Augsburger Allgemeine (Land West)

Druck ohne Anlass

- VON REGINE KAHL kar@augsburger‰allgemeine.de

Es stimmt: Patienten in Krankenhäu­sern und Bewohner in Heimen sind besonders gefährdet und brauchen den größtmögli­chen Schutz vor einer Ansteckung mit dem Coronaviru­s. Eine für sie ins Spiel gebrachte Impfpflich­t gehört aber nicht dazu. Für diese Forderung gibt es aktuell keine Grundlage. Im Gegenteil. Die Betreiber von Pflegeheim­en berichten, dass sich von Tag zu Tag mehr Mitarbeite­r für eine Impfung entscheide­n, manche brauchen einfach noch etwas Zeit zum Überlegen. Die Zahlen für eine angeblich zu niedrige Bereitscha­ft werden dadurch verzerrt, dass einige im Personal ja infiziert waren. Es gerät eine Berufsgrup­pe zu Unrecht an den Pranger.

Die Debatte kommt auch deshalb zur Unzeit, weil es genügend Menschen gibt, die am liebsten sofort diesen Schutz vor Covid wollen. Im Landratsam­t laufen die Drähte heiß, weil Bürger die Mitarbeite­r wegen ihrer Vorerkrank­ungen von der persönlich­en Dringlichk­eit überzeugen wollen. Diese Menschen müssen erst einmal vertröstet werden. Im Moment ist im Landkreis Augsburg noch nicht einmal genug Impfstoff angekommen, um den über 80-Jährigen Termine geben zu können.

Beim Thema Impfen gilt wie so oft im Leben: je mehr Zwang, umso weniger Freiwillig­keit. Oder wie heißt es so schön: Druck erzeugt Gegendruck. Impfen wir also erst einmal die vielen Menschen, die es wollen. Laut dem neuesten ZDF-Politbarom­eter sind 67 Prozent der Deutschen schon entschloss­en. Das ist ein hoher Wert und bestimmt genug zu tun.

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