Augsburger Allgemeine (Land West)
Was kommt auf Premium Aerotec zu?
Angeblich sind bei Airbus europaweit 3600 Stellen in Gefahr. Auch bei der Tochter in Augsburg könnten Personalkürzungen bevorstehen. Doch das ist nur der schlimmste Fall. Welche Möglichkeiten es noch gibt
Augsburg Wenn sich am Mittwoch die Belegschaft von Premium Aerotec in Augsburg trifft, dann sitzt tausende Kilometer entfernt – vermutlich in Toulouse – auch der europäische Betriebsrat des Mutterkonzerns Airbus zusammen. Und bei beiden Treffen wird es um das gleiche Thema gehen: den angeblichen Abbau von 3600 Stellen in ganz Europa.
Weil Airbus schon länger Probleme hat, den Riesenflieger A380 und dem Militärtransporter A400M zu verkaufen, will das Unternehmen Personal abbauen. Das französische Wirtschaftsmagazin Challenges schrieb, dass möglicherweise 3600 Stellen wegfallen oder umverteilt werden könnten. Vor allem die Werke in Bremen, Augsburg, Filton in Großbritannien und Sevilla in Spanien sollen demnach betroffen sein – denn sie produzieren und montieren Teile der beiden Flugzeugtypen. Beim Augsburger Tochterunternehmen Premium Aerotec bauen die 4000 Beschäftigten unter anderem Teile für den Rumpf des Transporters A400M und eine Flügelkomponente des A380.
Dass die Auftragslage nicht besonders gut ist, war schon länger klar. Der Riesenflieger A380 stand sogar schon fast vor dem Aus, hätte nicht die Fluggesellschaft Emirates im Januar 36 Maschinen bestellt. Doch auch mit dem neuen Auftrag, der die Produktion laut Airbus-Chef Tom Enders für zehn Jahre sichert, will der Flugzeugbauer die Produktion der beiden Flugzeugtypen drastisch senken. So sollen vom A380 nur noch rund sechs Stück im Jahr hergestellt werden und vom A400M noch rund zehn Exemplare jährlich das Werk verlassen.
Wie sehr Augsburg von eventuellen Stellenstreichungen betroffen ist, ist noch völlig offen, sagt der Augsburger IG-Metall-Chef Michael Leppek. Auch Augsburgs Bürgermeisterin und Wirtschaftsreferentin Eva Weber (CSU) betonte, dass eine Einschätzung schwierig sei, solange nicht klar sei, ob und in welchem Maß es zu einem Stellenabbau im Augsburger Werk kommen werde. Klar ist allerdings: Der Großteil der Beschäftigten bei Premium Aerotec arbeitet nicht an der Produktion der beiden Krisenflieger mit. Sie ferti- gen Teile für den A320, A320 neo und den A350. Dennoch bleibt die Frage, wie sich die schlechte Nachfrage bei den genannten Flugzeugtypen auf das Personal auswirkt.
Aus Unternehmenskreisen werden dazu vier mögliche Szenarien genannt. Die erste Möglichkeit wäre, Mitarbeiter am Standort Augsburg zu halten, sie nur auf andere Projekte zu verteilen. Das hat in der Vergangenheit schon funktioniert, wie am Beispiel des Eurofighters deutlich wird. Bei dem Kampfflugzeug gab es einen vorübergehenden Produktionsstopp. Die rund 300 Mitarbeiter, die für den Kampfjet zuständig waren, wurden umgeschult und halfen bei der Produktion des A350 mit. Nun, da die Produktion wieder langsam beginnt, kehren sie auf ihre alten Posten zurück. Ob sich dieses Modell auf die für den A380 und
A400M zuständigen Mitarbeiter übertragen lässt, ist allerdings unklar. Denn bei den Fliegern der
A320-Familie und dem A350 ist die Nachfrage zwar hoch, aber die Produktion auch gut abgedeckt.
Die zweite Option wäre, die Belegschaft innerhalb des Konzerns umzuverteilen – je nachdem, in welchem Werk es Bedarf gibt. Auch damit hat der Airbus-Konzern schon Erfahrung gemacht. Die dritte Variante ist, die frei werdenden Kapazitäten für andere Aufgaben zu nutzen. Und Teile, die momentan von fremden Zulieferfirmen gefertigt werden, in das eigene Unternehmen zurückzuholen.
Die vierte – und für die Mitarbeiter wohl schlimmste Möglichkeit – sind Entlassungen. Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) nennt das allerdings ein WorstCase-Szenario. Im Gespräch mit Unternehmensvertretern sei klar geworden, dass die Chefs einen möglichen Stellenabbau ohne Kündigungen schaffen wollen.
Augsburgs Wirtschaftsreferentin Eva Weber verweist darauf, dass Premium Aerotec den Standort Augsburg zuletzt erweitert habe. 2016 wurde eine Logistikhalle für einen zweistelligen Millionenbetrag gebaut, vergangenes Jahr wurde eine neue Halle für die Fertigung der Türrahmen des Airbus A350 in Betrieb genommen. Die Rede war damals sogar davon, dass weitere Investitionen in Höhe von 25 Millionen Euro anstehen könnten. „Premium Aerotec haben wir immer als standorttreues Unternehmen erlebt“, sagt Weber.
Sie sagt auch: Sollte Augsburg tatsächlich in größerem Maßstab von einem Stellenabbau betroffen sein, werde die „Allianz für Arbeit“– ein Runder Tisch mit Stadt, Gewerkschaft, IHK und Arbeitsagentur – Gespräche aufnehmen. „Diese Maschinerie ist erprobt“, sagt Weber. Und auch die IG Metall zeigt sich für diesen Fall kampfbereit. Allerdings betont der Augsburger Gewerkschafter Michael Leppek, jetzt erst einmal abwarten zu wollen, welche Neuigkeiten es am Mittwoch vom Konzern-Betriebsrat gibt.