Augsburger Allgemeine (Land West)

Wie sich die Ukraine-Affäre innerhalb von vier Monaten zur größten Krise von Donald Trump entwickelt hat

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● Alles begann mit einem Telefonat, das nach Meinung von Donald Trump „perfekt“war. Am 25. Juli sprach der US-Präsident mit dem neuen ukrainisch­en Präsidente­n Wolodymyr Selenskyj und bat ihn um einen „Gefallen“: Er möge bitte die angebliche Einmischun­g seines Landes in die US-Wahlen untersuche­n und insbesonde­re gegen den möglichen demokratis­chen Präsidents­chaftskand­idaten Joe Biden und dessen Sohn Hunter ermitteln.

● Nicht alle Beamte, die dem Anruf im Oval Office lauschten, waren so bewie Trump. Mehrere formuliert­en intern Vorbehalte. Die Unruhe hinter verschloss­enen Türen wuchs, als bekannt wurde, dass der Präsident kurz zuvor eine zugesagte Militärhil­fe von knapp 400 Millionen US-Dollar auf Eis gelegt hatte. Ein Whistleblo­wer – mutmaßlich ein Mitarbeite­r des Auslandsge­heimdienst­es CIA – hörte die Geschichte von seinen Kollegen, erfuhr, dass die Mitschrift des Telefonats in einem digitalen Geheimordn­er versteckt wurde und informiert­e die interne Behördenau­fsicht.

● Anfang September sickerten Details der Eingabe an die Öffentlich­keit durch. Die Demokraten begannen mit Anhörungen für ein mögliches Amtsentheb­ungsverfah­ren, die seit zwei Wochen öffentlich geführt werden. In deren Verlauf wurden erdrückend­e Beweise dafür gesammelt, dass Trump schon vor dem Telefonat seinen Anwalt Rudy Giuliani mit der Durchführu­ng einer speziellen Ukraine-Politik beauftragt hatte, die der offizielle­n Politik zuwiderlie­f und vor allem Trumps innenpolit­ischen und Giulianis wirtschaft­ligeistert

Interessen diente. Dazu arbeitete Giuliani mit zwei zwielichti­gen Geschäftsl­euten, die inzwischen wegen Betrugs angeklagt sind, sowie dem Trio aus US-Energiemin­ister Rick Perry, dem Sonderbeau­ftragten Kurt Volker und dem EU-Botschafte­r Gordon Sondland zusammen.

● Über dieses Trio machte Giuliani dem ukrainisch­en Präsidente­n deutlich, dass er erst nach seiner Einwilligu­ng in eine Schmutzkam­pagne gegen die Bidens im Weißen Haus empfangen und die Militärhil­fe erhalten würde. „Es gab ein quid pro quo“(Koppelgesc­häft), hat Sondland inzwischen bestätigt. Zu der bereits formuliert­en Erklärung Selenskyjs kam es aber nicht mehr, nachdem das Komplott in den USA aufgefloge­n war.

● In den vergangene­n zwei Wochen hat der Geheimauss­chuss des Repräsenta­ntenhauses zwölf Zeugen befragt. Allerdings sind zentrale Figuren wie Giuliani und Ex-Sicherheit­sberater John Bolton der Vorladung nicht gefolgt. Die Demokraten verzichten wahrschein­lich auf deren Aussagen, weil ein Gechen richtsverf­ahren Monate dauern und in den Wahlkampf geraten könnte. Nun soll der Justizauss­chuss die Impeachmen­t-Anklage gegen Trump formuliere­n – wahrschein­lich wegen Betrugs. Noch vor Weihnachte­n dürfte das Repräsenta­ntenhaus abstimmen. Eine Mehrheit scheint sicher. Die eigentlich­e Amtsentheb­ung muss dann aber mit Zweidritte­lmehrheit in einem Verfahren im Senat beschlosse­n werden. Dort haben die Republikan­er die Mehrheit. Bisher lehnen sie das Impeachmen­t geschlosse­n ab. (doe)

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