Augsburger Allgemeine (Land West)
Die Kunst und die Zahlen
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Der deutsche Mathematiker Peter Scholze ist in dieser Woche mit der Fields-Medaille ausgezeichnet worden, sie gilt als der Nobelpreis der Mathematik. Über das Zahlengenie finden Sie im heutigen Wochenend Journal eine große Geschichte. Als Mozart wird er dort bezeichnet, ein Genie, ein Künstler.
Und jetzt muss man andersherum schon sagen, dass Künstler im Allgemeinen ein eher gespaltenes Verhältnis zu Zahlen haben. Die Zahl quantifiziert, sie bestimmt die Menge, die Kunst will dagegen Qualität schaffen. Also komm’ den Künstlern bloß nicht mit Zahlen – es sei denn, es sind gute. Wer gute Zahlen als Künstler vorweisen kann, ist im Umkehrschluss das leidige Qualitäts-Thema auf äußerst elegante Weise losgeworden. Denn wie bitte schön misst man Qualität? Per Publikumsbefragung? Mit einer Kritiken-Umschau? Durch die Häufigkeit von Zitaten?
Ein Beispiel gefällig: Wenn das Theater Augsburg in der Freilichtbühnensaison auf einen neuen Rekord zusteuert, denkt niemand mehr laut über die Qualität des Gebotenen nach. Ein Rekord spricht für sich. Wer einen Rekord einspielt, hat alles richtig gemacht, der wird nicht infrage gestellt. Obwohl wir als aufgeklärte Sportfans natürlich wissen, dass die Gier nach dem Rekord das Gewissen ausschalten kann, wenn in die Dopingapotheke gegriffen wird. Übersetzt auf das Künstlerische hieße das: Hauptsache es knallt, denn wenn am Ende die Zahlen stimmen, bohrt keiner mehr nach.
Wobei das nicht heißen soll, dass gute Zahlen per se verdächtig sind. Das nun wirklich nicht. Wenn das Sensemble Theater jetzt übers Jahr gerechnet einen Besucherrekord verkünden kann, heißt das, dass dort ziemlich viel richtig gemacht wurde. Und andersherum, wenn das Theater Augsburg nicht gleich mit den Zwischenzahlen fürs Fuggermusical rausrücken wollte, weil sich die zahlenmäßige Begeisterung dafür beim Publikum erst gegen Ende hin einstellen wollte, heißt das nicht, dass es beim Musical an der Qualität mangele. Da musste ja etwas Neues in der Welt platziert werden, und es dauert, bis sich das im Großraum Augsburg herumspricht.
Ja, mit den Zahlen und der Kunst ist es wirklich vertrackt.
* * * „Intermezzo“ist unsere KulturKolumne, in der Redakteure der Kultur- und Journal-Redaktion schreiben, was ihnen die Woche über aufgefallen ist.