Augsburger Allgemeine (Land West)
So kämpft Bayern gegen das Virus
Corona Wie Ärzte und Pflegepersonal an ihre Grenzen stoßen. Ab heute gelten neue Regeln
Augsburg Ab diesem Montag gelten die verschärften Corona-Regeln in Bayern – vorerst bis Ende Januar. Die Akzeptanz für die Einschränkungen bröckelt, doch Ministerpräsident Markus Söder sieht keine andere Chance. Zu viele Menschen suchen aus seiner Sicht noch immer Schlupflöcher, zu viele stellen sich als Opfer der Pandemie dar, warnte der CSU-Chef am Wochenende. Die wahren Opfer aber seien die fast 40 000 Toten in Zusammenhang mit der Pandemie. Jeder Tag sei eine neue Bewährungsprobe. Solche Worte aus dem Mund eines Politikers mögen Kritiker als pathetisch empfinden. Doch für Mediziner, Krankenschwestern und Pfleger beschreiben sie den harten Alltag.
„Unsere Intensivstation ist voll belegt, wir sind am Anschlag, auch personell“, sagt ein Arzt im Gespräch mit unserer Redaktion. „Die Angst ist unser ständiger Begleiter“, erzählt eine Krankenschwester. „Keiner weiß, ob der Patient wieder aufwacht und ob er seine Familie wiedersieht“, berichtet eine Intensivpflegerin von Infizierten, die sich per Handy von ihren Familien verabschieden müssen. Es sind nur drei von vielen Stimmen, die unsere Redaktion gesammelt hat. Sie zeigen, worum es geht, wenn eher abstrakt vor der Überlastung des Gesundheitssystems gewarnt wird.
Um die immer noch hohen Infektionszahlen in den Griff zu bekommen, bleiben nicht nur Restaurants und Kneipen in Bayern geschlossen, sondern auch Schulen und Kitas. Dort gibt es lediglich eine Notbetreuung. Auch die privaten Kontakte werden weiter eingeschränkt. Grundsätzlich sind nur noch Treffen mit einer Person erlaubt, die nicht im eigenen Haushalt lebt – egal ob in geschlossenen Räumen oder draußen. Wichtig: Die Beschränkungen gelten nicht für Großeltern, die sich um ihre Enkel kümmern.
Oma und Opa dürfen also weiterhin gemeinsam zur Betreuung kommen. Das bestätigte das bayerische Gesundheitsministerium am Sonntag auf Nachfrage unserer Redaktion. Um das Leben von Familien mit kleinen Kindern nicht unnötig zu verkomplizieren, hat die Staatsregierung auch an einer anderen Stelle nachgebessert: Kinder bis einschließlich drei Jahre sind von der Regelung ausgenommen. Sie dürfen also weiterhin mit Vater oder Mutter eine andere Familie treffen.
Neu ist die 15-Kilometer-Regel. Wer in einem Risikogebiet mit mehr als 200 Neuinfektionen binnen einer Woche pro 100000 Einwohner lebt, darf sich in der Freizeit höchstens 15 Kilometer von seinem Wohnort entfernen. Einkaufen, Familien- und Krankenbesuche, Gottesdienste und Arzttermine bleiben erlaubt. In
Kontaktbeschränkung gilt nicht für Großeltern
mindestens zwei Landkreisen in der Region könnte die Regel sofort greifen. Laut Daten des Robert-KochInstituts lag der Wert im Unterallgäu am Sonntag knapp über 200, im Donau-Ries knapp darunter.
Flächendeckende Impfungen könnten die Lage entspannen, doch an vielen Stellen hakt es noch. In den Impfzentren – davon gibt es eines in jedem Landkreis – ruhte vergangene Woche zum Teil der Betrieb, weil Nachschub an Impfdosen fehlte. Mittlerweile hat Bayern eine neue Lieferung von 112000 Dosen erhalten. Dennoch könnten die Impfzentren mit Blick auf ihre personelle Ausstattung nach wie vor deutlich mehr Injektionen vornehmen, als Impfstoff vorhanden ist. Auf der
Dritten Seite berichten wir über die Lage vor Ort. Auf Bayern finden Sie die Wortlaut-Protokolle von Mitarbeitern des Gesundheitssektors. Und im Leitartikel geht es um die Frage, ob der Staat seine Bürger noch erreicht.