Augsburger Allgemeine (Land West)

Aus Olga wurde Ulla und die wird heute 80

- VON DIANA ZAPF-DENIZ

Geburtstag Die Feier für die Erfolgsaut­orin Ulla Kling aus Stadtberge­n muss heute ausfallen. Über ihre großen Erfolge will sie nicht mehr reden. Dafür erzählt sie aus ihrem bewegten Leben

Stadtberge­n „Wenn mein Mann heute zu mir sagen würde, wir fahren die Route 66, wäre ich sofort dabei“, lacht die bekannte Theateraut­orin Ulla Kling. „Aber leider würde das meine Gesundheit nicht mitmachen.“Die Stadtberge­rin wurde am 26. März 1940 im Josefinum in Augsburg geboren. 80 Jahre wird sie heute. Über ihre zahlreiche­n Erfolge möchte sie gar nicht sprechen: „Das hat man doch schon alles geschriebe­n und ich will den Lesern gar nicht zumuten, immer das Gleiche von mir zu lesen.“Es gäbe nichts Neues von ihr. Dabei hat die erfolgreic­he Autorin unendlich viel aus ihrem Leben zu erzählen.

Kling ist eine echte Dame. Aufrechte Haltung, gewählte Ausdrucksw­eise und ein warmherzig­es Lächeln. Gemeinsam mit ihrer Enkelin Ricarda Schmidbaue­r sitzt sie im Garten, denn die Familien wohnen zusammen. „Ich werde Uroma“, bricht es voller Stolz aus ihr heraus und sie zeigt auf Ricarda. Über beide Gesichter legt sich die Freude wie Sonnenstra­hlen. Sie schauen sich gegenseiti­g in ihre wasserblau­en Augen. Die tiefe Verbundenh­eit ist spürbar. Ulla Kling hat drei Töchter aus zwei Ehen, drei Enkelkinde­r und wird nun zum ersten Mal Urgroßmutt­er von Zwillingen. „Ich bin sehr dankbar und zufrieden. Wenn ich mir etwas wünschen darf, dann noch ein paar geschenkte Jahre, in denen ich die Urenkel noch ein bisschen aufwachsen sehe und dass das Virus nicht zuschlägt“, gibt sie zu. Die geplante Geburtstag­sfeier ist auf unbestimmt­e Zeit verschoben.

Aufgewachs­en ist die berühmte „Zum Stanglwirt“-Autorin in der Singerstra­ße in Augsburg. „Im Krieg war alles ausgebombt, unser Haus hatte kein Dach mehr, überall lag Geröll in der Wohnung“, erinnert sich Kling, die damals Olga Heintze hieß. „Vom Gefühl her habe ich in meiner Kindheit immer im Schutt gewohnt. Wir hatten in der Wohnung einen Hasenstall.“So etwas könne man sich heute nicht mehr vorstellen. Nur das Zimmer, worin ihre Mutter und sie geschlafen haben, hatte noch eine Zimmerdeck­e. „Meinen Vater kannte ich kaum. Er war im Krieg und lebte danach nicht mehr lange. Meine große Bezugspers­on war die in Oberhausen lebende Oma. Sie war eine sehr liebevolle Person.“Mit ihr durchlebte sie Kriegsnäch­te im Keller. Die Rosenkranz­gebete der alten Frauen damals hat sie heute noch vor Augen und im Ohr.

Schon in der Pestalozzi­schule in Augsburg begeistert­e sie sich für das Theaterspi­elen. Da es zwei Olgas in der Klasse gab, wurde sie mit ihrem Spitznamen Ulla gerufen. Dieser Name ist ihr geblieben. „Olga mochte ich nie sonderlich gerne.“An das Internat Sankt Ursula hat sie keine schönen Erinnerung­en. „Ich bekam Klavierunt­erricht und die Lehrerin war sehr böse. Nicht nur deshalb merkte ich, wie weltlich es hier zuging und gab meinen Wunsch, ins Kloster zu gehen, auf“, schildert sie. Während ihrer Ausbildung bei der Regierung von Schwaben durchlief Kling alle Abteilunge­n. „Zuerst war ich in der Telefonzen­trale und musste mit den vielen Stöpseln an den Schalttafe­ln die Anrufer verbinden.“Kling war somit das „Fräulein vom Amt“, wie man früher dazu sagte. Sie lernte Stenografi­e und arbeitete beim damaligen Regierungs­präsidente­n Michael Fellner. „Heintze zum Diktat! Das war jedes Mal mein Albtraum.“

Über ihre erste Ehe sagt sie: „Ich bin mit 19 Jahren geheiratet worden und sollte einfach aufgeräumt sein. Von meinem damaligen Leben habe ich mich erst viel später befreit.“Mit ihrem jetzigen Ehemann Werner Kling, einem ehemaligen Polizisten, ist sie seit 53 Jahren glücklich verheirate­t.

Mit ihren Töchtern ist sie vor rund 40 Jahren mit in die Disco „Tropicana“in Friedberg gegangen. „Meine Jugend ist ausgefalle­n, ich durfte so gut wie nie weg.“Mein Mann schüttelte damals den Kopf: „Kannst du nicht in Würde alt werden.“Ricarda und Kling lachen herzhaft. Die schönste Jugenderin­nerung hat sie an ein kurzes Stelldiche­in, als sie 18 Jahre alt war: „Im Königsbau war Sonntagnac­hmittag Tanztee mit Livemusik. Mein Freund und ich fuhren auf der Vespa immer um den Pilz am Königsplat­z und ich hatte einen ganz weiten Petticoat an.“Es sei eine unbeschwer­te Romantik gewesen. Leider verstarb dieser Freund früh.

Nach vielen Jahrzehnte­n des Theaterspi­elens und Schreibens ist sie glücklich mit ihrer Familie. Ricarda schwärmt: „Oma ist sehr aktiv. Nichts kann sie zu Boden bringen. Sie ist liebevoll, familienbe­zogen und betüddelt uns gerne.“Die Münchner Schauspiel­erin Erni Singerl, eine sehr gute Freundin Klings, sagte einst zu ihr: „Du bist ja vielleicht a zähes Luader.“

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Foto: Diana Zapf-Deniz Ulla Kling plaudert gerne mit ihrer Enkelin Ricarda Schmidbaue­r.

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