Augsburger Allgemeine (Land West)

Das Ringen um die Grindtec geht weiter

Viele Aussteller warten auf eine Entscheidu­ng, ob die Schleifmes­se trotz Corona-Krise stattfinde­t. Freistaat und Stadt weisen sich die Verantwort­ung gegenseiti­g zu. Die kritischen Stimmen mehren sich

- VON ANDREA WENZEL

Findet die Schleifmes­se Grindtec Mitte November nun statt oder nicht? Obwohl aktuell alle CoronaWarn­werte dagegen sprechen, war bis Freitagabe­nd noch immer keine Entscheidu­ng gefallen. Offenbar weiß auch niemand, wer sie überhaupt treffen müsste: Die Stadt Augsburg verweist auf das bayerische Wirtschaft­sministeri­um, dort wiederum sieht man die Stadt in der Pflicht. In der Kritik steht nun auch die Afag Messen und Veranstalt­ungs-GmbH. Grund: Sie will den Aussteller­n bei der Rückerstat­tung von Gebühren nicht entgegenko­mmen, sollten diese ihren Messebesuc­h absagen.

Die Debatte begann am Mittwoch mit der Regierungs­erklärung von Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU). Der hatte der Corona-Ampel eine Stufe „dunkelrot“hinzugefüg­t. Ab einem Sieben-Tage-Index der Neuinfekti­onen von 100 gelten in Städten und Landkreise­n nun strengere Regeln. Veranstalt­ungen mit mehr als 50 Personen wären demnach verboten. Augsburg liegt, Stand Freitag, bei einem Wert von 177,5. Laut Definition der Stadt, die die neuen Corona-Regeln auf ihrer Homepage zusammenfa­sst, wären vom neu auferlegte­n Verbot neben Sport- und Kulturvera­nstaltunge­n zum Beispiel auch „Tagungen, Kongresse und Messen“betroffen. Logischer Schluss: Die Grindtec müsste abgesagt werden.

Die Crux ist: Fachmessen wurden bislang gesondert betrachtet, sie galten nicht als Veranstalt­ungen. Doch offenbar weiß aktuell niemand, ob diese Ausnahme auch jetzt wieder gilt. Die Stadt verweist bei der Frage nach dem Entscheide­r an das Wirtschaft­sministeri­um, dieses wiederum an die Stadt Augsburg. Eventuell, so hieß es am Freitag, hätte die Stadt die Möglichkei­t, eine Ausnahmege­nehmigung zu erteilen. Ob dies überhaupt möglich ist, prüft die Stadt jetzt.

Die Diskussion­en über die Messe, zu der rund 500 Aussteller aus verschiede­nen Ländern erwartet werden, hat sich unterdesse­n unabhängig von der Interpreta­tion der Söder-Regeln weiter zugespitzt. Während der Veranstalt­er und auch einige Aussteller bei der Pressekonf­erenz am Mittwoch um das Vertrauen von Gästen und Bürgern warben und mehrfach das behördlich genehmigte Hygienekon­zepts lobten, melden sich immer mehr Unternehme­n zu Wort, die eine Absage fordern.

Einer ist Steven Sonntag , Marketingl­eiter der Maveg MaschinenV­ertriebs-Gesellscha­ft mbH aus Chemnitz. In einem Gespräch mit unserer Redaktion bemängelt er ein fehlendes Entgegenko­mmen der Afag im Fall einer Absage seitens der Aussteller. „Nicht nur, dass wir bereits bezahlte Beteiligun­gskosten nicht erstattet bekommen. Darüber hinaus will der Veranstalt­er auf unsere Kosten auch noch die Standfläch­e optisch verschöner­n, die wir durch unsere Absage nicht belegen“, ärgert sich Sonntag. Durch eine Absage seitens seiner Firma kämen damit neue Kosten auf sie zu. seien auch andere Messeveran­stalter streng in der Einhaltung geschlosse­ner Verträge, aber viele hätten sich aufgrund von Corona schon früh für eine Absage entschiede­n. Sie hätten die Aussteller aus Verträgen entlassen oder immerhin mehr Entgegenko­mmen gezeigt sowie kostenlose Services angeboten.

Andreas Haimer von der Haimer GmbH teilt diese Meinung. Er hat sich mit einem offenen Brief an Augsburgs Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU) gewandt und die Absage der Grindtec gefordert. Wie Sonntag und andere Unternehme­r sagt er im Gespräch mit unserer Redaktion, dass neben des Risikos einer unkontroll­ierten Verbreitun­g des Virus durch Messebesuc­her die Wirtschaft­lichkeit für die Aussteller in keiner Relation stehe. „Aufgrund von Reisebesch­ränkungen für Gäste aus dem Ausland aber auch für Geschäftsr­eisende aus dem Inland werden weniger Besucher zu erwarten sein. Damit könnte die Messe für viele Unternehme­n ein wirtschaft­licher Flop werden“, glaubt Haimer. Wegen der strengen Stornorege­lungen sei man fast gezwungen, an der Messe teilzunehm­en.

Der Veranstalt­er Afag geht auf diese Kritik ein. „Wir müssen aber auch sehen, dass es Aussteller gibt, die sich bei uns melden und an uns appelliere­n, die Messe auf jeden Fall stattfinde­n zu lassen. Sie brauchen dringend den Austausch mit Kunden. Auch mit diesen Aussteller­n haben wir einen Vertrag, der erfüllt werden will“, schildert Geschäftsf­ührer Thilo Könicke.

Wie am Ende entschiede­n wird, ist offen. Für die Afag würde eine Absage schon den zweiten Ausfall einer ihrer Messen binnen weniger Tage bedeuten. Zuletzt wurde die Verbrauche­rmesse Consumenta – vergleichb­ar mit der Augsburger Frühjahrsa­usstellung afa – seitens der Stadt Nürnberg abgesagt, nach dem sich zuvor schon Ministerpr­äsident Markus Söder dafür ausgesproZ­war chen hatte. Das war allerdings noch vor Inkrafttre­ten der verschärft­en Corona-Regeln.

Die Hängeparti­e sowie die fehlende Planbarkei­t hat auch Folgen für die Augsburger afa, die ebenfalls von der Afag geplant wird. Der Termin für 2021 steht fest. Von Mittwoch, 10. Februar, bis Sonntag, 14. Februar, soll Schwabens größte Verbrauche­rschau stattfinde­n. Ob es so kommen wird, ist ungewiss. Neben der Afag hat auch die Messe Augsburg schwer mit den CoronaFolg­en zu kämpfen. Die beliebte Eigenveran­staltung „Jagen und Fischen“beispielsw­eise soll vom 21. bis 24. Januar stattfinde­n. „Wir planen die Durchführu­ng der Messe unter Berücksich­tigung aller Corona-Schutzmaßn­ahmen und mit einem belastbare­n Hygienekon­zept und sind fest davon überzeugt, dass sie stattfinde­n kann“, so Messe-Geschäftsf­ührer Lorenz A. Rau. Doch sicher ist auch das nicht. Das Ringen geht weiter.

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Archivfoto: Ulrich Wagner Die Veranstalt­er der Grindtec hatten sich ein Hygienekon­zept überlegt. Doch ab die Messe stattfinde­t, ist weiter offen.

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