Augsburger Allgemeine (Land West)
Im Marienheim hält man zusammen
Soziales Das Coronavirus verändert auch den Alltag der Kinder und Mitarbeiter im Marienheim Baschenegg. Neben einigen Herausforderungen gibt es aber auch schöne Veränderungen
Ustersbach-Baschenegg Die Entschleunigung des täglichen Lebens durch das Coronavirus macht sich neben dem Privatleben eines jeden Einzelnen auch in Vereinen und Organisationen im Landkreis bemerkbar. So krempelt die politisch verhangene Ausgangssperre auch das Leben im Marienheim in Baschenegg um.
„Ein Alltag ohne Termine und Besprechungen bietet die Chance, ganz im Hier und Jetzt zu leben“, fasst Einrichtungsleiterin Simone Gebhard die aktuelle Situation zusammen. Dies gelte für die Mitarbeiterinnen im Büro ebenso wie für das Leben der Gruppen.
Denn die Mitarbeiterinnen können sich nun ganz um die Kinder kümmern. „Nach wie vor ist die Stimmung im Marienheim positiv“, sagt auch Maria Schwarz, die für die pädagogische Beratung zuständig ist. Der Dank der beiden gilt allen
Mitarbeitern, die eigene Interessen, Sorgen und Ängste zurückstellen und zuverlässig und engagiert zur Arbeit erscheinen, um den Kindern Halt, Stabilität und Zuwendung zu geben.
„Es ist schön zu erleben, wie alle gemeinsam Ideen entwickeln, beispielsweise, wo wir noch technische Ausstattung wie Laptops und Tablets für die Schularbeiten organisieren können, oder wie wir die Situation gemeinsam erträglich gestalten können“, sagt Einrichtungsleiterin Gebhard. Denn für die hier lebenden Kinder bedeute „Corona“, dass keine Heimfahrten zu den Eltern mehr möglich seien. Den Mitarbeiterinnen im Büro falle deshalb auf, dass die Angehörigen der Kinder mehr Briefe schreiben und Pakete schicken, um über die Zeit den Kontakt zu ihren Kindern zu halten.
„Manchmal ist es nicht ganz so einfach, weil wir die ganze Zeit zusammen sind und manchmal mehr streiten. Aber wir halten trotzdem zusammen. Wir haben endlich mal Zeit für Sachen, wo sonst keine Zeit ist, beispielsweise für Sport und mehr Zeit für sich“, sieht der 15-jährige Michi die Situation. Auch die neunjährige Talisha freut sich über mehr Zeit im Heimgarten. Josi (12) und Sahar (13) bedauern, dass sie einige ihrer Freunde nicht sehen können, und Dani (16) musste auf ihre Geburtstagsparty verzichten. „Wir müssen hierbleiben, dürfen aber zum Glück noch raus. Ich vermisse meine Lehrerin“, sagt Arwen (neun Jahre).
Doch der Kontakt zu den Lehrern funktioniert verhältnismäßig gut, berichtet Betreuerin Ute Helmschrott. „Wir erleben Lehrkräfte, die sich mit den Arbeitsmaterialien sehr viel Mühe geben, kreativ sind und sich auch ganz persönlich um ihre Schüler kümmern.“
Für das Heimpersonal bedeute dies aber auch eine enorme Herausforderung, mit gleichbleibendem Personalstand zusätzlich noch zu
„unterrichten“. So sei es nicht immer einfach, die Schulaufgaben mit so vielen Kindern zu erledigen. Das Positive an der Sache: „Man lernt selbst dazu.“
Neben diesem außerplanmäßigen Lerneffekt erleben die Kinder und Jugendliche mit ihren Betreuern aber auch lustige Momente in dieser Ausnahmesituation. So fragten sich die Kleinsten von „Gruppe Gabriel“, ob der Osterhase sich auch mit Corona anstecken könne. Doch schnell waren sich alle einig, dass das nicht gehe, weil er ein dickes Fell habe.
Unterstützung komme auch von der Gemeinde Ustersbach. Bürger, die Pastoralreferentin und der Bürgermeister erkundigen sich regelmäßig, wie es Kindern und Mitarbeitern gehe, und böten Hilfe an. „Es ist sehr schön zu erleben, dass die Kinder nicht vergessen sind. Wir erleben uns in diesen Zeiten wirklich als Teil der Gemeinschaft Ustersbach“, sagt Gebhard.