Augsburger Allgemeine (Land West)
Wie gut sind FFP2Masken wirklich?
Corona Bayern setzt, im Gegensatz zu anderen Bundesländern, auf eine besonders strenge Maskenpflicht. Dabei sind die FFP2-Masken nicht unumstritten. So beurteilen Lungenspezialisten eine Warnung des Robert-Koch-Instituts
Augsburg Bayern geht – mal wieder – seinen eigenen Weg. Der Freistaat hält an der strengen FFP2-Maskenpflicht fest, während sich Bund und Länder darauf verständigt haben, dass im öffentlichen Nahverkehr und im Einzelhandel künftig lediglich OP-Masken – auch chirurgische Masken genannt – getragen werden müssen. Der Grund für Bayerns strikte Linie: Die Angst vor der Ausbreitung von mutierten Coronaviren, die in anderen Ländern – vor allem in Großbritannien – die Infektionszahlen geradezu explodieren ließen. „Wir müssen vorsichtig und umsichtig bleiben“, machte Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek am Mittwoch deutlich.
Das Problem ist: Die FFP2-Masken, mit denen man im Freistaat diese Vorsicht, von der die Staatsregierung spricht, umsetzen will, sind unter Experten durchaus umstritten – und die Bürger dadurch zum Teil verunsichert. Selbst das RobertKoch-Institut (RKI) in Berlin, das in diesen Pandemie-Zeiten schließlich als wissenschaftliche Instanz des Landes gilt, äußert sich zurückhaltend zum Gebrauch der Spezialmasken durch Privatpersonen – und weist sogar auf mögliche Gesundheitsschäden hin.
Die Bundesbehörde erklärt auf ihrer Internetseite, dass Laien bei der Nutzung von FFP2-Masken auch nicht unbedingt einen besseren Eigenschutz hätten als bei den üblichen Alltagsmasken, da es zu Fehlern bei der Anwendung kommen könne. Das RKI verweist zudem auf eine Nutzungsempfehlung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, wonach FFP2-Masken nicht zur privaten Nutzung empfohlen würden. Außerdem macht das Institut deutlich: „Beim Einsatz bei Personen mit zum Beispiel eingeschränkter Lungenfunktion oder älteren Personen sind gesundheitliche Auswirkungen nicht auszuschließen.“Auf Nachfrage unserer Redaktion will das RKI die bayerischen FFP2-Maskenpflicht nicht bewerten. In einem Antwortschreiben heißt es: „Das RKI kann Maßnahmen anderer Behörden oder generell nicht kommentieren.“
Dr. Frank Powitz, der Vorsitzende des Berufsverbands der Pneumologen in Bayern, sieht die Sache ein wenig anders. „Das Robert-KochInstitut ist manchmal auch etwas langsam. Lange war auf dessen Internetseite etwa zu lesen, dass Masken im nicht medizinischen Bereich generell keinen Sinn hätten. Wir wissen seit einiger Zeit, dass das anders ist“, sagt er im Gespräch mit unserer Redaktion. Wichtig sei, dass die Maske richtig getragen wird. „Die schönste FFP2-Maske hilft nichts, wenn sie unterhalb der Nase hängt“, sagt der Mediziner. Wenn sie indes dicht anliege und Mund und Nase bedecke, dann schütze sie sowohl den Träger als auch andere Menschen deutlich besser als her
Masken. „Aus meiner Sicht sind FFP2-Masken zur Reduktion der viralen Verbreitung durchaus sinnvoll“, fährt Powitz fort. Auch Asthmatiker könnten die Masken problemlos tragen. „Wenn das Asthma gut eingestellt ist, dann ist die Lungenfunktion normal“, erklärt der Experte. Dass empfohlen werde, eine FFP2-Maske nur 75 Minuten am Stück zu tragen, liege daran, dass sie nach dieser Zeit durchfeuchtet sein kann. „Aber der Zeitfaktor sollte etwa im öffentlichen Nahverkehr, beim Arzt oder beim Einkaufen kein Thema sein.“
Auch Dr. Michael Barczok, Lungenspezialist aus Ulm, erklärt im Gespräch mit unserer Redaktion, dass Menschen mit Asthma oder COPD FFP2-Masken tragen können – am besten im Wechsel mit anLänder deren Produkten. „Ich empfehle generell, beim Laufen, etwa auf dem Weg zum Supermarkt, einen chirurgischen Mundschutz zu tragen. Wenn man sich weniger bewegt, etwa im Bus, kann man problemlos die FFP2-Maske verwenden.“Der Hintergrund: In Bewegung atmet man mehr, der Widerstand der FFP2-Maske ist dann deutlicher zu spüren. „Wenn wir sitzen, brauchen wir hingegen nur einen Bruchteil unserer Lungenleistung. Dann fällt auch das Atmen mit der FFP2-Maske leichter“, erklärt Barczok.
Der Lungenexperte kann verstehen, dass viele Menschen verunsichert sind. Er macht aber deutlich: „Es entstehen durch die FFP2-Masken keine Krankheiten. Wir arbeiten jeden Tag damit, wie auch die Mitarbeiter auf den Intensivstatiokömmliche nen. Das Schlimmste, das passieren kann, ist, dass die Maske feucht wird und dass sich dadurch der Atemwiderstand weiter erhöht. Dadurch wird man aber nicht krank.“
Es gibt allerdings auch Mediziner, die anderer Ansicht sind. In einem Interview hatte etwa Professor Andreas Podbielski die FFP2-Pflicht scharf abgelehnt. „Das hört sich für mich nach Aktionismus an“, sagte der Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie, Virologie und Hygiene der Uni Rostock der Münchner Abendzeitung. FFP2-Masken gehören aus seiner Sicht nur in die medizinischen Berufe. Diese Masken seien belastend und brächten „haufenweise Risiken“mit sich.
Im bayerischen Gesundheitsministerium hat man sich mit derlei Bedenken auseinandergesetzt. Das Robert-Koch-Institut weise zwar zurecht darauf hin, dass der höhere Schutzeffekt der FFP2-Maske gegenüber einer Community-Maske nur dann gegeben sei, wenn sie durchgehend und dicht sitzend getragen werde, sagt ein Ministeriumssprecher. Dennoch bleibe festzuhalten, dass FFP2-Masken bei sachgemäßer Anwendung ein höheres Schutzniveau als herkömmliche Masken böten. „Aus Sicht des bayerischen Gesundheitsministeriums kommen die beim Tragen von FFP2-Masken diskutierten Nachteile im Vergleich zu CommunityMasken nicht zum Tragen“, heißt es in einer Pressemitteilung. „Die Tragezeiten sind während eines Einkaufs in Einzelhandelsgeschäften, einer Fahrt im ÖPNV und bei der Abholung von Waren vergleichsweise kurz. Sowohl der gegebenenfalls erhöhte Atemwiderstand als auch die aus dem Arbeitsschutz bekannte Begrenzung der Tragedauer spielen hier eine nur untergeordnete Rolle.“
Dem bayerischen Verwaltungsgerichtshof sollen übrigens bereits mehrere Eilanträge gegen die FFP2-Maskenpflicht vorliegen. Auch der als Double von CSUÜbervater Franz Josef Strauß bekannte Kabarettist Helmut Schleich klagt nach Informationen der BildZeitung dagegen.