Augsburger Allgemeine (Land West)
Der Klimaprotest hinterlässt seine Spuren Debatte
Nach der ersten Demo von Fridays for Future dachten nicht wenige: Wird vorbeigehen. Doch es sind weiter Tausende auf den Straßen. Sie haben auch in Augsburg einiges bewegt
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ie Zahlen sind eindeutig: 200, 700, 1000, 2000, 6000 – wer hat alle paar Wochen so viele Menschen auf die Straßen der Stadt gebracht? Es waren die Schüler und Aktiven der Bewegung Fridays for Future. Als sie im Februar die erste Klima-Demonstration in Augsburg ankündigten, dachte man: Wie viele kommen wohl? 700. Dann die nächste und wieder eine. Mal vormittags, mal nachmittags, mal am Sonntag. Mit rund 6000 Teilnehmern im September können die Organisatoren eine der größten Demonstrationen der jüngeren Geschichte der Stadt vorweisen – gegen den Bundesparteitag der AfD waren zuletzt ähnlich viele
Menschen auf die Straße gegangen. Und in Summe gab es zuletzt kein Thema, das die Augsburger so regelmäßig und in so großer Zahl (es waren in Summer sicherlich mehr als 15 000 Teilnehmer) auf die Straßen treten ließ. Wer dachte oder hoffte, dass der „Spuk“bald vorbei sein würde, hat sich getäuscht. Das Gegenteil trat ein. Beeindruckend ist nicht nur die Beharrlichkeit der Truppe von Fridays for Future. Beeindruckend ist, wie sie es geschafft haben, auch Demonstranten zu mobilisieren, die längst keine Schüler mehr sind. Und unübersehbar ist, dass ihre Anliegen in der Stadt intensiver diskutiert werden. Mancher wird sagen – zu intensiv. Gibt es denn kein anderes Thema? Natürlich gibt es auch andere Themen. Doch der Klimawandel und der Umweltschutz ist ein gewichtiges, das die Menschen zu bewegen scheint. Das hat auch das sogenannte Bienen-Volksbegehren bewiesen. Und jeder Streit um einen gefällten oder zu fällenden Baum in Augsburg zeugt vom Interesse der Menschen für die Natur. Das Verdienst der jungen Leute von Fridays for Future ist, dass sie einen Kanal für diese Anliegen geschaffen und eine (politische) Diskussion in Gang gesetzt haben. Ob man mag oder nicht – das Thema Klimaschutz wird nicht verschwinden, so lange der Klimawandel nicht endet. Und die Anliegen der Demonstranten haben auch längst den Weg von der Straße in die politischen Gremien geschafft.
Ein Beispiel dafür ist der Besuch von Fridays for Future im Umweltausschuss des Stadtrates. Die
Aktivisten haben auch eigene Ziele und Forderungen gestellt. Noch wirksamer aber wird ihr Einfluss auf die Programme der politischen Parteien, vor allem auch mit Blick auf die Kommunalwahl, sein.
Umwelt, Klima und Nachhaltigkeit haben einen festen Platz in den Ideen und Plänen vieler Parteien und Gruppierungen gefunden. Dafür waren sicherlich nicht alleine die Macher von Fridays for Future verantwortlich, sondern auch das gesellschaftliche Klima, das sie mit beeinflussen. Dass die Grünen viele der Anliegen der Demonstranten teilen, mag nicht überraschen; die Idee einer autofreien Innenstadt gehört dort zum Markenkern. Die SPD drängt auf eine Reform der Tarifreform. Und auch die CSU wagt eine Abkehr vor der Vorherrschaft des Autos. Das ist nur möglich, weil die Stimmung unter den Augsburgern und im ganzen Land derzeit aufgeschlossen ist für die Ideen der Umwelt- und Klimaschützer. Spannend werden am Ende zwei Fragen.
Wie viel aus den Wahlprogrammen wird eine neue Augsburger Stadtregierung – wie auch immer sie zusammengesetzt ist – umsetzen? Und wie geht es mit den Klima-Demonstrationen und -Demonstranten weiter? Schaffen es die Parteien, die jungen Leute auch für ihre Arbeit zu gewinnen? Das zielgerichtete Engagement auf den Klimaschutz und die Freiheit in der Welt von Fridays for Future scheint (noch) nicht zur Struktur vieler Parteien zu passen. Auf der anderen Seite sind die jungen Demonstranten ihr perfekter Nachwuchs: Sie sind engagiert, sie sind streitbar, sie sind interessiert. In knapp zwei Wochen kann man sich in Augsburg wieder davon überzeugen. Am Freitag, 20. Dezember, ist wieder eine Klimademo. Zum ersten Mal in diesem Schuljahr zur Unterrichtszeit.
Das Klima in der Gesellschaft hat sich verändert