Augsburger Allgemeine (Land West)
Verstörte Katze wird aus Wohnung eines Toten gerettet
Schicksal Es ist ein einsames Ende: Ein 91-jähriger Mann aus Göggingen stirbt und wird erst längere Zeit danach in seiner Wohnung gefunden. Nur durch Zufall wird das Haustier des Verstorbenen entdeckt
Es war ein tragischer Fall, der sich kürzlich in einer Wohnung im Augsburger Stadtteil Göggingen abgespielt hat. Dort starb ein einsamer alter Mann daheim, ohne dass es irgendjemand mitbekam. Der Mann war Besitzer einer Katze. Sie wurde nun völlig verstört in seiner Wohnung gefunden und ins Tierheim gebracht. Die Geschäftsführerin des Augsburger Tierschutzvereins, Sabina Gassner, sagt, dass zumindest das Tier gerettet werden konnte, sei einem glücklichen Zufall zu verdanken.
Nach Angaben der Feuerwehr wurde der Gögginger Anfang des Monats abends tot in seiner Wohnung in einem Mehrfamilienhaus aufgefunden. Einsatzkräfte hatten sich Zutritt zu den Räumen verschafft, nachdem sie von der Hausverwaltung gerufen worden waren. Feuerwehr-Pressesprecher Friedhelm Bechtel sagt, die Retter hätten bereits einen deutlichen Verwesungsgeruch wahrnehmen können. Deshalb geht er davon aus, dass der Tote länger in der Wohnung lag, bevor er entdeckt wurde. Als die Leiche des Mannes geborgen wurde, kam durch einen Zufall heraus, dass er daheim nicht ganz alleine war. Er hatte zusammen mit einem Haustier gewohnt, einem Kater, der noch am Leben war.
Sabina Gassner sagt, der etwa zehnjährige Kater sei von der Feuerwehr im Tierheim abgegeben worden. „Er wurde völlig verstört aufgefunden und hatte ziemliches Glück, dass jemand auf ihn aufmerksam wurde.“Nach ihren Informationen hatte ein am Einsatz Beteiligter in der Wohnung des Toten einen verschimmelten Futternapf entdeckt und noch etwas gewartet, nachdem die anderen gegangen waren. Dann habe sich das Tier heraus getraut, so Gassner. Vorher hatte es sich wohl aus Angst vor den fremden Menschen versteckt.
Der Kater ist ein schönes Tier mit blauen Augen der Rasse Tonkanese. Mitarbeiterinnen des Tierheims gaben ihm den Namen Störtebeker. Gassner sagt, der Kater sei derzeit ziemlich durch den Wind: „Er liegt apathisch herum, frisst sehr schlecht und ist sehr schüchtern.“Sie vermutet, dass er in der Wohnung seines toten Herrchens längere Zeit auf sich allein gestellt war und auch mal lauter gemaunzt hat. Offenbar habe niemand das Tier gehört oder auf die Klagelaute reagiert. Der Geschäftsführerin des Tierschutzvereins geht es aber nicht nur um das Schicksal, der Katers, der noch rechtzeitig gerettet werden konnte. Ihr geht es vor allem auch um ältere einsame Menschen. Sie sagt: „Was ich der Öffentlichkeit gerne mitteilen würde, ist, dass auch zu CoronaZeiten und bei Kontaktbegrenzungen ein gewisses Kümmern um alte und alleinstehende Nachbarn nötig ist.“
Nach Angaben der Polizei war der Gögginger 91 Jahre alt und hatte keine Angehörigen mehr. Er sei eines natürlichen Todes gestorben und habe wohl längere Zeit in seiner Wohnung gelegen. Bei der Feuerwehr schätzt man, dass es in Augsburg etwa ein bis zwei Fälle dieser Art pro Jahr gibt. Dabei kommt es auch immer wieder vor, dass in den Haushalten Verstorbener lebende Haustiere zurückbleiben. Hunde machen dann oft durch lautes Bellen auf sich aufmerksam, erklärt Gassner, Katzen oder Vögel seien dagegen von draußen nicht leicht zu bemerken. Sie rät allen Tierbesitzern: „Hängen sie vorsichtshalber gut sichtbar eine Mitteilung auf, dass Tiere in Ihrem Haushalt leben.“
Das kann auch in anderen Fällen wichtig sein, etwa wenn man wegen eines Notfalls ins Krankenhaus gebracht wird. Die Polizei appelliert, gerade in Zeiten der Pandemie im Rahmen der Nachbarschaftshilfe die Augen offen zu halten, ob jemand krank oder hilflos in seiner Wohnung sein könnte. Auch in Augsburg gebe es viele Einzelgänger, die zurückgezogen leben und nicht von sich aus um Hilfe bitten, sagen Fachleute aus dem Rettungswesen.