Augsburger Allgemeine (Land West)

Tragischer Unfall: Es gibt erste Erkenntnis­se

Polizei Pater Wolfram Hoyer, 51, war Pfarrer der Autobahnka­pelle. Ende Juli kam er selbst auf der A8 ums Leben. Viele Fragen blieben offen: Wie konnte sich der Anhänger vom Zugfahrzeu­g lösen? Jetzt gibt es einige Antworten

- MAX KRAMER

Sulzemoos Was am 30. Juli auf der A 8 bei Sulzemoos (Landkreis Dachau) geschah, war so tragisch, dass die Region kurzzeitig den Atem anhielt. An jenem Tag, gegen 14 Uhr, kam Wolfram Hoyer ums Leben. Der 51-Jährige, vielen als Autobahn-Pfarrer der Kapelle von Adelsried (Landkreis Augsburg) bekannt, wurde Opfer eines schrecklic­hen Unfalls – und einer Verkettung zahlreiche­r unglücklic­her Ereignisse, die viele Fragen aufwarfen. Jetzt, knapp drei Monate danach, gibt es erste Antworten.

Roland Streit von der Verkehrspo­lizei Fürstenfel­dbruck ist als Sachbearbe­iter für den Fall von Pater Hoyer zuständig. Nach seiner Auskunft liegt seit vergangene­r Woche das rechtsmedi­zinische Gutachten vor. Darin werden unter anderem die schweren Verletzung­en aufgeführt, die das Opfer durch den schweren Aufprall gleichzeit­ig erlitten hat (medizinisc­her Fachbegrif­f: „Polytrauma“). Diese hätten zum Tode geführt, heißt es da.

Pater Wolfram Hoyer war an jenem verhängnis­vollen Tag als Beifahrer auf der A8 in Richtung Stuttgart unterwegs, bis das Fahrzeug wegen einer Panne auf dem Seitenstre­ifen der Autobahn anhalten musste. Ordnungsge­mäß und gemeinsam mit der Fahrerin sicherte der 51-jährige Prior des Augsburger Dominikane­rkonvents das Fahrzeug ab und stieg anschließe­nd wieder in das Auto ein. Offenbar durch den Fahrtwind anderer Verkehrste­ilnehmer fiel jedoch das Warndreiec­k um. Pater Hoyer stieg erneut aus, um es wieder aufzustell­en.

Gleichzeit­ig näherte sich ein Mercedes-Sprinter mit einem Anhänger. Der Anhänger löste sich vom Zugfahrzeu­g und kam nach rechts von der Fahrbahn ab. Er traf den Autobahnpf­arrer, der auf dem Seitenstre­ifen unterwegs war, mit voller Wucht. Durch den Aufprall wurde Hoyer auf die Fahrbahn geschleude­rt. Er starb, trotz sofort eingelei

Reanimatio­nsmaßnahme­n, noch an der Unfallstel­le. Sein Tod löste große Bestürzung aus. Warum musste Wolfram Hoyer so ums Leben kommen?

Polizist Roland Streit war an diesem Tag am Unfallort bei Sulzemoos. Dass sich der Anhänger mit solch fatalen Folgen gelöst habe, sei für ihn bis heute „nur schwer zu erklären“. Anhänger dieses Typs seien über eine Kupplung am Zugfahrzeu­g befestigt und zusätzlich mit einem Abreißseil gesichert. Wenn der Anhänger aus der Kupplung springt, etwa aufgrund starker Unebenheit­en auf der Straße, reißt dieses Seil und löst dadurch automatisc­h die Handbremse am Anhänger aus. Nach derzeitige­m Stand hätten all diese Automatism­en auch am 30. Juli auf der A8 gegriffen, sagt Streit.

Eine mögliche Erklärung wäre nun: Der Anhänger traf Pater Hoyer unmittelba­r, nachdem er sich vom Zugfahrzeu­g gelöst hatte. In diesem Fall wäre der Bremsweg – trotz ausgelöste­r Handbremse – zu lang gewesen. „Bei Autobahn-Geschwindi­gkeiten braucht es mehr als nur drei Meter, bis so ein Gefährt zum Stehen kommt“, sagt Streit.

Ein technische­s Gutachten soll nun weitere mögliche Unfallursa­chen klären. Es liegt nach Angaben von Streit frühestens Mitte November vor und soll unter anderem feststelle­n, ob der Anhänger nicht ordnungsge­mäß befestigt wurde oder ein technische­r Mangel – an Anhänteter ger, Mercedes-Sprinter oder Abrissseil – vorlag. Die Untersuchu­ngen des Anhängers nach dem Unfall dauerten über zwei Wochen an.

Als Beschuldig­ter wird derzeit ein 28-Jähriger aus dem Landkreis Ansbach (Mittelfran­ken) geführt. Es handelt sich dabei um den Fahrer des Sprinters. Als solcher war er grundsätzl­ich für die ordnungsge­mäße Sicherung des Anhängers verantwort­lich. Mit ihm im Fahrzeug saßen zum Zeitpunkt des Unfalls zwei Kollegen, ein 20-Jähriger und ein 54-Jähriger.

Alle drei Männer waren damals in einem handwerkli­chen Betrieb, ebenfalls aus dem Landkreis Ansbach, angestellt und zuvor auf derselben Baustelle beschäftig­t. Wer von ihnen dort den Anhänger am Sprinter, und damit an dem späteren Unfallfahr­zeug, befestigt hat, ist noch nicht endgültig geklärt.

Streit geht davon aus, dass der Fall vor einem Gericht landen wird. „Nach meiner Erfahrung ist es bei so einer Tragweite mit einem Bußgeld oder einem Strafbefeh­l normalerwe­ise nicht getan. Die weiteren Entscheidu­ngen liegen aber natürlich bei der Staatsanwa­ltschaft oder möglicherw­eise später bei einem Gericht.“Wichtig sei nun, welche Erkenntnis­se das unfallanal­ytische Gutachten ergebe. „Es ist nicht ausgeschlo­ssen, dass es dann wieder in eine neue Richtung geht. Da müssen viele Mosaikstei­nchen zusammenge­fügt werden.“

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Archivfoto: Bernhard Weizenegge­r Pater Wolfram Hoyer (†) vor der Autobahnka­pelle in Adelsried: Er starb Ende Juli bei einem tragischen Unfall auf der A8 bei Sul‰ zemoos.
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Der Tod des Geistliche­n löste eine Welle der Anteilnahm­e aus.
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Fotos: Marcus Merk Viele Menschen hinterließ­en Texte in ei‰ nem Kondolenzb­uch.

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