Augsburger Allgemeine (Land West)
Zu früh gefreut
Im Fischacher Ortsteil Reitenbuch müssen die Anwohner für die Dorferneuerung nicht mehr zahlen. Aber die Vorausleistungen erhalten sie nicht zurück
Fischach Die Haus- und Grundbesitzer an der Dorf- und Sonnenstraße im Fischacher Ortsteil Reitenbuch können aufatmen. Mit der rückwirkenden Abschaffung der umstrittenen Straßenausbaubeiträge durch den Freistaat zum 1. Januar 2018 fällt für sie im Rahmen der Dorferneuerung keine weitere Beitragserhebung mehr an. Dennoch ist eine Reihe von Bürgern mehr als unzufrieden. Denn für die vor dem Stichtag bereits bezahlten Vorausleistungen gibt es keine Rückerstattung. Dies hat Bürgermeister Peter Ziegelmeier den Betroffenen jetzt in einem Schreiben mitgeteilt.
Genau diese Ablehnung sorgt bei einigen Anliegern für Unmut. „Ich finde es nicht gut, wenn die von uns erbrachten Vorausleistungen verloren gehen“, teilt Wilhelm Hampp auf unsere Nachfrage mit. Ähnlich äußert sich ein Betroffener in der Dorfstraße, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. „Hier hätte ich von der Marktgemeinde mehr Fingerspitzengefühl erwartet“, meint er enttäuscht.
Ein Blick auf die Gesamtsituation: Die Baumaßnahmen im Rahmen der vom Amt für Ländliche Entwicklung (ALE) Schwaben und der Teilnehmergemeinschaft Reitenbuch II in Zusammenarbeit mit dem Markt Fischach beschlossenen Dorferneuerung sind mittlerweile weitgehend durchgeführt. Die dafür anfallenden Kosten werden von der Marktgemeinde Fischach mit Förderung durch das ALE Schwaben getragen.
Gleichfalls fördert das Amt für ländliche Entwicklung Schwaben den im Zusammenhang mit der Dorferneuerung erfolgten Ausbau der Dorf- und Sonnenstraße mit vorläufig rund 445 300 Euro.
Für den Straßenausbau beziffert Bürgermeister Peter Ziegelmeier die Gesamtkosten auf zunächst knapp 1,31 Millionen Euro. „Für die Marktgemeinde verbleibt demzufolge ein nach der Straßenausbaubeitragssatzung verbleibender Aufwand von circa 864 400 Euro“, fasst er zusammen. Nach Besprechung im Marktrat habe die Verwaltung dann 50 Prozent dieses Betrages, also 432 200 Euro, zur Grundlage der Vorausleistungsbeitragsbescheide gemacht, die am 12. Juni 2017 erlassen wurden.
Letztlich seien allerdings lediglich insgesamt 302 500 Euro in den zugegangenen Bescheiden auf die beitragspflichtigen Grundstückseigentümer verteilt worden, macht das Gemeindeoberhaupt aufmerksam. Seine Erklärung dazu: Entsprechend der Straßenausbaubeitragssatzung der Marktgemeinde seien
30 Prozent des Betrags, also rund
129700 Euro, als Gemeindeanteil entfallen und in Abzug gebracht worden.
Ein Vorgang also, der noch vor dem 1. Januar 2018 und der damit verbundenen Abschaffung der Straßenausbaubeiträge über die Bühne ging. Was das konkret für die betroffenen Anlieger in Reitenbuch bedeutet, fasst der Bürgermeister in seinem Schreiben zusammen: „Nach der jetzt geltenden Gesetzeslage wird eine weitere Beitragserhebung nicht mehr erfolgen.“
Ein Wermutstropfen bleibt für die Betroffenen dennoch: Für die vor dem Stichtag 1. Januar 2018 festgesetzten und bezahlten Vorausleistungen sei eine Rückerstattung nicht möglich, so Ziegelmeier. Konkret heißt das: Sie behalten ihre Gültigkeit und werden nach altem Recht behandelt.
Marianne Knoll aus der Dorfstraße gewinnt dem ganzen Sachverhalt Positives ab. „Ich habe lediglich rund 1700 Euro Vorausleistungen erbringen müssen“, erzählt sie. „Das Gute ist, dass ich künftig nichts mehr bezahlen muss.“
Landwirt Andreas Steger aus der Sonnenstraße sieht die Situation anders. Er habe über 100 000 Euro Vorausleistungen gezahlt. „Ich betrachte die jetzige Lage mit einem lachenden und weinenden Auge“, sagt er. Trotzdem hadere er schwer mit der Marktgemeinde. Eine Vorausleistung sei seines Wissens nämlich bei Straßenausbaumaßnahmen nicht unbedingt erforderlich gewesen. Die Kommune habe jedoch diesen Weg beschritten. Nun seien er und die anderen Anlieger quasi die Dummen. Der Bürgermeister geht übrigens auch auf den nach alter Rechtslage noch beitragsfähigen Betrag von 432200 Euro ein: Er wird von der Marktgemeinde vorfinanziert. Die Summe könne aber erst frühestens ab Januar 2019 gegenüber dem Freistaat Bayern als Erstattungsanspruch geltend gemacht werden, so Ziegelmeier.