Landkreises, im Gespräch mit unserer Redaktion.
„Dass es zum Beispiel keine Hotspots mehr in Seniorenheimen gibt, dürfte auch auf die Impfungen zurückzuführen sein – denn die Älteren sind mittlerweile fast alle geimpft“, sagt Keller. Unter den rund 17.200 Menschen im Kreisgebiet, die bis Wochenbeginn für eine Impfung angemeldet gewesen waren, befänden sich deshalb auch schon viele Personen, die in die Priorisierungskategorie drei fallen. Dazu gehören zum Beispiel über 60-Jährige, medizinisch vorbelastete Menschen und verschiedene Berufsgruppen, etwa Polizei und Feuerwehr oder Personal aus dem Lebensmitteleinzelhandel. Entscheidend, so Keller, sei bei der Reihenfolge allerdings nicht das Alter, sondern Beruf und Vorerkrankungen. „Und es ist nicht unsere Entscheidung, wer wann geimpft wird – deshalb können wir im Vorfeld auch kein genaues Datum bestimmen.“
Konkret seien zuletzt etwa 8200 Impfungen aus Gruppe drei terminiert gewesen. Hinzu kämen rund 1400 Impfungen aus der Gruppe zwei sowie vereinzelte Nachzügler aus der ersten Priorisierungsgruppe, die zwischengeschoben und sofort geimpft werden müssten.
„Im Großen und Ganzen schwanken wir aktuell aber zwischen den
Kategorien zwei und drei – und es handelt sich noch um Erstimpfungen“, berichtet Keller. Täglich rund 400-mal werde in den Testzentren in Günzburg und Krumbach gepikst – das macht knapp 10.000 Impfungen im Monat.
Hinzu kommen seit gut drei Wochen auch die Impfungen der Hausärzte. Auch hier seien Keller zufolge landkreisweit monatlich rund 10.000 Impfungen realistisch. „Das ist schon eine gute Schlagzahl. Jeder Bürger, der geimpft ist, ist ein großer Fortschritt“, sagt er. Realistisch, so Keller, sei daher auch das
Ziel, dass bis 31. Juni rund 80.000 Menschen im Landkreis geimpft sind. „Ich bin froh, dass die Hausärzte nun mitimpfen können. Die Zusammenarbeit funktioniert sehr gut – das ist keine Konkurrenz, sondern eine Kooperation.“
So sieht das auch Dr. Maximilian Drexel von der Krumbacher Gemeinschaftspraxis Dr. Drexel, Posch und Sedlmeier, der gleichzeitig als stellvertretender koordinierender Arzt im Katastrophenschutz für den medizinischen Bereich im südlichen Landkreis zuständig ist. Er ist einer von vielen Hausärzten im Landkreis, die aktuell impfen. Seine Bilanz nach vier Wochen: Er sei zufrieden, sagt er unserer Redaktion.
Rund 20 AstraZeneca-Impfdosen hatte Drexel für die erste Woche, Ende März, bekommen. „Und die waren trotz der Diskussionen ganz schnell verimpft“, erzählt er. 30 weitere Dosen des Impfstoffs seien es in dieser Woche gewesen. Ansonsten dominiere bei dem Hausarzt, wie auch in den Impfzentren, das Vakzin der Firma Biontech/Pfizer. Rund 320 Dosen davon hatte er bis Anfang dieser Woche bereits im Raum Krumbach verimpft.
Nach der Prüfung sehr seltener Fälle von Hirnvenenthrombosen hat die EU-Arzneimittelbehörde (EMA) vor einigen Tagen den Weg frei gemacht für den Corona-Impfstoff des US-Herstellers Johnson & Johnson. Allerdings könne der Wirkstoff tatsächlich in sehr seltenen Fällen Blutgerinnsel auslösen, teilte die EMA mit (wir berichteten). Experten hatten das Präparat nach acht Fällen von Blutgerinnseln nach einer Impfung in den USA erneut geprüft.
Die EU-Behörde hält daran fest, dass die Vorzüge des Impfstoffs, Covid-19 zu verhindern, höher zu bewerten seien als die Risiken von Nebenwirkungen. Nachdem die EMA grünes Licht gegeben hatte, teilte Johnson & Johnson am Dienstag mit, die Markteinführung seines Impfstoffes in Europa nun fortzusetzen. Drexel sagt, dass der schlechte Ruf dieses Impfstoffes nicht gerechtfertigt sei. Er hofft, dass ein Großteil der Menschen im Landkreis bis Juni geimpft ist.