Augsburger Allgemeine (Land West)
Ein Abenteuer mit Effenberg
Fußball Der ehemals erfolgreiche Nationalspieler ist sportlicher Manager beim Drittligisten KFC Uerdingen. Mit Spannung blickt die Branche auf dessen Weg mit Gönner Ponomarev
Krefeld Der Raum in der Düsseldorfer Stadionloge war auf den KFC Uerdingen geschmückt, gleich hinter dem Stuhl, auf dem gleich Stefan Effenberg Platz nehmen sollte, hing ein rot-blaues Banner, darauf stand: „Weil das Blau für die Treue steht“, ein Marketing-Spruch, angesichts über viele Jahre gequälter Fans des ehemaligen Erstligisten, der bis in die fünfte Liga abgerutscht war. Natürlich kursierten dann schnell muntere Witze, weil das mit der Trainer-Treue beim Fußball-Drittligisten, der man inzwischen wieder ist, ja eher nicht hinhaut. Allein in diesem Kalenderjahr hat der mächtige Präsident und Geldgeber Mikhail Ponomarev fünf Fußballlehrer verschlissen, weil er den Erfolg nicht mehr jenen zutraut, die einige Male hintereinander mit dem KFC nicht gewonnen haben.
Und dann kam Effenberg, der neue Krefelder Megastar und Hoffnungsträger mit frischem Vertrag bis zum 30. Juni 2022, und stellte klar, dass von einem „Chaos-Klub“, wie der KFC in der deutschlandweiten Wahrnehmung schon mal geschimpft wird, nicht die Rede sein könne. „Mich schreckt das nicht, weil ich das nicht so sehe. Chaos, nein, definitiv nicht. Dieser Klub war oben und ist jetzt unten. Die Lage ist nicht schlecht, aber es ist wie im Leben: Es geht immer auch besser“, sagte Effenberg und versprühte Tatkraft, wie er es zuletzt mit seiner Vorstellung im Oktober 2015 beim damaligen FußballZweitligisten SC Paderborn tat, als er sich vom mächtigen und inzwischen verstorbenen Möbel-Giganten Wilfried Finke als Trainer einstellen ließ, sich als „The New One“vorstellte und 140 Tage später im Zoff entlassen war.
Als Paderborn thematisiert wurde, bügelte Effenberg rasch ab. „Ich blicke nur nach vorne.“Das erscheint ratsam in einem Klub, der mit aller Macht bald Zweitligist sein will, aber dafür in der Vergangenheit schon mal das eine oder andere Mal negativ aufgefallen war. Zuletzt, als ein Spieler den wütenden Auftritt des 45 Jahre alten Ponomarev in der Kabine in einer WhatsApp-Nachricht imitierte. Der vermeintliche Spaß ging um die Welt, und wieder taugte der KFC nicht wirklich für Seriosität. 2. Liga? Kein Thema jetzt, sagten alle, man will jetzt sorgfältig und nachhaltiger aufbauen. Ruhe reinbringen. Eben all das, wofür der Klub seit geraumer Zeit nicht steht.
Dabei machte Ponomarev an diesem Donnerstagvormittag in Düsseldorf einen durchaus kontrollierten und klaren Eindruck. Der Mann will Erfolg und hat dafür einige Mittel, und jetzt muss er sich nur noch langsam daran gewöhnen, dass es dafür auch mal ein bisschen mehr Zeit brauchen könnte. Effenberg will ihm dabei helfen, er warb für Kontinuität. Ponomarev machte nicht den Eindruck, als könne diese eigentlich unfassbare Partnerschaft von zwei gewichtigen Alphatieren überhaupt nicht funktionieren.
„Ich schätze seine Führungsqualitäten und seine Teamfähigkeit“, sagte Ponomarev und bezeichnete Effenberg konsequent als „Partner am sportlichen Tisch des KFC Uerdingen“. Sein eigentlicher Titel, sagte der Russe, tue da nicht so viel zur Sache. Alphatiere als Partner, das ist gerade im Fußball nicht wirklich oft gut gegangen. Aber Effenberg hatte sich jetzt entschlossen, diese Gedanken nicht zuzulassen, er müsse sich womöglich unterordnen. Wie sollte das auch gehen. „Das Ganze ist ein Team, ich bin ein Teamplayer, da muss sich niemand zurückziehen“, sagte der Ex-Nationalspieler, und das stellte auch Ponomarev zufrieden, der einen Rückzug in die zweite Reihe als stillerer Zahlmeister der ganzen Kapelle auch nicht im Programm hat. Oder? „Natürlich nicht, warum denn bitte“, sagte Ponomarev.
Oder aber es wird jetzt alles ganz anders: Denn mit Effenberg kommt unzweifelhaft große sportliche Kompetenz und Strahlkraft in den Verein, was Ponomarev beim ersten gemeinsamen öffentlichen Auftritt angesichts des großen Medieninteresses dahin deutete, „alles richtig gemacht“zu haben.
Dass der ehemalige Mittelfeldstratege seit einigen Wochen schon in Düsseldorf wohnt und seinen Vertrag als Mitarbeiter für FußballFinanzierung bei der VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden und auch als Mitarbeiter der SpielerberaterAgentur Corado Sport offenbar aufgelöst hat, erweckt den Eindruck, als meine er es wirklich ernst mit dem KFC Uerdingen. Und weil Ponomarev jeden Gedanken zerstreute, er könne als Mäzen des Klubs absehbar nicht mehr zur Verfügung stehen, wird man mit Interesse beobachten können, wie das Ganze weitergeht.
Ponomarev schätzt Effenbergs Teamfähigkeit