Augsburger Allgemeine (Land West)

Ein Wohnwagen, ein Mikro und die große Politik

Vor der Landtagswa­hl zieht ein Caravan durch den Landkreis, um Meinungen und Ideen von jungen Menschen einzufange­n und sie Politikern ans Herz zu legen. So will der Kreisjugen­dring Jugendlich­e für Politik begeistern

- VON VERONIKA LINTNER

Landkreis Augsburg/Adelsried Der silberfarb­ene Wohnwagen, der da im Hof des Jugendzent­rums in Schwabmünc­hen parkt, hat schon einige Kilometer zurückgele­gt. 2017 ist er monatelang durch den Landkreis Augsburg gekreist, dann nach Berlin gefahren – und nun soll er nach München reisen. Das verrät auch der Schriftzug auf dem bunt besprayten Caravan: „Anruf nach München“. Unter diesem Motto sammelt und transporti­ert der Wagen auf seiner Tournee eine außergewöh­nliche Fracht: die politische­n Meinungen, Ideen und Botschafte­n von jungen Menschen.

Tim Novak erklärt Schaulusti­gen dieser Tage oft, was es mit dem „Anruf nach München“auf sich hat. Er arbeitet für den Initiator des Projekts, den Kreisjugen­dring (KJR) Augsburg-Land und war auch 2017 bei der Aktion „Anruf nach Berlin“dabei. Damals tourte der Caravan schon einmal durch den Landkreis, hielt an Jugendzent­ren, Schulen und Vereinen, um vor der Bundestags­wahl ein politische­s Stimmungsb­ild der Jugend einzufange­n. Nun findet das Projekt bei der bayerische­n Landtagswa­hl seine Fortsetzun­g. Im Wagen können junge Leute kurze Video-Clips aufnehmen und ihre politische Meinung kundtun. Daher der Name des Wagens: „SARA – Statements Auf Raedern“. Am

6. Juni soll dann Politikern im bayerische­n Landtag das Ergebnis präsentier­t werden, mit anschließe­nder Debatte.

Das Reiseziel ist in diesem Jahr also neu, doch die Motivation ist dieselbe: „Wir haben gemerkt, dass sich Jugendlich­e für die Politik interessie­ren, aber sich von Politikern nicht gehört fühlen. Das wollen wir ändern“, erklärt Novak.

Flucht und Asyl, das waren die dringendst­en Themen, die der Wagen 2017 nach Berlin getragen hat, doch „dieses Jahr wird es wahrschein­lich das Thema Schule sein“, vermutet Novak. Schülermit­bestimmung, die Debatte um G 8 oder

G9 – das bewege die Schüler. Der groß gewachsene, blonde Mann gewährt einen Einblick in das Innere von Sara. In der einen Ecke steht eine weiße Bank mit bunten Kissen, dazu ein Mikrofon. Und auf der Gegenseite: ein Scheinwerf­er, ein Bildschirm, eine Kamera. Auf der Bank dürfen in den nächsten Monaten Jugendlich­e von 14 bis 18 Jahren Platz nehmen und ein politische­s Statement erarbeiten. Am Ende soll in zwei, drei Sätzen, in etwa 30 Sekunden die Botschaft rüberkomme­n. Tim Novak hilft ihnen dabei, Argumente kurz und bündig zu fassen.

Bevor die Reise beginnt, feierte das Projekt nun seinen Auftakt bei der ersten Station, dem U-Turn Schwabmünc­hen. Dort finden sich an diesem Tag zahlreiche Politiker ein. Bürgermeis­ter Lorenz Müller (CSU) spricht Grußworte, und auch der SPD-Landtagsab­geordnete Harald Güller ist dabei.

Doch draußen im Hof schart sich vor allem der politische Nachwuchs um den Caravan. Die Jusos sind vertreten durch ihren Kreisvorsi­tzen- den Fabian Wamser. Das Verhältnis zwischen Jugend und Politik sei nicht einfach, sagt er: „Politik wirkt für viele Jugendlich­e abstrakt. Aber mit so einem Projekt kann man zeigen, wie konkret und kleinteili­g Politik sein kann.“

Auch Ludwig Lenzgeiger aus Adelsried von der Jungen Union verfolgt das Projekt. Lenzgeiger ist 28 Jahre alt und fühlt sich den Themen der Jugendlich­en nahe: „Tierschutz, Umwelt, aber auch der öffentlich­e Nahverkehr und die Frage, wie komme ich in meiner Freizeit zu meinen Freunden“, das beschäftig­e die Jugendlich­en: „Die wünschen sich keine Luftschlös­ser.“

Doch nicht nur die Politik will der „Anruf nach München“erreichen. Youtube ist die Videoplatt­form, auf der jeder das Projekt verfolgen kann. Tim Novak erzählt, dass sich das Team ein Ziel gesetzt hat: „1000 Internetau­frufe pro Video, das wäre prima.“Den Jingle für die kurzen Youtube-Videos hat übrigens eine Bläsergrup­pe des Jugendorch­esters Gersthofen eingespiel­t. Bayerisch und regional also – schließlic­h steht die Landespoli­tik diesmal im Fokus. An mindestens 30 Tagen wird Sara nun unterwegs sein und an mehr als 15 Stationen ihre Türe öffnen. Und auch nach der Präsentati­on im Landtag möchte der KJR den Jugendlich­en die Möglichkei­t geben, Stellung zu beziehen. Ende September, wenn die Wahlen vor der Tür stehen, soll es in der Region ein Event geben, bei dem die weiteren Statements Gehör finden. Die KJR-Vorsitzend­e Sabine Landau blickt darüber hinaus sogar schon ein wenig nach Brüssel. Dorthin könnte der Caravan im nächsten Jahr fahren, wenn die Europawahl­en anstehen. Doch bis dahin kreist der Wagen durch den Landkreis – in bayerisch-politische­r Mission.

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Foto: Veronika Lintner Ann Kathrin Jung und Tim Novak sind mit dem Wohnwagen im ganzen Landkreis unterwegs und sammeln die Stimmen der Jugendlich­en.

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