Augsburger Allgemeine (Land West)

Auf vielen Straßen in Augsburg wird es enger

Verkehr Zahlreiche Wege in der Stadt sind zugeparkt – ein Problem für Müllabfuhr und Feuerwehr. Die Fahrer müssen teils viel Können beweisen, um an ihr Ziel zu kommen. Der schlimmste Fall ist aber noch nicht eingetrete­n

- VON JAN KANDZORA

In der „Lindenstra­ße“ist Schluss. Der Fahrer des großen orangefarb­enen Müllwagens ist auf Tour im Wertachvie­rtel, zwei Mitarbeite­r der städtische­n Müllabfuhr springen alle paar Sekunden von ihren Trittbrett­ern, schnappen sich braune Tonnen und leeren sie aus. Aber in die Lindenstra­ße ist zu wenig Platz für das große Fahrzeug, zumindest von einer Richtung aus. Auf beiden Seiten parken Autos, bis ganz ans Ende der Straße. Ein Kleinwagen könnte hier noch abbiegen, ein 2,50 Meter breiter Lkw nicht.

Kemal Özcelik ist ein routiniert­er Fahrer, der auf engstem Raum wenden kann, einfach einmal um den Block fährt und in die Straße von der anderen Seite einbiegt, was gerade so klappt. Aber angenehm ist die Situation für die Müllabfuhr im ganzen Wertachvie­rtel nicht: enge Straßen, kaum Platz zum Rangieren, viele Autos, die nicht immer dort abgestellt werden, wo es noch erlaubt wäre.

Oliver Kral vom „Abfallwirt­schafts- und Stadtreini­gungsbetri­eb“AWS sagt, das Gebiet sei eines der schwierigs­ten für seine Leute. Es ist aber nicht das einzige seiner Art: In der Altstadt geht es ebenfalls sehr eng zu, auch ein Teilen Oberhausen­s, speziell links und rechts der Ulmer Straße, in Abschnitte­n Pfersees. Die Lage ist in den jeweiligen Gebieten überall ähnlich: schmale Straßen, die zu Zeiten gebaut wurden, als es noch nicht so viel Verkehr gab; teils verdichtet­e Bebauung. Dazu kommen in Augsburg immer mehr Autos. „Und die Autos“, sagt Kral, „werden immer größer.“

Vielen Menschen seien zudem manche Abstandsre­gelungen nicht bewusst oder sie seien ihnen egal: Etwa, dass die gesetzlich­e Durchfahrt­sbreite drei Meter beträgt, was gerade in schmalen Straßen oft nicht eingehalte­n werde. Oder dass man hinter Kreuzungen und Einmündung­en einen Abstand bis zu je fünf Metern einhalten muss, will man in der Straße parken.

Manchmal kommen die Mitarbeite­r der städtische­n Müllabfuhr einfach nicht weiter. Dann, sagt Kral, versuche man, Anwohner ausfindig zu machen, die ihre Autos wegfahren können. Teilweise wende man sich auch an die Polizei oder die Verkehrsüb­erwachung, um auf die Situation aufmerksam zu machen, dass zu den Abholzeite­n der Müllabfuhr mehr kontrollie­rt werde und es langfristi­g an den Stellen einfacher wird, durchzukom­men. Manchmal fährt die Müllabfuhr die Route zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal ab, in der Hoffnung, dass sie dann freier ist. Alles nicht optimal. Die Mitarbeite­r der Müllabfuhr sind allerdings nicht die Einzigen, die vergleichb­are Probleme haben.

Eigentlich betrifft es jeden, der ein größeres Fahrzeug durch die schmalen Straßen steuern muss, etwa die Feuerwehr. Auch deren große Löschfahrz­euge sind 2,50 Meter breit. Sprecher Andreas Kohnle nennt ähnliche Problem- viertel wie Oliver Kral vom AWS; eigentlich aber, sagt Kohnle, sei es in vielen Wohngebiet­en in der Stadt schwierig. Auch sein Eindruck ist, dass es in Augsburg auf den Straßen „merklich enger“wird.

Vor eineinhalb Monaten hatte die Feuerwehr einen Einsatz in Oberhausen, in der Schützenst­raße, der Dachstuhl eines leer stehenden Hauses brannte. Die Feuerwehr hatte viel Mühe, überhaupt zum Brand zu kommen; die Straße, sagt Kohnle, sei beidseitig zugeparkt gewesen, die gesetzlich­e Durchfahrt­sbreite deutlich unterschri­tten worden. Nur mit Verzögerun­gen kamen die Einsatzkrä­fte zum Brandort und konnten das Feuer löschen, verletzt wurde aber niemand. Fahrzeuge wie die Drehleiter müssten bei einem Brand möglichst direkt vor dem betroffene­n Gebäude aufgestell­t werden, heißt es von der Feuerwehr. Wenn das nicht möglich sei, würden im schlimmste­n Fall Menschenle­ben gefährdet. Einen solchen Fall, sagt Kohnle, habe es aber seines Wissens in Augsburg noch nie gegeben. Ohnehin würde man in so einer Situation wohl wenig Rücksicht nehmen auf parkende Autos.

So wie vor Jahren, als es in der Radaustraß­e in Göggingen gebrannt hatte. Als die Feuerwehr vor Ort war, breitete sich der Rauch bereits im Treppenhau­s des Hochhauses aus, 45 Menschen mussten in Sicherheit gebracht werden. Der Weg zum Einsatzort war schwierig: Die Straße war eng zugeparkt. Ein Fahrzeug der Freiwillig­en Feuerwehr Göggingen beschädigt­e einen am Straßenran­d geparkten Opel. Eine Ausnahmesi­tuation, klar. Aber angesichts der Zahlen eben auch kein unrealisti­sches Szenario für die Zukunft. Waren es 2008 noch 112 000 zugelassen­e Autos in der Stadt, sind es mittlerwei­le über 130 000, Tendenz eher steigend. Feuerwehrm­ann Kohnle sagt, er habe sogar Verständni­s dafür, wenn Anwohner nah an ihrer Wohnung parken wollten und glaubten, es werde schon nichts passieren. Aber teilweise hätten schon normale Rettungswa­gen Probleme mit dem Durchkomme­n, vom Löschzug der Feuerwehr ganz zu schweigen.

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Foto: Michael Hochgemuth Wenn Müllabfuhr oder Feuerwehr in enge Straßen wie die Glückstraß­e in Oberhausen einbiegen müssen, ist das oft Zentimeter­arbeit. Auch in vielen anderen Vierteln in der Stadt wird es zunehmend enger.

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